Sandra Bothe (GLP) fordert die erneute Teilnahme der Schweiz bei Erasmus+. Das Programm sei für den Universitätsstandort Basel von entscheidender Bedeutung.
Kollegienhaus Universität Basel
Der Eingang des Kollegienhauses der Universität Basel. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Basler Grossrat entscheidet über eine Einreichung einer Standesinitiative zu Erasmus+.
  • Gefordert wird, dass der Bund einen Finanzierungsplan für das Programm vorlegen soll.
  • Für Sandra Bothe (GLP) wäre eine Teilnahme für den Uni-Standort Basel entscheidend.
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Fina Girard (GAB) will, dass die Schweiz wieder am Programm Erasmus+ teilnimmt. Dazu hat sie im Basler Grossrat einen Antrag auf Einreichung einer Standesinitiative eingereicht. Auch Jöel Thüring (SVP) würde eine Teilnahme an Erasmus+ befürworten, wie er Nau.ch gegenüber sagte.

Als Nächstes äussert sich Sandra Bothe (GLP) im Interview. Die Grossrätin sieht durch eine Teilnahme viele Vorteile, die sich für die Schweiz und Basel ergeben würden.

Nau.ch: Befürworten Sie eine Teilnahme der Schweiz am Erasmus+-Programm?

Sandra Bothe: Ich bin der Meinung, dass die Teilnahme am Erasmus+-Programm für den Universitätsstandort Basel von entscheidender Bedeutung ist. Sie würde nicht nur unser internationales Netzwerk durch Partnerschaften mit führenden europäischen Hochschulen und Forschungsinstitutionen erweitern und vertiefen, sondern auch unsere Position als anerkannter Bildungs- und Forschungsstandort stärken.

Sandra Bothe GLP
Sandra Bothe ist Basler GLP-Grossrätin. - zVg

Nau.ch: Welche Vorteile ergäben sich durch eine Zusammenarbeit für den Universitätsstandort Basel?

Sandra Bothe: Durch die Attraktivitätssteigerung Basels für internationale Studierende und Forschende könnten wir Talente anziehen, die wesentlich zur wissenschaftlichen Exzellenz beitragen. Zudem würde die Förderung des Austausches von Wissen und Forschungsergebnissen die Bildungsqualität nachhaltig verbessern. Die verstärkte internationale Zusammenarbeit und der verbesserte Zugang zu europäischen Fördermitteln würden die Finanzierung von Forschungsprojekten erleichtern und Innovationen in den Schlüsselbereichen der Lifesciences, Chemie, Pharmazie und Biotechnologie vorantreiben, was für Basel von grosser Bedeutung ist.

Nicht zu vergessen ist aber gerade als Land mit einem dualen Bildungssystem, dass bei uns nicht nur Hochschulstudenten von dem oft übersehenen Plus bei Erasmus+ profitieren. Die kollektive oder individuelle Teilnahme an diesem Programm stärkt unsere Jugend und damit unsere Wirtschaft und unser Gemeinwesen. Es schafft darüber hinaus lebenslange Lern- und Entwicklungschancen für Menschen aller Altersgruppen. Das ist ein wichtiges Plus für eine Grenzregion wie Basel.

Roche Basel Gebäude
Erasmus+ erleichtere die Finanzierung von Forschungsprojekten, sagt Sandra Bothe. - keystone

«Einige dieser Studierenden werden später Polit- und Wirtschaftsführer»

Erasmus+ ermöglicht allen Studierenden und Lernenden zudem nicht nur Zugang zu Europa, sondern fördert auch persönliche Bindungen externer Studierender zu unserer Region durch ihren Erasmus-Aufenthalt. Einige dieser Studierenden werden später Polit- und Wirtschaftsführer, deren Wohlwollen und Interesse Basel sicher brauchen wird. Selbst bei der späteren Standortwahl für Betriebe ist es nützlich, in den jeweiligen Gremien Menschen zu haben, die Basel kennen, schätzen und auf dem Radar haben. Auslandaufenthalte hinterlassen prägende Erinnerungen, und Basel sollte danach streben, nicht nur positiv in Erinnerung zu bleiben, sondern auch als Option in Betracht gezogen zu werden.

