FC Thun Berner Oberland

Der FC Thun Berner Oberland ist ein Schweizer Fussballclub aus der Stadt Thun. 2005 qualifizierte sich der Verein für die Champions League, was einer der grösste Erfolge der Clubgeschichte war.
Aktuell spielt der FC Thun in der Challenge League. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der FC Thun wurde im Jahr 1898 gegründet, spielte aber erst 7 Jahre später in der Liga mit
  • Als Underdog in der Champions League schrieb der Club Fussball-Geschichte.
  • 2020 folgt der Abstieg nach einer knappen Barrage gegen den FC Vaduz.

Der FC Thun gehört zu den «Kleinen» des Schweizer Profis-Fussballs. Der Club aus dem Berner Oberland hat eine bewegte Geschichte mit zahlreichen Hochs und einigen Tiefs.

Der FC Thun wurde am 1. Mai 1898 gegründet. Gemäss Überlieferungen fand die Gründung im Gasthof «Sternen» an der Ecke Schwäbisstrassee/Marktgasse in der Stadt Thun statt.

In den ersten sieben Jahren der Vereinsgeschichte wurde der Club mehrmals aufgelöst und neu gegründet. Erst 1905 konnte eine Mannschaft in den geregelten Meisterschaftsbetrieb eingreifen.

Der langsame sportliche Weg nach oben begann. 1933 stieg der FC Thun erstmals in die zweite Liga auf. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs (1944) schaffte der Club den Aufstieg in die 1. Liga.

1946 konnte der erstmalige Aufstieg in die NLB gefeiert werden. 1950 konnte Thun die Klasse nicht mehr halten und musste den Gang zurück in die 1. Liga antreten. Drei Jahre später steig der Verein als Erstliga-Meister zum zweiten Mal in die zweithöchste Liga des Schweizer Fussballs auf.

Der erste grosse Erfolg des FC Thun

1954 war es dann so weit. Der FC Thun feierte den erstmaligen Aufstieg in die NLA. Doch die Thuner konnten sich nur eine Saison in der höchsten Klasse des Schweizer Fussball halten und stiegen wieder ab.

Doch in dieser Saison schaffte das Team auch den grössten Erfolg auf nationaler Ebene in der Geschichte des Clubs. Der FC Thun qualifizierte sich 1955 für Cupfinal.

Szene aus dem Cupfinal 1955 zwischen den FC Thun und La Chaux-de-Fonds. - Keystone

Am 11. April 1955 spielte Thun im Wankdorfstadion gegen den FC La Chaux-de-Fonds. Der Favorit aus dem Jura setzte sich mit 3:1 durch. Die «Bergler» verteidigten in dieser Saison erfolgreich Meistertitel und Cupsieg und holten das zweite Double in Folge.

Die Thuner mussten sich später aber den Vorwurf gefallen lassen, zu ängstlich in das Spiel gegangen zu sein. Chaux-de-Fonds führt nämlich schon nach 19 Minuten vorentscheidend mit 3:0. Der Anschlusstreffer der Berner Oberländer nach 71 Minuten kam zu spät.

Der FC Thun um Cupfinal 1955.

Zurück in der Versenkung

Der FC Thun stieg also nach den Abenteuern Cupfinal und NLA wieder in die Nationalliga B ab. Bis im Jahr 1970 blieben die Thuner in der NLB und stiegen dann innert fünf Jahren zwei Mal ab.

Der Abstieg in die zweite Liga 1975 wird noch heute als Tiefpunkt in der Vereinsgeschichte geführt. 1983 kehrten die Berner Oberländer in die 1. Liga zurück.

Der lange Weg des FC Thun

1995 übernahm der ehemalige Nati-Spieler Andy Egli den Club aus dem Berner Oberländer. Es war seine erste Station als Trainer und er führte Thun eine Saison später prompt zurück in die NLB. Mit dieser Leistung machte Egli auf sich aufmerksam und er wechselte zum FC Luzern.

Nachfolger beim FC Thun wurde mit Georges Bregy eine andere Legende aus der Nationalmannschaft. Mit dem Walliser an der Seitenlinie erreichte Thun im Jahr 2000 die Aufstiegsrunde, scheiterte aber.

Hanspeter Latour – Ikone des FC Thun

2001 übernahm der Berner Oberländer Hanspeter Latour den FC Thun. Mit ihm begann der kometenhafte Aufstieg der Berner Oberländer und Latour wurde zur eigentlichen Clubikone. 2002 stieg Latour mit dem FCT in die Nationalliga A auf, die eine Saison später in Super League umgetauft wurde.

Mit seiner hemdsärmeligen Art eroberte Hanspeter Latour die Herzen der ganzen Schweiz. Sein legendärer Spruch «das isch e Gränni, Herr Meier» wurde zum geflügelten Wort einer ganzen Nation.

Hanspeter Latour vom FC Thun im Kultvideo

Doch Latour sorgte nicht nur mit träfen Sprüchen für Unterhaltung, er steht auch für den sportlichen Erfolg. Mit ihm sorgte Thun 2004 im Uefa-Intertotocup für Furore. Mit einem grandiosen 4:1-Heimsieg wurde der Bundesligist VfL Wolfsburg aus dem Wettbewerb gekegelt.

