«Jerusalema»-Tänzer werden auch in der Schweiz zur Kasse gebeten

Alexandra Aregger
Alexandra Aregger

Bern,

Spass kann teuer werden. Das kriegen derzeit etliche Institutionen zu spüren, die an der «Jerusalema-Challenge» teilnahmen. Auch in der Schweiz.

Jerusalema
Von Pfarrpersonen aus der ganzen Schweiz (links) bis zum Zürcher Universitätsspital (rechts) haben schweizweit etliche Institutionen an der «Jerusalema-Challenge» teilgenommen. - Screenshots Youtube

Das Wichtigste in Kürze

  • Weltweit nehmen Institutionen und Privatpersonen an der «Jerusalema-Challenge» teil.
  • Nun folgt der bittere Nachgeschmack: Warner Music fordert nachträgliche Lizenzgebühren.
  • Auch Schweizer Institutionen müssen bezahlen.

Schritt nach vorne, viermal auftippen, Seite wechseln und weiter gehts. Die Choreografie ist simpel, der Effekt gewaltig. Ärzte, Polizistinnen, Priester oder gestern das Bergdorf Wengen – die ganze Welt tanzt zu «Jerusalema». Seit Monaten nehmen etliche Institutionen an der «Jerusalema-Challenge» teil. Genau die richtige Ablenkung in Corona-Zeiten.

Doch nun flattert eine dicke Rechnung ins Haus. Absender: Der Musikkonzern Warner Music. Diesem gehören die Lizenzen zum Song des südafrikanischen DJs Master KG.

Damit haben viele nicht gerechnet. So hat das NRW-Innenministerium gemäss der Deutschen Presse-Agentur für mehrere Polizeidienststellen die Rechnung bezahlt. Auch in der Schweiz kam unerwartete Post.

Eine Frage der Lizenz(en)

Um das System zu verstehen, hat Nau.ch bei Giorgio Tebaldi nachgefragt, dem Sprecher der Genossenschaft für Urheber und Verleger von Musik SUISA. Tebaldi erklärt, es gebe zwei Arten von Rechten, die man unterscheiden müsse.

Jerusalema
Master KG und Nomcebo Zikode schenken der Welt mit ihrem Song «Jerusalema» ein bisschen Lebensfreude. - Open Mic Productions/dpa

Einerseits die Leistungsschutzrechte, die man beim Label des Songs erhalte. Andererseits die Urheberrechte. «Diese erhält man bei der Verwendung von Musik in einem Video vom Verlag», bei «Jerusalema» also von Warner Music. Wenn man das Video auf einer Webseite und/oder Social Media veröffentlichen will, braucht es zudem die Lizenz der SUISA.

Letztere kostet den Nutzer rund 150 Franken. Was die Lizenz beim Verlag angeht, kann das bis zu mehreren Tausend Franken ausmachen, je nach Reichweite und Plattform. Genau diese Totalrechnung ging bei vielen Tanzwütigen vergessen.

Spital muss zahlen – Polizei hat die richtigen Lizenzen eingeholt

Eine Rechnung von Warner Music erhalten hat das Universitätsspital Zürich USZ, wie eine Sprecherin zu Nau.ch sagt. «Die Höhe der Lizenzgebühren ist abhängig von der Nutzungsdauer.» Das USZ habe sich mit dem Konzern auf einen «tiefen vierstelligen Betrag geeinigt», die definitive Rechnung liege noch nicht vor.

Das Paraplegikerzentrum Nottwil LU hält auf Anfrage fest, noch keine Rechnung von Warner Music erhalten zu haben. Grundsätzlich würden Lizenzgebühren mit dem Marketing-Budget bezahlt. Ob die richtigen Lizenzen erworben wurden, ist noch unklar, man stehe mit Warner Music und der SUISA in Kontakt.

Somit könnte allenfalls noch eine Rechnung ins Haus flattern. Auch bei Kirchenvertretern. An der «Swiss Church Edition» haben Pfarrpersonen aus der ganzen Schweiz mitgemacht. Wie die Bündner Pfarrerin und Dekanin Cornelia Camichel-Bromeis erklärt, hätten sie «noch keine Rechnung erhalten.»

Als Kirchgemeinde und Landeskirchen hätten sie einen Vertrag mit der SUISA, über welche sie die Rechte zur Verwendung des Liedes angemeldet hätten. Doch eben diese Lizenz reicht nicht aus, wie SUISA-Sprecher Tebaldi erklärt. Trotzdem gibt sich die Pfarrerin optimistisch: «Wir hoffen, es bleibe dabei!»

Korrekt vorgegangen ist hingegen die Zuger Polizei, welche Mitte Januar mit einem aufwändig produzierten Video für Begeisterung gesorgt hatte.

Gemäss Sprecher Frank Kleiner hat die Zuger Polizei neben der SUISA-Lizenz auch die Masterrechte und Verlagsrechte erworben. «Somit haben wir keine nachträgliche Rechnung erhalten.»

Warner Music will nichts von Strafzahlungen wissen

Beim Musikkonzern selber heisst es auf Anfrage, es seien keine Abmahnungen oder «Strafzahlungen, wie zum Teil behauptet wurde», verschickt worden. «Unsere Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass unsere Künstler*innen eine faire Vergütung für die Nutzung ihrer Musik erhalten.»

Von Privatpersonen werde keine Lizenz verlangt. Kostenpflichtig werde es hingegen, wenn Institutionen, Unternehmen oder Organisationen Videos mit Musik der Künstler veröffentlichen. Insbesondere, wenn ein «werblicher oder imagefördernder Effekt zugunsten einer Institution, Organisation oder Firma gegeben ist».

Über die Höhe der eingeforderten Lizenzen macht der Konzern keine Angaben.

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