Rechtsprofessor sieht Voraussetzungen für 2G nicht erfüllt

Erneut kommt die Idee eines 2G-Regimes aufs Tapet. Rechtsprofessor Axel Tschentscher ist dieser Idee gegenüber äusserst skeptisch und warnt vor einer Spaltung.

Axel Tschentscher, Rechtsprofessor an der Uni Bern, steht einem möglichen 2G-Regime äusserst kritisch gegenüber und warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft. - Keystone/zvg

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Möglichkeit eines 2G-Regimes in der Schweiz kommt wieder aufs Tapet.
  • Damit könnten nur Geimpfte und Genesene ins Restaurant oder ins Fitnesszentrum.
  • Rechtsprofessor Axel Tschentscher sieht eine solche Regelung äusserst kritisch.

Die Zertfikatspflicht und das 3G-Prinzip stösst bei einigen auf erbitterten Widerstand. Trotzdem bringt mit Pierre Alain Schnegg (SVP), einer der wichtigsten Gesundheitsdirektoren, bereits das Thema 2G aufs Tapet.

Ein Zertifikat zu erlangen wäre dann nur noch über eine durchgemachte Infektion oder die Impfung möglich. Der Weg über einen Test bliebe ausgeschlossen. Auch wenn der Berner Regierungsrat Schnegg eine 2G-Regel noch nicht diskussionsfähig sieht – die Option steht im Raum.

Der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg leitete auf Bitte des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) die Vorbereitungsarbeiten. - Keystone

Auch Taskforce-Chefin Tanja Stadler sieht in einer weiteren Einschränkung von Ungeimpften eine Möglichkeit. Kommt hinzu, dass 2G im Ausland bereits vereinzelt eingesetzt wird. Doch wie weit dürfte eine solche Regel im juristischen Rahmen gehen?

Professor: «2G müsste wesentlich besser begründet sein»

Axel Tschentscher ist Professor für Staatsrecht und Verfassungsgeschichte an der Universität Bern. Für ihn ist klar: «2G muss wesentlich besser begründet werden als 3G.»

Axel Tschentscher ist Professor am Institut für öffentliches Recht an der Universität Bern. - z.V.g

Bei der Ausweitung der Zertifikatspflicht mit 3G bejahte Professor Tschentscher die Verfassungskonformität noch deutlich. Man könne Ungeimpfte nicht gleich wie Geimpfte behandeln, erklärte der Verfassungsrechtler gegenüber Nau.ch.

Für eine Herabsetzung auf 2G müssen jedoch drei wichtige Punkte gegeben sein. Erstens müsste sich die Situation nochmals klar verschlechtern. «Die Dynamik der Pandemie müsste sich deutlich verschärfen, die Intensivstationen durch Ungeimpfte massiv unter Druck geraten.»

Und hier knüpft auch gleich der zweite Punkt an: «Diese von Ungeimpften ausgehende deutliche Verschärfung der Situation müsste eine Gefährdung für die Gesamtbevölkerung zur Folge haben.» Das wäre beispielsweise der Fall, wenn die Gesundheitsversorgung nicht mehr aufrechterhalten werden könnte. «Solange die Ungeimpften nur sich selbst gefährden, ist das als Ausdruck ihrer Autonomie vom Staat zu respektieren.»

Coronavirus: Ein 2G-Light?

Und selbst wenn die beiden ersten Kriterien erfüllt seien: «Alles, worauf die Leute zwingend angewiesen sind, muss weiter zugänglich sein», so Tschentscher. Also beispielsweise Behördengänge, diese dürften nicht durch eine 2G-Regel eingeschränkt werden.

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«Möglich wäre also höchstens ein 2G-Optionsmodell.» Soll heissen: Bei Tätigkeiten, die nicht zwingend notwendig sind – wie der Besuch in der Beiz – können Private Getestete ausschliessen. Dann könnten beispielsweise andere Schutzmassnahmen wie Masken fallengelassen werden.

«Aktuell sind die Voraussetzungen für eine Herabstufung auf 2G aber nicht erfüllt.» Doch Rechtsprofessor Tschentscher hält die Diskussion nicht einfach für eine juristische: «Eine 2G-Regel würde die Spaltung der Gesellschaft sicher weiter befeuern.»