Während die rechte AfD in Deutschland grosse Erfolge feiert, steht die SVP vor dem grossen Wahlverlust. Was läuft hierzulande anders?
Nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen legte die AfD massiv zu. Dies sei aber nicht unbedingt ein Rechtsrutsch, sagt Politologe Claude Longchamp. - Nau
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Rechtspopulisten der AfD feiern in Ostdeutschland grossen Wahlerfolg.
  • Hingegen wird die SVP hierzulande schon als Wahlverlierer dargestellt.
  • Politologe Claude Longchamp erklärt die grossen Unterschiede.

«AfD lernt Deutschland das Fürchten» oder «der kalte rechte Hauch». Der Rechtsrutsch in Deutschland sorgt für Schlagzeilen weit über die Landesgrenzen hinaus. Die AfD hat an den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg massiv zugelegt.

Landtagswahlen AfD Sachsen
Beatrix von Storch, Bundesvorstandsmitglied, Jörg Urban, Spitzenkandidat der AfD, und Jörg Meuthen (l-r), Bundesvorsitzender der AfD, jubeln auf der AfD-Wahlparty nach Bekanntgabe der ersten Ergebnisse zur Landtagswahl in Sachsen. - dpa

In der Schweiz hingegen steckt die SVP in der Krise und löst mit ihrem provokativen Wurmplakat einen regelrechten Eklat aus. Den Linken und Grünen hingegen werden grosse Erfolge bei den Wahlen im Herbst vorausgesagt.

SVP Albert Rösti
SVP-Chef Albert Rösti im Bundeshaus. - Keystone

Politologe Claude Longchamp sieht drei Gründe, warum Rechtspopulisten der Schweiz fern bleiben.

Populisten-Welle in der Schweiz schon vorbei

Die Schweiz habe eine solche Welle schon durch, so Longchamp. «Die populistische Welle brach in der Schweiz ungefähr 15 Jahre vor der in Deutschland aus.»

Genauso wie der grosse Rechtsrutsch. «Der SVP-Wähler begann anfangs der 90er Jahre, als der Eintritt der Schweiz in die EU ein polarisierendes Thema wurde. Die grosse SVP-Welle war von 1995 bis 2007, im Zusammenhang mit den Themen EU und Migration

Claude Lonchamp
Politologe Claude Longchamp. - Nau

Dort konnte die SVP punkten und erzielte besondere Wahlerfolge in den Nationalen Wahlen. Mittendrin: SVP-Doyen Christoph Blocher, der als Bundesrat die populistische Bewegung mit der Ausschaffungs-Initiative 2010 zum Höhepunkt führte.

«In Europa hingegen brach die populistische Welle mit der Finanzkrise 2007 aus. In Deutschland besonders mit der Flüchtlingskrise und dessen Höhepunkt 2015.» Auch würden Populisten wie der britische Premier Boris Johnson oder US-Präsident Donald Trump der Welle heute grossen Schub verleihen.

Verschiedene politische Systeme

Als zweiten Grund nennt der Politologe die unterschiedlichen politischen Systeme. In der Schweiz haben wir ein Konkordanz- und kein Konkurrenz-System.

«Sobald eine Partei 10 Prozent Wähleranteil aufweist, ist sie im Regierungsprogramm, sozusagen ungeachtet ihres Parteiprogramms.» Umgekehrt würden sich die vier Regierungsparteien genau auf die Finger schauen. «Wenn eine Eskapaden macht, kommt das meist schnell hervor.»

Ueli Maurer SVP Berset
In der Schweizer Politik werden Kompromisse gesucht: Zusammen mit Bundesratskollege Alain Berset feierte Ueli Maurer im Mai einen Abstimmungs-Erfolg: Das Volk sagte Ja zur AHV-Steuervorlage STAF. - Keystone

Deutschland habe diese Verhandlungskultur hingegen nicht. «Darum gilt die AfD als System-Bedrohung, als welche die SVP nie wahrgenommen wurde.»

AfD und SVP stammen nicht aus selbem Stall

Nicht zuletzt betont Longchamp, dass sich die rechtspopulistische AfD und die SVP klar unterscheiden. Denn: «Die AfD hat zweifelsfrei einen nationalsozialistischen Hintergrund.»

AfD
Das Protestplakat gegen die AfD war prominent im Hintergrund des gläsernen ZDF-Wahlstudios zu sehen. - Twitter/@lamlllgner

Sie sei in den letzten Jahren noch mehr nach rechts gerutscht. Und: «Ihr fehlt die klare Abgrenzung zu den Nationalsozialisten und Faschisten. Von diesen hat sich die SVP stets abgegrenzt.»

Nicht-Wähler gehen zur AfD

Schlussendlich glaubt Claude Longchamp, sei ein signifikanter Rechtsrutsch auch in Deutschland noch nicht zu verzeichnen. «Die Wähleranalysen zeigen, dass die AfD vorwiegend von bisherigen Nicht-Wähler gewählt wurde. Nur ein Viertel der neuen Wähler sind Wechselwähler aus anderen Parteien.»

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