Alexej Nawalny: So wurde er im Russen-Knast gefoltert

Das Straflager Polarwolf gilt als extrem brutal. Eine Menschenrechtsaktivistin schildert, wie Alexej Nawalny dort seine letzten Tage und Monate verbracht hat.

Alexej Nawalny ist tot. Zuletzt war er im Straflager Polarwolf in Sibirien untergebracht. - ap

Das Wichtigste in Kürze

  • Alexej Nawalny (†47) starb am 16. Februar im russischen Straflager Polarwolf.
  • Die Tage und Monate zuvor waren beim Demokratieaktivist geprägt durch brutale Folter.
  • Nawalny musste hungern und kriegte nur heisses Wasser zum Trinken.

Nach dem Tod von Alexej Nawalny (†47) werden neue Brutalo-Details bekannt: Seine letzten Tage verbrachte der schärfste Kreml-Kritiker in einem russischen Straflager nahe dem Polarkreis. Dort erlebte er die reinste Hölle.

In der ARD-Talkshow «Maischberger» beschreibt die Friedensnobelpreisträgerin Irina Scherbakowa am Dienstagabend die Zustände. «Man kann das nur mit schlimmsten stalinistischen Methoden vergleichen», sagt sie. Scherbakowa ist Mitgründerin der von Wladimir Putin verbotenen Menschenrechtsorganisation Memorial.

Menschenrechtsaktivistin Irina Scherbakowa spricht über die Haftbedingungen von Alexej Nawalny. - keystone

Die Bedingungen könne man sich im Westen nicht vorstellen. «Es war Folterung», ist für sie klar.

Alexej Nawalny erlebte «Folter mit dem Hunger»

Gemäss der Menschenrechtsaktivistin musste Alexej Nawalny in einer «ganz engen Zelle mit kleinem Fenster» ausharren. «Entweder ist es dort unglaublich heiss, weil keine Luft reinkommt, oder sehr kalt.» Böden und Wände seien nass.

Jeden Tag um 5 Uhr morgens klappen die Wärter das Bett hoch. Den restlichen Tag müssen die Insassen der Strafkolonie Polarwolf auf einem Hocker verbringen. Und man hungere.

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«Weil was man dort als Essen bezeichnet, darüber hat sich Nawalny immer nur lustig gemacht. Es war Folter mit dem Hunger», prangert sie an.

Selbst Wasser ist im Straflager kein Lebenselixier, sondern eine Foltermethode. Nawalny habe man immer nur heisses statt kaltes Wasser verabreicht. «Er musste es schnell austrinken.»

Der ehemalige ARD-Russland-Korrespondent findet für diese Zustände deutliche Worte. «Das war Mord auf Raten», sagt Thomas Roth.

Alexej Nawalny soll bei Spaziergang zusammengebrochen sein

Alexej Nawalny starb am vergangenen Freitag. Laut offizieller russischer Erzählung habe er sich bei einem Spaziergang im Straflager Polarwolf «unwohl gefühlt» und sei zusammengebrochen. Als Todesursache wird ein «plötzlicher Herztod» aufgeführt.

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X@golub - Das letzte Video von Alexej Nawalny wurde einen Tag vor seinem Tod bei einer Gerichtsverhandlung aufgenommen.

Die Umstände um seinen Tod sind jedoch mehr als fragwürdig. Putin-Agenten sollen kurz vor seinem Tod die Kameras ausgeschaltet haben und die Todesmeldung wurde von den Behörden im Eiltempo vermeldet. Nur zwei Minuten nach dem angeblichen Todeszeitpunkt war die Pressemitteilung bereits raus.

Menschenrechtler werfen dem russischen Machtapparat um Wladimir Putin Mord vor. Auch die Mitarbeiter des bekannten Anti-Korruptionskämpfers gehen davon aus, dass Nawalny gezielt getötet wurde.

Russland hält die sterblichen Überreste des Oppositionspolitikers und Aktivisten zurück. Nicht einmal Nawalnys Familie erhält Zugang zur Leiche. In einem Video richtete sich seine Mutter Ljudmila Nawalnaja direkt an Putin und flehte: «Lassen Sie mich endlich meinen Sohn sehen! Ich fordere, dass Alexejs Leiche sofort freigegeben wird, sodass ich ihn auf eine menschliche Art begraben kann.»