Bundespräsident Alain Berset besuchte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Während seines Besuches kam es zum Raketenalarm.
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Bundespräsident Alain Berset stattete dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj einen 12-stündigen Besuch ab. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Alain Berset besuchte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew.
  • Der Bundespräsident nahm an zwei Gedenkfeiern teil und sprach alleine mit Selenskyj.
  • Während seines Besuches wurde ein Raketenalarm ausgelöst.

Bundespräsident Alain Berset hat am Samstag einen ereignisreichen Überraschungsbesuch in Kiew absolviert. Er besuchte zwei Gedenkfeiern und hatte ein Vier-Augen-Gespräch mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj. Danach musste der Bundespräsident wegen eines Raketenalarms in Sicherheit gebracht werden.

«Ich bin hier, um die Solidarität der Schweiz mit der Ukraine zu bekräftigen, jetzt und auf lange Sicht». Das sagte der Bundespräsident bei seinen Gesprächen.

Berset betonte die Unterstützung der Schweiz für die Bemühungen der Ukraine, ihren Weizen trotz der russischen Blockade zu exportieren. Während seiner Rede mussten der Bundesrat und die anderen anwesenden führenden Politiker den Präsidentenpalast eilig verlassen. Mit dabei waren Selenskyj, die litauische Premierministerin Ingrida Simonyte und der lettische Präsident Edgars Rinkevics.

Fehlalarm

Ein Marschflugkörper-Alarm, der sich schliesslich als Fehlalarm herausstellte, war über Kiew ertönt. Dies kommt recht häufig vor, teilten die Sicherheitsdienste auf Anfrage des vor Ort anwesenden Journalisten von Keystone-SDA mit.

Berset und die Schweizer Delegation mussten rund 20 Minuten lang im Untergeschoss des Gebäudes Schutz suchen. Zur Delegation gehörte auch Patricia Danzi, Direktorin der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza). Ihre Sicherheit war zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Die ukrainischen Gastgeber verhielten sich während der gesamten Episode jedenfalls sehr ruhig, wie der Journalist von Keystone-SDA berichtete.

Viele Drohnenangriffe

Einige Stunden zuvor, kurz vor Bersets Ankunft, hatten die Ukrainer bereits sechs Stunden lang in den Schutzräumen Zuflucht suchen müssen. Russland hatte Kiew mit rund siebzig Drohnen angegriffen. Diese konnten praktisch alle von der Luftabwehr zerstört werden.

Nach diesen Vorfällen konnte der Bundesrat seinen Staatsbesuch mit einem Arbeitsessen mit Premierminister Denys Schmyhal fortsetzen. Dieser empfing ihn nach dem 45-minütigen bilateralen Gespräch mit Selenskyj. Bei dieser Gelegenheit konnte Berset die Unterstützung der Schweiz für das geschundene Land bekräftigen und die russische Aggression erneut verurteilen: «Diese verursacht Chaos in der Welt, und die Schweiz hat kein Interesse an Chaos», sagte Berset.

Volle Unterstützung

Seine Botschaft an Kiew lautete, die Ukraine nicht zu vergessen, trotz der zahlreichen Krisen, die parallel dazu die Welt erschüttern. Berset nutzte seinen nur zwölfstündigen Staatsbesuch auch, um am zweiten internationalen Gipfel zur Ernährungssicherheit teilzunehmen. Dieser war von Kiew initiiert worden.

Ziel war es, Durchgangswege oder «logistische Alternativen» zu finden, um die Fortsetzung der ukrainischen Getreideexporte in die Welt zu ermöglichen.

Diese Lieferungen sind weitgehend blockiert, seit Russland im vergangenen Sommer seine Teilnahme an der Initiative «Getreide am Schwarzen Meer» aussetzte. Dadurch wurden die Lieferketten weltweit gestört.

Die litauische Premierministerin Simonyte zog dabei Parallelen zu der schrecklichen Hungersnot Holodomor von 1932 und 1933. In der Ukraine kamen dabei zwischen 2,6 und 7 Millionen Menschen (Schätzungen gehen auseinander) ums Leben.

Das heutige russische Regime wende die gleichen Methoden an wie das damalige Sowjetrussland unter Josef Stalin. Ihrer Meinung nach und dem Europäischen Parlament zufolge hatte dieser den Völkermord Holodomor inszeniert. Russland bestreitet diese Version.

Berset kündigte an, dass die Schweiz drei Millionen Franken für das Nahrungsmittelprogramm in der Ukraine bereitstellen wird. Er erinnerte daran, dass die Schweiz kürzlich weitere 100 Millionen Franken für die Ukraine bereitgestellt hat. Das Geld soll für die Unterstützung der Minenräumung, insbesondere in landwirtschaftlichen Gebieten, verwendet werden.

Emotionale Momente

Am frühen Morgen, kaum aus dem Nachtzug ausgestiegen, hatte der Bundespräsident in Butscha einen emotionalen Moment erlebt. Die Stadt war im Frühling 2022 Schauplatz eines schrecklichen Massakers der russischen Armee an Zivilisten: eine Version, die vom Kreml trotz zahlreicher Dokumente bestritten wird.

Sein Gang durch die orthodoxe Kirche des Ortes war von Emotionen geprägt. Die Kirche befindet sich am Rande des Massengrabs, wo Dutzende von Leichen gefunden worden waren. Berset legte Blumen nieder und sprach kurz mit dem Generalstaatsanwalt Andriy Kostin.

Im Anschluss nahm Berset im Nationalmuseum in Kiew an den Gedenkfeiern zur Erinnerung an die Hungersnot Holodomor teil. Er war unter anderem in Begleitung von Selenskyj und seiner Frau Olena Selenska. Berset stellte eine Kerze auf dem Gelände ab, bevor er seinen Besuch fortsetzte. Dieser ähnelte letztlich eher einem Sprint als einem Marathon mit Hindernissen.

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