Ein Blick nach Deutschland und die Türkei.
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Kluft zwischen Deutschland und der Türkei wird immer wie grösser.
  • Menschen, die einfach frei ihre Meinung sagen wollen.

Dies ist ein Einblick, ein Einblick in die politische Situation zwischen Deutschland und der Türkei. So hat sich seit fast zwei Jahren zwischen beiden Ländern eine Kluft gebildet . Eine Kluft, welche sich auf Menschen auswirkt, die zwischen beiden Nationen leben. Auf Politiker wie Cem Özdemir, der sich den Hass beider Nationen ausgesetzt sieht. Es geht um Menschen, die einfach frei ihre Meinung sagen wollen.

Live vom Putsch berichtet Deniz Yücel

Der Abend des 15. Juli 2016 bedeutete ein Wendepunkt in der türkischen Geschichte, als das Militär mit einem Putschversuch gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan scheiterte. Darauffolgend lies Erdogan eine grosse Menge an politischen Gegnern und Kritikern festnehmen, da sie laut Erdogan an terroristischen Aktionen teilgehabt haben. Einer der Angeschuldigten war der damalige WeltN24 und Zeit Redakteur Deniz Yücel. Er war als Auslandskorrespondent für Welt in der Türkei unterwegs. Der den türkischen wie auch den deutschem Pass besitzende Yücel hatte im Laufe seiner Karriere kritisch in seinen Artikeln über die deutsche, wie auch die türkische Politik geäussert, wobei beides sachlich und im Rahmen der Meinungsfreiheit lag. Trotzdem wurde im Februar 2017 der erste Journalist mit deutschen Pass in der Türkei festgesetzt und inhaftiert. Yücel wurde „Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung“ vorgeworfen, da er einen Gründer der gegnerischen Partei Erdogans interviewte. Dies führte darauf zu Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei, da Yücel als „deutscher Spion“ und „Terrorist“ von der türkischen Regierung gebrandmarkt wurde. So wurden vorher gemachte Verträge zwischen beiden Ländern gekündigt und Diplomaten wurde verboten, ins andere Land einzureisen.

Während Yücel in der Türkei einsass, setzten sich in Deutschland seine Freunde, Buchhändler, Schriftsteller und Journalisten für ihn ein. So hoffte man durch die Bundesregierung eine schnelle Freilassung Yücels. Es dauerte schliesslich ein ganzes Jahr, bis man Yücel aus der Untersuchungshaft brachte. So durfte er die Türkei verlassen, bis zum anstehenden Gerichtstermin, der am 28. Juni stattfinden wird.

Nicht der einzig Festgesetzte

Seit dem gescheiterten Putschversuch liefen die Gefängnisse in der Türkei praktisch über. So will man in den nächsten Jahren um die 140 neue Gefängnisse für die Gefangenen bauen. Gerade einmal einen Monat nach dem Putsch wurden 35`000 Menschen festgenommen. Dazu wurden fast 80`000 Menschen, die im öffentlichen Bereich arbeiten, suspendiert. Heute sind noch immer 32`000 im Gefängnis. Gegen insgesamt 75`000 Menschen wurde ermittelt. Dazu wurde gegen rund 42 Journalisten in verschiedenen Ländern Haftbefehl erlassen. Es sitzen rund 160 Journalisten in der Türkei wegen ihrer freien Meinungsäusserung fest, darunter sechs mit dem deutschen Pass.

Ob bei einer so grossen Masse an Inhaftierten wirklich jeder am Putsch teilgenommen hatte und sich nicht nur über Erdogans Politik kritisch geäussert hat, ist natürlich sehr fragwürdig. So gilt es als sehr realistisch, dass Erdogan den Putsch benutzte, um seine politischen Feinde und Kritiker das Maul zu stopfen.

Wenn ein Maulkorb über Grenzen geht

Ein politisches Beispiel wäre da der oben erwähnte Cem Özdemir. Der aus Bad Uchach nahe Stuttgart stammende Politiker der Grünen, war unter anderem der erste deutsche Politiker, der rein türkische Eltern hat und in den Bundestag einzog. Özdemir sah sich durch seine Meinung zum Armenien-Völkermord des öfteren Kritik aus der Türkei ausgesetzt. So wurde er persönlich von Erdogan als «angeblicher Türke» beschimpft und dazu solle er sich nicht mehr in der Türkei sehen lassen.

Ein diskussionswürdiger Vorfall ereignete sich an der diesjährigen Sicherheitskonferenz in München, dazu zeigte der Vorfall, wie angespannt das Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland ist. Der Politiker der Grünen befand sich im gleichen Hotel wie die türkische Delegation. Nach einem zufälligen Treffen in der Hotellobby haben sich die türkischen Beamten bei der Münchner Polizei darüber beschwert, dass ein «Terrorist» sich im Hotel befinden würde. Von da an war Özdemir während der Konferenz nur mit Polizeischutz unterwegs. Später meinte Özdemir, dass es bestätigt, was für eine aggressive Politik die Türkei führt. Dass dieses Verhalten in der Türkei normal wäre, doch in Deutschland nichts verloren hätte.

Wenn die Diplomatie dazu kommt

Es war eine extrem hitzige Diskussion im Deutschen Bundestag, bei solch einem Thema war dies schon fast vorprogrammiert. Die sehr rechts stehende Partei AfD wollte zwei satirische Texte von Yücel verbieten lassen. So hörten die anderen Abgeordneten zwar nicht auf die Partei, welche einen eingesperrten Journalisten Hassprediger nannten, wobei die wohl leidenschaftlichste Rede an diesem Tag von Cem Özdemir kam. Der ehemalige Vorsitzende der Grünen sprach vielen aus der Seele mit seiner Rede. Er betonte das Journalismus nicht Verbrechen bedeutet und das die Redefreiheit noch immer Teil unserer Gesellschaft bleiben sollte. Dazu sprach er ganz offen über den Rassismus und den Hass der AfD.

Özdemir sprach die Wahrheit aus, eine Wahrheit, die sich in der heutigen Politik nicht mehr so oft finden lässt. Ob es nun die dunkle Ideologie der AfD ist oder die Machthaberei am Bosporus, so muss man den schlimmsten Dingen schon mit der Wahrheit entgegen treten.

Die Türkei im Wandel.
Die Türkei im Wandel. - Keystone
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