Erdgas gilt als umweltfreundliche Alternative zum Öl. Doch der WWF stellt die Klimabilanz des Gases in Frage. Und verärgert damit die Branche.
Erdgas WWF
Die Hälfte des auf 60 Milliarden Kubikmeter geschätzten Vorkommens an förderbarem Erdgas wird auf deutschem Hoheitsgebiet verortet. (Symbolbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Laut einer WWF-Studie liegt der Biogas-Anteil im Erdgas bei nur zwei Prozent.
  • Die Industrie bezeichnet die Studie als «tendenziös» und «einseitig».

Ob für die Heizung daheim oder fürs Auto: Erdgas gilt als umweltfreundliche Alternative zu konventionellen Brennsoffen. Gerade in der Schweiz, weil hier Biogas dazu gemischt wird. «Die freundliche Energie», so der Slogan der Branche.

Eine neue Studie des WWF zeigt: So umweltfreundlich ist Schweizer Erdgas gar nicht. Die Umweltschützer sehen einen «eklatanten Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit».

Erdgas und Biogas gehören zusammen, so das Werbeversprechen. Letzteres wird in der Schweiz aus Bio-Abfall hergestellt. Laut der WWF-Studie ist dessen Anteil allerdings extrem gering. 98 Prozent der Gasleitungen ist fossiles Erdgas – dieses wird importiert.

WWF kritisiert Mini-Anteil

Der inländische Biogas-Anteil liegt bei nur 0,8 Prozent, der Import-Anteil bei 1,2 Prozent. «Erdgas ist ein fossiler Energieträger, dessen Verbrennung die Klimakrise weiter anheizt», so Elmar Grosse Ruse, Klimaexperte des WWF.

Er kritisiert, dass die Branche «keinerlei Plan» hat, wie fossiles Gas verbannt werden soll. Während Länder wie Grossbritannien oder Holland ihr Gasnetz zurückbauen, legt die Schweiz zu. Laut den Umweltschützern ist das Netz in der Schweiz in den letzten Jahren jährlich um 300 Kilometer verlängert worden.

Nord Stream Erdgas
Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 wird Erdgas befördern. - dpa

Der WWF Schweiz fordert darum den teilweisen Rückbau des Schweizer Gasnetzes. «Oder eine glaubwürdige Strategie für den vollständigen Ersatz von fossilem Erdgas innerhalb von gut zwei Jahrzehnten vorzulegen.»

Die Studie kommt in der Branche nicht gut an. «Das Grundlagenpapier des WWF zum Thema Gas ist tendenziös und einseitig», sagt Thomas Hegglin. Er ist Sprecher des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie VSG.

Grünere Alternative zu Kohlestrom-Import

Es fehle die Sicht auf das Gesamtsystem. «Ausgeklammert bleibt beispielsweise die Herausforderung, im Winter genügend Strom zur Verfügung zu stellen. Hier ist die Schweiz zunehmend auf klimaschädigende Kohlestromimporte aus dem Ausland angewiesen.»

Er kritisiert, dass die Umweltschützer Gas abschreiben. «Mit Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen können Abhängigkeiten von Kohlestromimporten im Winter verringert werden». Und mit Power-to-Gas stünde eine Technologie zur Verfügung, um ungenutzten Strom aus Solar-, Wind- oder Wasserkraftwerken saisonal zu speichern.

Bis 2030 will die Schweizer Gaswirtschaft den Anteil der erneuerbaren Gase im Wärmemarkt auf 30 Prozent steigern.

Nichts hält er vom Vorschlag, die Netze zurückzubauen. «Es wäre unverantwortlich, auf eine Infrastruktur wie das Gasnetz zu verzichten». Denn: Gas sei ein wichtiges Instrument, um die CO2-Emissionen im Energiesystem zu senken und die Klimaziele zu erreichen.

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