Regierungsrat will Medikamentenabgabe bei Ärzten nicht ändern
Grossratsmitglieder fast aller Parteien verlangen, dass Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte in Bern künftig wieder uneingeschränkt Medikamente abgeben dürfen.
Grossratsmitglieder aus fast allen Parteien fordern, dass Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte im Kanton Bern künftig wieder ohne Einschränkungen Medikamente abgeben dürfen. Damit werde der Betrieb einer Arztpraxis wieder attraktiver, sind sie der Meinung, doch der Regierungsrat winkt ab.
Der Streit zwischen Ärzten und Apothekern, wer Medikamente verkaufen darf und wer wem damit das Wasser abgräbt, ist alt. Im Kanton Bern wurde die Sache Mitte der 1980-er Jahre geregelt, mit einem Mischsystem.
Seither dürfen Ärzte nur noch in genau umrissenen Fällen uneingeschränkt Medikamente abgeben. Das ist in Ortschaften der Fall, in denen die Notfallversorgung nicht durch mindestens zwei öffentliche Apotheken abgedeckt ist.
Ansonsten dürfen Ärztinnen und Ärzte Medikamente zur Erstversorgung, bei Hausbesuchen und in Notfällen direkt an Patientinnen und Patienten abgeben.
Marktwirtschaftlicher Schutz für Apotheken
Dieser marktwirtschaftliche Schutz für und die Strukturerhaltung von Apotheken sei heute nicht mehr zeitgemäss, kommen die Vorstösserinnen und Vorstösser aus den Reihen von SP, Mitte, SVP, Grünen, GLP, SVP, FDP, EVP und EDU zum Schluss.
Apotheken hätten in den letzten Jahren ihr Angebot sinnvoll erweitern können, etwa gerade durch Impfungen oder ausgeweitete Abklärungen in der Grundversorgung. Das Handlungsfeld der Ärzte jedoch sei gleich geblieben.
Mit Blick auf den Haus- und Kinderärztemangel bringen die Vorstösser vor, dass der Aufbau und Betrieb einer Arztpraxis deutlich attraktiver werde, wenn die Ärzte wieder uneingeschränkt selber Medikamente abgeben könnten. Die Motionäre sind zudem überzeugt, dass mit einem Systemwechsel die Kosten im Gesundheitswesen reduziert werden könnten.
Für den Regierungsrat ist es nicht gesichert, dass sich eine generelle Erweiterung der Selbstdispensation auf die Niederlassung von Ärztinnen und Ärzte in Randregionen positiv auswirken würde. Er steht einer Aufhebung der Einschränkungen für die Ärzte kritisch gegenüber.
Regierungsrat: Mischmodell hat sich bewährt
Das bisherige Mischmodell habe sich bewährt, schreibt der Regierungsrat. Die Stärkung der Hausarztmedizin sei wichtig, doch die Motion wohl falsch, kommt die Regierung zum Schluss.
Die Führung einer Privatapotheke durch Ärzte sei zeitintensiv, so weiterhin vom Regierungsrat. Es gehe nämlich nicht bloss um Abgabe von Medikamenten, sondern auch um Beschaffung, Beschriftung, Lagerung und Qualitätssicherheit. Und ein Grossteil des Arzteschaft sei bereits heute stark ausgelastet.
Zu guter Letzt will der Regierungsrat auch nicht alte Gräben aufreissen. Denn Apotheker und Ärzte lagen sich jahrelang in den Haaren wegen der Medikamentenabgabe.
Erst in der vergangenen Dekade habe sich das Verhältnis normalisiert. So seien gar gemeinsame Projekte umgesetzt worden, wie etwa der Lehrstuhl am Berner Institut für Hausarztmedizin.
Das letzte Wort in der Sache hat das Kantonsparlament. Es wird über den Vorstoss befinden.