Neuer GFL-Präsi Robin Rieser: «Derzeit bekennen wir uns klar zu RGM»

Yves Schott
Yves Schott

Bern,

34-jährig und frisch in die Politik eingestiegen: Robin Rieser, neuer Präsident der Grünen Freien Liste (GFL), im BärnerBär-Interview.

Robin Rieser
Robin Rieser ist neuer Präsident der Grünen Freien Liste (GFL). - Daniel Zaugg

BärnerBär: Sie sind seit etwas mehr als einem Jahr Mitglied der GFL – und jetzt bereits Präsident. Sie müssen wahnsinnig talentiert sein!

Robin Rieser: (lacht) Ich masse mir nicht an, das selbst zu beurteilen. Ich würde talentiert deshalb mit engagiert ersetzen.

BärnerBär: Ist die Personaldecke bei der GFL so dünn, dass sich niemand anderes gemeldet hat? Jemand, der etwas mehr Erfahrung hat als sie?

Rieser: Infrage gekommen wären schon andere, sicher. Ehrlicherweise gestaltete sich die Suche nach einer geeigneten Person hingegen schwierig. Im Vorstand wurde viel diskutiert. Zur Option stand auch eine Struktur ohne Präsidium.

Wir entschieden uns, die Aufgaben, die Tanja Miljanović und Matthias Humbel innehatten, auf mehrere Schultern zu verteilen, darum wurde auch das Vizepräsidium erweitert. Mit dieser Arbeitsaufteilung konnte ich mir die Ausführung dieses Amts dann gut vorstellen.

BärnerBär: Sie üben verschiedene Jobs aus. Welche Ihrer Tätigkeiten nimmt Sie am stärksten in Beschlag?

Rieser: Jene beim Gesundheitsverband, wo ich im Bereich Public Health arbeite. Im öffentlichen Töpferatelier bin ich ein bis zwei Abende pro Woche; als Crossfit-Trainer darf ich mich ein bis zwei Mal pro Monat einbringen.

Robin Rieser GFL
Robin Rieser steht im grossen Interview mit dem BärnerBär Red und Antwort. - Dan Zaugg

BärnerBär: Welche Ziele haben Sie sich als GFL-Präsident gesetzt?

Rieser: Vor allem, Ruhe in die Partei zu bringen. Wir hatten nach den Wahlen eine eher schwierige Zeit durchlebt, was in der Öffentlichkeit breit aufgenommen wurde. Wir wollen uns nun wieder auf unsere Stärken fokussieren.

BärnerBär: Geht es bei Rot-Grün-Mitte also wieder harmonischer zu und her als auch schon?

Rieser: Definitiv. Die ärgsten Wogen sind geglättet. Wir ecken parteiintern zwar regelmässig gegenseitig an, weil wir bekanntermassen gerne kontrovers, aber konstruktiv diskutieren.

Und natürlich stehen wir innerhalb des RGM-Bündnisses häufig etwas schräger da als die anderen. Doch so soll es ja sein in einem lebendigen demokratischen Bündnis.

BärnerBär: Tanja Miljanović unterstellte der SP im Januar ein «Machtgebaren». Wie erleben Sie die Berner Sozialdemokraten heute?

Rieser: Sie sind logischerweise die stärkste Partei im Stadtrat. Generell hängt es von den jeweiligen Geschäften ab: Aus unserer Fraktion ist zu hören, dass die SP öfters ihr Powerplay aufzieht und es dazu nutzt, um ihre politischen Ziele durchzusetzen.

Das ist nicht per se schlimm, andere würden sich wahrscheinlich ähnlich verhalten.

Interessierst du dich für Lokal-Politik?

BärnerBär: Und trotzdem höre ich aus Ihren Worten einen leichten Unmut gegenüber der SP.

Rieser: Nun, Variantenentscheide gehen dadurch häufig verloren. Wir vermissen eine gewisse Breite in der Diskussion der Themen, über die wir gerne noch intensiver debattieren würden.

BärnerBär: Sie fühlen sich innerhalb von RGM aber schon respektiert und ernst genommen?

Rieser: (bestimmt) Ja.

BärnerBär: Ihre beiden Vorgänger spielten im BärnerBär-Interview vom März laut mit dem Gedanken, RGM zu verlassen. Sie wiederum erklärten kürzlich in der «Hauptstadt», sie seien «Stand jetzt» Teil dieses Bündnisses. Das tönt alles nicht so nach inniger Liebe.

