Blatten VS: Die wichtigsten und aktuellsten Fragen zum Bergsturz
In Blatten VS kam es diese Woche zur grossen Katastrophe. Die Gefahr ist aber noch nicht gebannt. Was du zur aktuellen Situation wissen musst.
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Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Bergsturz in Blatten VS droht der gebildete See zu überlaufen.
- Die Bewohner sind evakuiert, die Suche nach einem Vermissten wurde eingestellt.
- Die Solidarität ist hoch. Die Glückskette sammelt Spenden.
Am 29. Mai 2025 hat ein gewaltiger Bergsturz das Walliser Dorf Blatten im Lötschental erschüttert. Rund drei Millionen Kubikmeter Fels und Gletschereis lösten sich vom Kleinen Nesthorn und donnerten ins Tal.
Weil der Fluss Lonza blockiert ist, hat sich im Lötschental ein See gebildet. Dieser droht nun überzulaufen.
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Christian Rubin, Chef des Regionalen Führungsstabs Lötschental, sagt am Vormittag gegenüber Nau.ch: «Der See entleert sich irgendwo unterirdisch. Das führt zu Problemen. Nun müssen wir analysieren, was das für die weitere Planung bedeutet, in Sachen Murgänge und so weiter.»
Ein Mann wird vermisst. Weil die Suche derzeit zu gefährlich ist, wurde sie vorübergehend eingestellt. Verletzte sind dank der frühzeitigen Evakuierung keine gemeldet.
Hast du den Überblick zu den Ereignissen in Blatten verloren? Kein Problem. Nau.ch liefert die Antworten zu den wichtigsten und aktuellsten Fragen nach dem Bergsturz.
Was ist passiert?
In den Tagen vor der Katastrophe wurden am Kleinen Nesthorn und am Birchgletscher deutliche Bodenbewegungen und Risse festgestellt.
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Die Behörden reagierten schnell: Bereits am 19. Mai wurden die rund 300 Einwohnerinnen und Einwohner von Blatten evakuiert.
Am 28. und 29. Mai kam es zu mehreren massiven Fels- und Gletscherabbrüchen, die das Dorf und Teile des Flusslaufs der Lonza verschütteten. Es hat sich ein See gebildet.

Was bedeutet das für die Bewohnenden von Blatten?
Etwa 300 Einwohnerinnen und Einwohner mussten ihre Häuser verlassen. Sie sind derzeit in Notunterkünften in Nachbargemeinden oder bei Verwandten untergebracht.
Wie lange sie nicht zurückkehren können, ist noch unklar. Die Behörden arbeiten daran, Übergangslösungen zu finden. Wie das Dorf in Zukunft wieder aufgebaut werden kann, ist derzeit noch unklar.
Welche Gefahren bestehen jetzt noch?
Experten beobachten die Lage sehr genau – die Gefahr ist noch lange nicht gebannt. Zwar gilt der Hauptabbruch als abgeschlossen, doch kleinere Nachrutsche sind weiterhin möglich.
Der Glaziologe Martin Funk sagte gestern gegenüber der SRF-Sendung «Schweiz aktuell»: «Es ist nicht ausgeschlossen, dass noch mehr Fels runterkommt.» Einerseits komme immer wieder Steinmaterial herunter. Andererseits bereite das schmelzende Eis Anlass zur Sorge.

Besonders kritisch ist die Situation rund um den Fluss Lonza: Der Bergsturz hat einen Teil des Flusses aufgestaut. Sollte sich das Wasser plötzlich einen Weg bahnen, könnte es zu Überschwemmungen und Murgängen bis ins Rhonetal kommen.
Funk erklärte: «Wenn das Wasser im See den Damm erreicht, fliesst das unkontrolliert ab, nimmt viel Material mit. Es bildet einen Murgang, der ins Tal wandert.»
Ist der Klimawandel schuld?
Laut dem Permafrost-Experten Christophe Lambiel von der Universität Lausanne hängt die beschleunigte Bewegung des Birchgletschers direkt mit dem Klimawandel zusammen. Das erklärte der Experte in einem Interview mit der Zeitung «Le Nouvelliste» und der Plattform Arcinfo vom Freitag.
Die 500 Meter hohe Felswand über dem Birchgletscher liegt in der Permafrostzone. Durch die Klimaerwärmung taut der Permafrost auf, das Gestein verliert an Stabilität und wird brüchig. Das herausgebrochene Gestein belastete den Gletscher zusätzlich, beschleunigte dessen Bewegung und führte schliesslich zum Abbruch.
Laut Lambiel hat sich der Permafrost in den letzten zehn Jahren stark erwärmt, besonders seit 2022.
Diese Abfolge von Fels- und Gletschersturz sei in den Alpen bisher einzigartig. Sie zeige, wie sehr geologische und klimatische Faktoren zusammenspielen.
Wie geht es weiter?
Die Gemeinde und der Kanton organisieren Unterstützung für die Betroffenen. Experten prüfen, wie sicher das Gebiet künftig ist und welche Schutzmassnahmen nötig werden.
Die Solidarität im Tal ist gross. Viele Menschen helfen einander, und die Hoffnung auf einen Wiederaufbau von Blatten bleibt bestehen.
Die Glückskette sammelt Geld für die finanzielle Unterstützung der Betroffenen. Sie aktiviert dafür ihren Fonds «Naturkatastrophen in der Schweiz».
«Anteilnahme mit Blatten ist sehr gross»
Erste verlässliche Zahlen, wie viele Spenden für Blatten bereits zusammengekommen sind, kann die Glückskette nach dem Wochenende kommunizieren.
Sprecher Fabian Emmenegger sagt zu Nau.ch aber: «Die Anteilnahme ist sehr gross. Wir erhalten viele Mails und Anrufe aus der ganzen Schweiz von Personen, die sich solidarisch zeigen.»

Geld sei bislang noch keines geflossen. Derzeit werde die Hilfe mit dem Roten Kreuz, der Caritas sowie den lokalen Behörden vorbereitet und koordiniert. «Die Hilfe soll den Menschen möglichst breit und möglichst gerecht zugutekommen», sagt er.
Als Erstes gibt es für die Menschen eine unbürokratische und unverbindliche Nothilfe. Damit sollen notwendige Dinge wie Essen oder Kleidung gekauft werden können.
In einem späteren Schritt bietet die Glückskette vorübergehende Hilfe bei Mehrkosten oder Erwerbsausfällen an.
«Die Glückskette unterstützt sowohl kurz-, als auch langfristig und übernimmt auch von Versicherungen nicht gedeckte Kosten. Niemand soll auf Kosten sitzen bleiben», so Emmenegger.