Eine Saison später legte Latour den Grundstein für den Vizemeistertitel der Thuner. Im Januar 2005 wechselte er dann aber zum Grasshopper Club nach Zürich.

Das Fussballmärchen des FC Thun

Als Nachfolger von Hanspeter Latour beim FC Thun wurde Urs «Longo» Schönenberger vorgestellt. Der Zürcher vollendete zuerst in der Meisterschaft die Vorarbeit Latours und wurde hinter dem FC Basel Vizemeister. Damit durfte Thun die Qualifikation zur Champions League bestreiten. Die Thuner konnten dabei auf Topskorer Mauro Lustrinelli zählen, der mit 20 Treffern zweitbester Torschütze der Liga war.

Lustrinelli war es auch, der am Ursprung eines der grössten Fussballmärchen Europas stand. Der FC Thun schaffte die Qualifikation zur Gruppenphase der Champions League. Der kleine Klub aus dem Berner Oberland mischte im Konzert der ganz Grossen mit.

Goalie Jakupovic hext in Kiew

Eldin Jakupovic war der Held beim Hinspiel der zweiten Qualifikationsrunde auswärts bei Dynamo Kiew. (H)eldin Jakupovic! Der damals erst 21-jährige Goalie der Thuner brachte mit seinen Paraden die Dynamo-Stars wie Gusew, Rebrow, oder Rincòn zur Verzweiflung. Thun kehrte mit einem sehr guten 2:2-Unentschieden aus Kiew zurück.

Im Rückspiel im eben eröffneten Stade de Suisse erlöste der eingewechselte brasilianischen Innenverteidiger Berardi Thun in der letzten Spielminute. Die Berner Oberländer standen in der dritten und letzten Runde der Qualifikation. Gegner war der Malmö FF aus Schweden.

Lustrinelli jubelt in Bern

Bereits im Hinspiel in Schweden überzeugte das von Trainer «Longo» Schönenberger hervorragend eingestellte Team. Der kleine Brasilianer Adriano brachte Thun mit seinem Siegtor in eine sehr gute Ausgangslage.

Und beim Rückspiel im Stade de Suissse kam es zum zweiten Wunder von Bern nach 1954. Thun siegte gegen Malmö 3:0 und zog in die Gruppenphase der Champions League ein. Und das ganze als die halbe Stadt Thun und das Stadion Lachen von einem Jahrhundert-Hochwasser betroffen waren. Es waren wahrlich denkwürdige Zeiten im Sommer 2005 in Thun.

Wieder Berardi per Kopf brachte Thun in Führung. Und noch vor der Pause erhöhte Lustrinelli nach einem Fehler der Malmö-Abwehr auf 2:0. Mit seinem 3:0 aus 35 Metern besiegelte Lustrinelli die Sensation und sorgte für einen der spektakulärsten Treffer der Schweizer Fussballgeschichte. Ein Tor für die Ewigkeit.

Thuns 3:0-Sieg in Bern gegen Malmö

Das Abenteuer in der Königsklasse

In der Gruppenphase der Champions League wurde Thun ein eine Gruppe mit Ajax Amsterdam, Arsenal und Sparta Prag gelost. Bereits im ersten Spiel in London schlitterte Thun an einer Sensation vorbei.

Nelson Ferreira mit einem (zufälligen?) Traumtor sorgte gegen Arsenal für den zwischenzeitlichen Ausgleich. Erst in der Nachspielzeit mussten sich die tapfer kämpfenden Schweizer geschlagen geben.

Im zweiten Spiel zu Hause gegen Sparta Prag traf Selver Hodzic kurz vor Schluss zum 1:0. Es war der erste und einzige Sieg für den FC Thun in der Gruppenphase. Am Ende qualifizierte sich Thun aber als Gruppendritter für die Europa League und überwinterte europäisch.

Zu den Leitungsträgern gehörten damals auch der heutige Club-Präsident Andres Gerber und der Kameruner Armand Deumi. Oder auch Silvan Aegerter, der sich aus dem Fussballgeschäft zurückgezogen hat und heute wieder als Elektriker arbeitet.

Knatsch mit Trainer Schönenberger

Doch der mit dem Erfolg verbundene enorme Aufwand brachte den kleinen Club an den Rand des Kollapses. Trainer Schönenberger übernahm sich mit der Clubführung und wurde im Winter freigestellt. Der Österreicher Heinz Peischl wurde als Nachfolger bestimmt.

Die ersten Auftritte der neuen Thuner waren in der Europa League gegen den Hamburger SV. Nach einem 1:0-Sieg in Bern reiste Thun zuversichtlich nach Hamburg. Doch der Belgier van Buyten besiegelte mit seinem Doppelpack das Ausscheiden Thuns. Und läutete nach dem Hoch den Beginn des tiefen Falls der Thuner ein.

