Mehr Autos in der Stadt: Das sagt die Basler Politik
Im letzten Jahr stieg die Anzahl an Autos auf den Basler Strassen erneut. Geraten die ambitionierten Klimaziele so endgültig ausser Reichweite?

Das Wichtigste in Kürze
- Laut Verkehrsdepartement verkehrten 2024 in Basel-Stadt mehr Autos als im Vorjahr.
- Die Fahrzeuge wurden dabei auch grösser und schwerer, so die Behörde.
- Erstmals seit Langem stagnierte der Veloverkehr.
- Grüne und SP wünschen sich eine weitere Stärkung des Verkehrs mit Fahrrad sowie zu Fuss.
- SVP-Grossrat Joël Thüring betont dagegen, dass die Menschen sich nicht bevormunden lassen.
In der Stadt waren 2024 wieder mehr Autos unterwegs.
Dies geht hervor aus den neusten Verkehrskennzahlen, die das Bau- und Verkehrsdepartement des Kantons Basel-Stadt (BVD) am Montag veröffentlichte.

Demnach wurden die fahrbaren Untersätze vor allem auch grösser und schwerer, während der Anteil umweltschonender Fahrzeuge nur minimal zunahm. 2023 lag dieser noch bei 1,1 Prozent. Ein Jahr später sind es 1,3 Prozent.
Das Ziel, dass bis 2030 auf Basels Strassen 20 Prozent umweltschonende Autos verkehren, rückt in weite Ferne. In seiner Mitteilung beschreibt das BVD dies als «zunehmend schwierig erreichbar».

Auch beim Veloverkehr hakt es. Nachdem dieser zuletzt stets kontinuierlich gewachsen ist, stagniert er nun. Zuletzt gab es einen solchen Stillstand im Jahr 2012, als er sich im Vergleich zu 2011 nicht steigerte.

Raphael Fuhrer, Co-Präsident der Grünen Basel-Stadt, nimmt diese Zahlen besorgt zur Kenntnis.
Auf Anfrage schreibt er: «Mit der aktuellen Entwicklung werden wir unsere von der Bevölkerung verbindlich beschlossenen Klimaziele nicht erreichen.» Er nimmt dabei auch Bezug auf das Netto-Null-Ziel im Verkehr bis 2037.
Fuhrer fordert eine schnelle Umsetzung seiner Motion, die gerade schwere und grosse Autos mit hohem Ressourcenverbrauch stärker besteuern würde.

Gleichzeitig verlangt er mehr sichere Fahrradwege: «Damit sich auch diejenigen auf das Velo getrauen, die heute vor den zahlreichen Gefahrenstellen Angst haben.» Ein Drittel aller Autofahrten sei kürzer als drei Kilometer, so der Grünen-Politiker.
Um die Sicherheit zu erhöhen, brauche es auch mehr Tempo 30. Dies würde zusätzlich die Aufenthaltsqualität steigern.
Zuletzt wünscht sich Fuhrer konsequenteres Fördern von Carsharing. Sein Vorschlag: «Wir brauchen ein Super-U-Abo.» Dieses wäre dann auch zusätzlich für Car- beziehungsweise Bikesharing gültig.
Bei einer Aufgabe des eigenen Fahrzeugs solle man dieses «Super-U-Abo» zeitweise vergünstigt anbieten. Im Gegenzug müssten auch Parkplätze teurer werden.
SP: Veloverkehr «auf hohem Niveau gleich geblieben»
Weniger schlimm deutet die Zahlen SP-Grossrätin und -Präsidentin Julia Baumgartner. Sie sagt: «Der Veloverkehr ist nicht rückläufig, sondern auf hohem Niveau gleich geblieben.» Im Vergleich zum Indexjahr (2010) entspreche dies immer noch einer Zunahme von 65 Prozent.
Trotzdem pocht auch die Sozialdemokratin auf Verbesserungen im Langsamverkehr: «Der Fuss- und Veloverkehr sowie der öffentliche Verkehr müssen weiter gestärkt werden.» Die Fahrrad-Infrastruktur solle «dringend priorisiert» werden, nachdem der Veloverkehr in den vergangenen Jahren enorm zugenommen habe.

In einer Medienmitteilung meldete sich auch die GLP zu Wort. Dort ist von «Ernüchterung» ob der neuen Zahlen die Rede.

Die Partei von Regierungsrätin Esther Keller schreibt, dass «entgegen der Schwarzmalerei der Autolobbyisten» die Anzahl der Automobile im Kanton «bedauerlicherweise» sogar zunimmt. Diese würden regelmässig davon sprechen, dass «Basel autofeindlich sei».
Von Falkenstein wünscht sich «attraktive Anreize»
LDP-Vorstand Benjamin von Falkenstein hat sich auf Nau.ch-Anfrage ebenso zu den neuen Daten geäussert. Er schreibt: «Die Zahlen zeigen, dass für viele Menschen das Auto nach wie vor ein wichtiges Verkehrsmittel ist, auf welches nicht ohne weiteres verzichtet werden kann.»
Es brauche mehr Anreize anstelle der bisherigen Verdrängung des motorisierten Individualverkehrs. Eine einseitige Verkehrspolitik zulasten des Autos funktioniere nicht, so von Falkenstein.

Um die Klimaziele zu erreichen, brauche es attraktive Alternativen. Jedoch würden auch noch andere Faktoren neben dem Verkehr eine entscheidende Rolle spielen. Von Falkenstein nennt als Beispiel den Wohnschutz, der laut ihm im Gebäudebereich Netto-Null aktuell verhindert.
Weniger negativ interpretiert die Zahlen Grossrat Joël Thüring von der SVP. «Die Bürger lassen sich nicht bevormunden und gewichten die individuelle Freiheit zu Recht sehr hoch», sagt er. Dies sei zu begrüssen.
Er sieht eine links-ideologisierte Verkehrspolitik, die an der Realität vorbeiziele. «Menschen möchten möglichst unabhängig mobil sein.»

Der Kanton solle künftig wieder vermehrt das Auto berücksichtigen, fordert Thüring. Dazu gehöre etwa die Schaffung neuen Parkraums und ein grösserer Fokus auf das Miteinander.