Nau.ch: Können zum jetzigen Zeitpunkt Schätzungen zu den entstehenden Kosten abgegeben werden? Für welchen Teil müsste der Kanton Basel-Stadt aufkommen?

Bothe: Zu den genauen Kosten einer vollen Mitgliedschaft und dem Anteil, der vom Kanton Basel-Stadt übernommen werden müsste, kann ich persönlich keine Angaben machen. Ich kenne weder die bisherigen Verhandlungen darüber noch die damit verbundenen Analysen. Die Kosten würden wahrscheinlich nicht nur die direkten Beiträge an Erasmus+ umfassen, sondern auch die Verwaltung des Programms auf kantonaler Ebene.

In der Vergangenheit wurden aber solche Beiträge auch auf nationaler Ebene finanziert, mit zusätzlicher Unterstützung von Kantonen für spezifische Programme oder Initiativen. Die Klärung der Kosten wird gerade ein Teil der Debatte sein, die diese Standesinitiative anstösst.

Mauer Schweiz EU Erasmus+
Mitglieder von Jugendorganisationen mit einer symbolischen Mauer aus Kartonschachteln zwischen der Schweiz und der EU. (Archivbild) - keystone

Trotz der «ungewissen» Kosten tut der Kanton Basel-Stadt gut daran, das Erasmus+ Programm zu unterstützen und damit die Standesinitiative, da die langfristigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gewinne meiner Meinung nach die anfänglichen Investitionen nicht nur rechtfertigen, sondern wahrscheinlich bei Weitem übertreffen werden.

«Teilnahme an ‹Horizon Europe› ist für die Schweiz essenziell»

Nau.ch: Im Antrag wird auch das Rahmenprogramm «Horizon Europe» erwähnt. Sollte die Schweiz Ihrer Meinung nach zum Forschungsprogramm zurückkehren?

Bothe: Unbedingt! Die Teilnahme an «Horizon Europe» ist für die Schweiz und speziell für die Forschungseinrichtungen in Basel essenziell. Das Programm steigert wissenschaftliche Exzellenz, erleichtert grenzüberschreitende Kooperation und stärkt unsere internationale Bildungs- und Forschungsposition durch verbesserten Zugang zu Fördermitteln und innovativen Projekten.

Soll die Schweiz wieder bei Erasmus+ mitmachen?

Nau.ch: Was erhoffen Sie sich künftig für die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Europa?

Bothe: Für die Zukunft wünsche ich mir eine verstärkte und vertiefte Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Europa in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation. Deshalb befürworte ich die vollständige Teilnahme an Programmen wie Erasmus+ und «Horizon Europe». Es ist ein entscheidender Schritt, um die Vorteile der europäischen Zusammenarbeit zu nutzen und gleichzeitig die Stärken der Schweizer Bildungs- und Forschungslandschaft einzubringen.

Dies eröffnet neue Wege für Innovationen und stärkt unsere Position im globalen Wettbewerb. Eine solche Kooperation würde nicht nur unsere Bildungs- und Forschungsqualität in der Schweiz verbessern, sondern auch zur Lösung globaler Herausforderungen beitragen, indem Wissen und Ressourcen gemeinsam genutzt werden könnten.

Speziell für Basel gilt, dass unsere Wirtschaft und unsere Bevölkerung, anders als in anderen Regionen der Schweiz, täglich im Kontakt und unter dem Einfluss von Europa sind, zumal schon geografisch der grösste Teil unserer Nachbarn und Vorortsgemeinden in der EU liegt.

Zur Person: Sandra Bothe (55) ist GLP-Grossrätin im Kanton Basel-Stadt. Sie ist Geschäftsleiterin einer Bildungs- und Betreuungsinstitution und wohnt in Riehen.

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