Auch Trainer Peischl blieb nicht lange in Thun, er wurde im März 2007 wegen Erfolglosigkeit entlassen. Assistent Jeff Saibene übernahm das Team und schaffte den kaum noch für möglich gehaltenen Ligaerhalt. Saibene durfte das Team allerdings nicht weiterbetreuen, da ihm noch die Uefa-Prolizenz fehlte. Der beliebte Luxemburger sollte aber später nach Thun zurückkehren.

Abstieg und Skandale

Die Millionen der Champions League waren längst versickert, das Team nicht mehr so stark besetzt. In der Saison 2007/2008 stieg der Club mit Trainer René van Eck ab.

Im Herbst 2007 sorgte ein Sexskandal für negative Schlagzeilen. Die Kantonspolizei Bern nahm zwölf Spieler des FC Thun fest. Sie wurden verdächtigt, sexuelle Handlungen mit einem minderjährigen Mädchen vorgenommen zu haben. Im November 2007 wurde die Mannschaft grösstenteils entlastet.

Nach dem Abstieg wurde der Club von einem weiteren Skandal erschüttert. Der senegalesische Stürmer Omar Pape Fayé war in krumme Wettgeschäfte verwickelte und wurde suspendiert. Der Spieler wurde später für drei Jahre gesperrt.

Der Weg zurück an die Sonne

2009 verpflichtete der FC Thun Murat Yakin als Trainer. Mit der Ruhe und der taktischen Schlitzohrigkeit des ehemaligen Natistar gelang den Oberländern 2010 der erneute Wiederaufstieg. Yakin erreichte mit Thun als Aufsteiger den vierten Platz und wurde 2011 von Luzern abgeworben.

Thun spielt seit 2011 nicht mehr im alten Lachen sondern im nahe der Autobahn neu erstellten Stadion. Die Spielstätte hiess erst «Thun-Arena» und trägt inzwischen den Namen «Stockhorn-Arena».

Yakins Nachfolger Bernard Challandes und die Thuner warfen in der Quali das Serie A-Team Palermo aus dem Wettbewerb. In der zweiten Runde scheiterte man dann aber an Stoke City aus der Premier League.

2012 übernahm Markus «Märk» Lüthi den Verein als neuer Präsident und führte den Club unkonventionell aber gut. Vorgänger Markus Stähli hatte den Verein nach der problematischen Champions League-Zeit übernommen und souverän in ruhige Gewässer geführt.

Markus Lüthi, Präsident des FC Thun. Er gab nach dem Abstieg 2020 den Rücktritt bekannt. - Keystone

Ein frecher Marder und das nächste europäische Wunder

Im Frühling 2013 schaffte es der FC Thun erneut weltweit in die Schlagzeilen. Beim Heimspiel gegen den FC Zürich lief ein Marder auf den Thuner Kunstrasen und narrte Spieler und Betreuer. Das entsprechende Video ging rund um den Globus viral.

Ein Marder sorgt für Aufsehen!

Im August schaffte Thun dann mit Trainer Urs Fischer die Qualifikation zur Gruppenphase der Europa League. Ein nächstes Fussballwunder im Berner Oberland. In der letzten Quali-Runde schlug Thun das favorisierte Partizan Belgrad.

In der Gruppenphase trafen die Berner auf Genk, Rapid Wien und Dynamo Kiew. Gegen Rapid erreichte das Team einen Heimsieg, in den anderen fünf Spielen setzte es Niederlagen.

Cupfinal und neue Mitbesitzer

Die Thuner schafften es noch in zwei weiteren Saisons bis in die Qualifikation zur Europa League. Jahr für Jahr wird Thun in den Prognosen zu den Abstiegskandidaten gezählt. Und meistens gehört das Team dann zu den positiven Überraschungen.

Zuletzt auch dank Trainer Marc Schneider, der die Mannschaft zwischen 2017 und 2020 führte. Und Sportchef Andres Gerber, früher selbst langjähriger Spieler bei Thun, der das Team mit wenig Geld stets hervorragend zusammenstellte.

Marc Schneider übernahm den FC Thun 2017. - Keystone

Die Qualifikation für den Cupfinal 2019 war der bislang letzte Höhepunkt in einer Clubgeschichte, die einer Berg- und Talfahrt gleicht. Das Endspiel im Stade de Suisse ging dann wie 1955 erneut verloren. Diesmal mit 1:2 gegen den FC Basel.

Im Dezember 2019 gab der FC Thun bekannt, dass die Pacific Media Group 25 Prozent des Vereins übernehmen. Dafür schiesst die Firma mit Sitz in China vorerst drei Millionen Franken ein.

Corona und Abstieg in die Challenge League

Doch in der Corona-Saison 2020 erleidet das Thuner Märchen einen heftigen Dämpfer. Der Club steigt trotz starker Rückrunde in die Challenge League ab. Dies, weil man dem FC Vaduz in der Barrage nach Hin- und Rückspiel unterliegt.

Daraufhin tritt Präsident Markus Lüthi zurück. Andres Gerber, zu diesem Zeitpunkt Sportchef des Clubs, wird sein Nachfolger.