Das Deutsche Kinderhilfswerk hat die Zahl der vermissten Flüchtlingskinder veröffentlicht. Sie ist auf dem höchsten Stand seit drei Jahren.
Flüchtlinge beim Verlassen der «Ocean Viking»
Flüchtlinge beim Verlassen der «Ocean Viking» - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Momentan ist der Stand der vermissten Flüchtlingskinder sehr hoch.
  • Zuletzt galten vor drei Jahren so viele Kinder als vermisst.

Die Zahl vermisster Flüchtlingskinder ist nach Angaben des Deutschen Kinderhilfswerks auf dem höchsten Stand seit drei Jahren. 2009 Kinder und Jugendliche derzeit als vermisst eingetragen.

Derzeit seien nach aktuellen Angaben des Bundeskriminalamtes 2009 Kinder und Jugendliche im Informationssystem der Polizei (INPOL) als vermisst eingetragen. Dabei handelt es sich nur um Kinder, die als unbegleitete Flüchtlinge nach Deutschland kamen. Das teilte die Organisation am Freitag mit. Seit Beginn des vergangenen Jahres stieg diese Zahl demnach um zehn Prozent.

Die Kinderrechtsorganisation forderte, die Aufklärungsmassnahmen zum Schutz dieser Kinder zu verstärken.

«Erfassungssysteme müssen verbessert werden.»

«Die gestiegenen Zahlen bei den vermissten Flüchtlingskindern zeigen, dass grenzübergreifende und nationale Kinderschutzsysteme sowie die damit verbundenen Erfassungssysteme verbessert werden müssen», erklärte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks, Holger Hofmann. «Nur so können Kinder und Jugendliche, die nach Europa flüchten, von Anfang an besser unterstützt und geschützt werden.»

Bisher sei zu wenig über die Situation der Betroffenen bekannt. «Deshalb gilt es dringend, die Gründe besser zu erforschen, warum die Kinder vermisst werden und in welchen Lebenssituationen sie sich befinden», so Hofmann.

Nur wenn die Ursachen für das Verschwinden klarer seien, könne zielgerichtet in Präventionsmassnahmen investiert werden. «Zudem sind gut ausgestattete Kinder- und Jugendhilfesysteme, zeitnah gesicherte Aufenthaltsperspektiven und Möglichkeiten des Familiennachzugs von besonderer Bedeutung», betonte Hofmann.

Standards sind teils ausser Kraft gesetzt

Das Deutsche Kinderhilfswerk verwies darauf, «dass die Kinder- und Jugendhilfesysteme in vielen Kommunen nur unzureichend mit der gestiegenen Zahl unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter Schritt halten». Standards bei der Betreuung und Unterbringung seien teils ausser Kraft gesetzt. «Auch das ist kinderrechtlich höchst problematisch», so Hofmann.

Natürlich sei nicht auszuschliessen, «dass Flüchtlingskinder zu Verwandten weitergereist sind oder es bei ihrer Umverteilung Fehler in der Datenerfassung gibt». Dazu gebe es aber «überhaupt keine belastbaren Zahlen». Ausserdem müsse davon ausgegangen werden, «dass es auch Flüchtlingskinder gibt, die nach ihrer Einreise in Deutschland gar nicht erfasst worden sind». Insofern gebe es auch noch eine gewisse Dunkelziffer, «aber auch hier gibt es keinerlei verlässliche Zahlen».

In einigen europäischen Ländern erfolgt eine Einschätzung der Schutzbedürftigkeit, wenn unbegleitete Minderjährige vermisst werden. Dies sollte aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerks auch in Deutschland Standard werden. Hier sei die Bundesregierung gefordert, entsprechend tätig zu werden.

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