Rieser: (überlegt) Aktuell ist die Konstellation alternativlos; auszuscheren ergibt keinen Sinn. In Bern wäre für uns ideell auch zu wenig ähnlicher Spielraum vorhanden.

Viel wichtiger ist uns daher, innerhalb von RGM Akzente zu setzen und uns konstruktiv einzubringen. Bezüglich Zukunft … ich besitze keine Kristallkugel. Es wäre vermessen zu behaupten, RGM sei für immer und ewig gesetzt. Derzeit bekennen wir uns aber klar dazu.

BärnerBär: Alec von Graffenried wurde als Stadtpräsident degradiert. Welchen Eindruck haben Sie von ihm unterdessen? Ist er wohl als Polizeidirektor?

Rieser: Ja, ich denke, er hat sich gut eingelebt und kann in dieser Rolle durchaus Akzente setzen. Der Start war schwierig, zweifellos, als Gemeinderat der GFL sowieso. Ich nehme ihn als motiviert wahr.

BärnerBär: Nach den wüsten Ausschreitungen in Bern fordern Bürgerliche von Alec von Graffenried Konsequenzen und dass er sich schärfer positioniert. Verstehen Sie diese Kritik?

Rieser: Die GFL denkt grün, liberal und sozial. So sind übrigens Alecs Aussagen im «Bund» zu deuten, wonach er nicht will, dass in Zukunft einfach unbescholtene Personen grundlos überwacht werden.

Und diese Gefahr würde bei einem grossflächigen Videoeinsatz bestehen.

«Es braucht Lösungen statt Schuldzuweisungen»

BärnerBär: Wie stufen Sie selbst die Ausschreitungen ein?

Rieser: Wir müssen über Inhalte sprechen und nicht mit dem Finger aufeinander zeigen, um Schuld zuzuweisen. Ich hatte den Eindruck, dass das eigentliche Thema nach der Demo in den Hintergrund geraten ist.

Manche Forderungen von bürgerlicher Seite hatten da einen eindeutig populistischen Touch.

BärnerBär: Etwa jene nach einem Verbot der Antifa?

Rieser: Genau. Zu sagen, es habe sich hier um lauter Chaoten gehandelt, ist genauso wenig konstruktiv wie die Behauptung von ganz linker Seite, die der Polizei vorwirft, sie habe die Situation gezielt eskalieren lassen.

Wir sollten besser darüber reden, wie wir in Zukunft das optimale Mittelmass an Sicherheit finden, damit sowohl die städtische Infrastruktur wie auch Demo-Teilnehmende geschützt sind – selbst wenn der Anlass unbewilligt war.

Es braucht Lösungen statt Schuldzuweisungen.

«Die GFL ist grundsätzlich eine attraktive Partei»

BärnerBär: Was erhoffen Sie sich von den kantonalen Wahlen Ende März?

PERSÖNLICH

Robin Rieser, Jahrgang 1991, wurde in Bern geboren und wuchs in Koppigen auf. Er studierte in Bern Sportwissenschaften sowie Physiotherapie. Er wohnt seit 2012 in Bern und hat zwei Hunde.

Rieser: Wir wollen unbedingt die beiden Sitze von Brigitte Hilty-Haller und Manuel C. Widmer verteidigen. Dazu haben wir mit Tanja Miljanović, Mirjam Roder und Michael Rufer drei Kandidierende mit grossem Potenzial, die wir für künftige Wahlen in Position bringen wollen.

BärnerBär: Mehrere Politbeobachter fürchten um die Zukunft der GFL, insbesondere, wenn Alec von Graffenried Ende 2028 abtritt. Existiert bereits eine Strategie, um diesen Sitz zu verteidigen?

Rieser: Ich höre oft, die GFL sei die Partei der ewig gleichen Köpfe. Wir sind gerade dabei, diese Wahrnehmung zu durchbrechen – mit neuen Namen sowohl bei den Grossratswahlen wie im Vorstand.

Die GFL ist grundsätzlich eine attraktive Partei, in der vieles, auch Unbequemes, diskutiert werden darf. Die Frage ist jetzt, wie wir uns neben dem GB und der SP positionieren, um bei der Bevölkerung wahrgenommen zu werden.

BärnerBär: Vielleicht suchen Sie für die Wahlen 2028 schlussendlich doch andere politische Partner?

Rieser: Das mag sein. Stand heute gehen wir klar davon aus, dass wir Teil des RGM-Bündnisses sind.

BärnerBär: Oder Sie überzeugen Alec von Graffenried, nochmals eine Legislatur anzuhängen.

Rieser: Mal sehen. Das diskutieren wir auch mit ihm noch (lacht).

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