Trotz Niederlage ist Konzernverantwortung nicht vom Tisch
Obwohl die Konzernverantwortungsinitiative abgelehnt wurde, ist klar: Der Druck auf die Konzerne und Wirtschaftskreise wird hoch bleiben.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Konzernverantwortungsinitiative wurde knapp abgelehnt.
- Der Druck auf Unternehmen bezüglich Menschenrechte und Umweltstandards wird hoch bleiben.
- Die Schweizer Medien berichten heute Montag über den Abstimmungs-Krimi.
Die Gegner der Konzernverantwortungsinitiative können sich trotz ihres knappen Sieges an der Urne nicht zurücklehnen. Die Kommentatoren in den Schweizer Medien sind sich einig. Der Druck auf die Unternehmen wird hoch bleiben, Menschenrechte und Umweltstandards einzuhalten.
Der internationale Trend verschwinde nicht, auch wenn Schweizerinnen und Schweizer am Sonntag entschieden hätten, ihm heute nicht zu folgen. Dies heisst es im Kommentar des «Tages-Anzeigers».
Ja-Stimmen deuten auf gesellschaftliche Veränderung hin
Die «Neue Zürcher Zeitung» wertet den hohen Anteil der Ja-Stimmen als Erfolg für die Initianten. Sie deute auf gesellschaftliche Veränderungen hin, die freiheitlich gesinnte Kreise und Unternehmer ernst nehmen sollten. Das Abstimmungsergebnis zeige, dass Themen wie Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz in der Auseinandersetzung künftig weiter an Bedeutung gewinnen würden.
Obwohl Bürgerliche und Wirtschaftskreise die besseren Antworten auf Fragen des nachhaltigen Handelns hätten, seien sie in die Defensive geraten.
Knappes Nein als Erfolg für Keller-Sutter
Die Zeitungen der CH Media werten das knappe Nein des Volkes zur Konzernverantwortungsinitiative als Erfolg für Justizministerin Karin Keller-Sutter. Keller-Sutter habe eingegriffen, als die Wirtschaftsverbände und der Ständerat sich mit aller Kraft gegen einen Gegenvorschlag des Nationalrates gestemmt hätten.
Die Schweizer Wirtschaft darf nach Ansicht des «Blick» nach dem knappen Sieg über die Initiative nicht hochmütig werden. Die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hätten ein ausgeprägtes Sensorium für Sinn und Unsinn von Initiativen. Sie liessen sich nicht von wohltönenden Titeln überrumpeln, sondern achteten auch auf Details.
Abstimmung wird in die Geschichte eingehen
Nach Ansicht des Kommentators der «Südostschweiz» wird die Abstimmung vom 29. November aus zwei Gründen in die Geschichtsbücher eingehen: Seit Bestehen des Bundesstaates kam es erst einmal vor, dass eine Initiative das Volk annimmt, aber die Kantone ablehnen.
Und zum anderen stehe dieser 29. November für einen Abstimmungskampf, der in Sachen Aggressivität neue Massstäbe gesetzt habe. An die Stelle von sachlichen Argumenten seien reine Propaganda und manipulierte Kampagnen getreten. Es sei zu hoffen, dass damit nicht ein neuer Trend gesetzt worden sei.
Steht die Glaubwürdigkeit der Hilfswerke auf dem Prüfstand?
Mit der Ablehnung bleibe der Schweiz ein unnötiges Gesetz erspart, schreibt die «Berner Zeitung». Der Schutz kleiner Unternehmen als Rückgrat der Wirtschaft sei vielen immer noch wichtiger als der Nachweis der Nachhaltigkeit grosser Konzerne.
Der «Bund» findet gar, das Vertrauen in die Konzerne sei erschreckend klein. Doch auch die Glaubwürdigkeit der Hilfswerke stehe auf dem Prüfstand. Sie hätten im Abstimmungskampf übertrieben.
In der Westschweiz streichen die Tageszeitungen den Röstigraben bei der Abstimmung hervor. Das Ergebnis der Abstimmung zeige ein gespaltenes Land, schreibt «Le Temps». Die Spannungen seien vielfältig - Alter, Geschlecht, Stadt-Land.