Mit dem fünften Pokalsieg in Serie bestätigen die Fussballerinnen des VfL Wolfsburg ihre nationale Dominanz. Stolz verlassen auch die knapp unterlegenen Freiburgerinnen die Finalstadt Köln. Doch es gibt auch Kritik an den Verbänden DFB, FIFA und UEFA.
Wolfsburgs Nilla Fischer streckt im Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den DFB-Pokal in die Höhe. Foto: Federico Gambarini
Wolfsburgs Nilla Fischer streckt im Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den DFB-Pokal in die Höhe. Foto: Federico Gambarini - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Als fast alles gesagt war, meldete sich plötzlich eine weibliche Stimme aus dem Hintergrund.

«Herr Lerch, wie ist denn der weitere Abend geplant?», lautete die Frage an den Wolfsburger Fussballtrainer Stephan Lerch.

Der 34 Jährige blieb erstaunlich cool, als er nach dem 1:0 (0:0) seines VfL im DFB-Pokalfinale der Frauen gegen den SC Freiburg am Ende der Pressekonferenz seine überraschend aufgetauchte Torhüterin Almuth Schult als «Journalistin» erkannte. Die Nationalkeeperin hielt lässig eine (halbleere) Bierflasche in der Hand und wartete gespannt. «Die Frage habe ich schon beantwortet», meinte Lerch, und sagte dann schmunzelnd in die Runde: «Wir wollen auf jeden Fall die Meisterschaft klarmachen. Meine Spielerinnen sind Profis. Sie wissen, dass Sonntag ein wichtiges Spiel ist.»

Nichts war es also mit einem Freibrief für die Pokalheldinnen für eine Dauerparty oder eine durchgezechte Nacht in Köln. Standesgemäss gefeiert werden soll erst nach dem mutmasslichen nächsten Titelgewinn. Sollte das Team um Schult und die schwedische Anführerin Nilla Fischer, die zuvor jubelnd die von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreichte Silbertrophäe in den Himmel gereckt hatte, am Sonntag das Auswärtsspiel bei 1899 Hoffenheim gewinnen, wäre das «Double» schon eine Woche vor dem Bundesliga-Finale perfekt.

Natürlich sollten die Spielerinnen «den Moment geniessen und feiern», ergänzte Lerch. «Das ist in Ordnung, aber alles im Rahmen. Es sollte nicht ausufern!». Schliesslich hatten die niedersächsischen Titeljägerinnen «am Tag der Arbeit» richtig malochen müssen, ehe der mutige und lange ebenbürtige Aussenseiter in die Knie gezwungen war. «Freiburg hat es sehr gut gemacht, Kompliment», lobte Lerch den starken Rivalen. Nicht zuletzt deshalb herrsche beim VfL nun «grosse Erleichterung». Auch Alexandra Popp gestand: «Es war ein Kampf.»

Der entscheidende Treffer vor rund 17 000 Fans zum fünften Pokalcoup hintereinander - dem sechsten insgesamt - gelang Torjägerin Ewa Pajor in der 55. Minute, als sie nach einem Pfostenschuss der Dänin Pernille Harder abstaubte. «Ich musste nur den Fuss hinhalten», so die Polin. «Wir dürfen jetzt ein bisschen feiern, haben aber schon das wichtige Spiel am Wochenende im Kopf.»

Fast ebenso gut gelaunt war Jens Scheuer. Der Freiburger Trainer hatte sein personell geschwächtes Team glänzend eingestellt. Lange lag die Sensation in der Luft. «Für uns war der erste Finaleinzug schon ein Erfolg», befand der 40-Jährige. «Wie wir uns präsentiert haben, war Werbung für den Frauenfussball. Ich bin glücklich, mit dieser Mannschaft zusammenzuarbeiten.»

Zur nächsten Saison allerdings wechselt Scheuer - wie schon viele SC-Spielerinnen in den vergangenen Jahren - zum Ligarivalen Bayern München. Zuvor stehen aber noch Feierlichkeiten an. Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn, der das Spiel auf der Tribüne verfolgte, lud die Mannschaft zu einem Empfang an diesem Freitag ein. Um 15.30 Uhr wird sich das Team auf dem Rathausbalkon präsentieren und mit den Fans feiern. So traten Stürmerin Sandra Starke und Spielführerin Clara Schöne trotz der Niederlage die Heimreise ins Breisgau zufrieden an. «Jeder träumt davon, so etwas mitzuerleben», sagte Starke. Und Schöne war «mega-stolz» auf ihr Team.

Die glückselige Stimmung dämpfte allerdings Nationalkeeperin Schult ein wenig, in dem sie ihre kürzlich im Interview der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» geäusserte Kritik an den Verbänden DFB, FIFA und UEFA erneuerte. Im Kern beklagt die 28-Jährige den teilweise noch immer vorhandenen Mangel an Wertschätzung für den Frauenfussball, die fehlende Gleichberechtigung und den im Vergleich zu anderen europäischen Nationen wie England, Spanien oder Italien hierzulande gegenläufigen Trend bei den Zuschauerzahlen.

17 000 Fans beim Pokalfinale seien eine «tolle Kulisse», betonte Schult. Gleichwohl werde der Frauenfussball oft nicht «so ernst genommen». Als Beispiel nannte sie eine mehr als ärgerliche Terminierung, die FIFA und UEFA zu verantworten haben: So musste das WM-Auftaktmatch der deutschen Frauen in Rennes am 8. Juni gegen China auf die unattraktive Anstosszeit 15.00 Uhr vorverlegt werden. Grund: Am selben Tag steigt das EM-Qualifikationsspiel der DFB-Männer in Weissrussland (20.45 Uhr). «Es ist traurig, dass es so ist.»

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