Nach einem Etappensieg im Parteiausschlussverfahren gegen Thilo Sarrazin rechnet die SPD-Spitze mit einem endgültigen Rauswurf des früheren Berliner Finanzsenators.
Thilo Sarrazin
Thilo Sarrazin - dpa/dpa/picture-alliance/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Früherer Berliner Finanzsenator sieht sich unfair behandelt.
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Der Vorstand sehe sich für das weitere Verfahren «gut gewappnet», sagte Generalsekretär Lars Klingbeil am Freitag in Berlin. «Wir haben die Argumente und die Fakten auf unserer Seite.» Sarrazin beklagte ein unfaires Verfahren gegen ihn.

Die Schiedskommission der Berliner Landes-SPD hatte am Mittwoch eine Entscheidung des Ortsverbands Charlottenburg Wilmersdorf bestätigt, wonach Sarrazin aus der Partei auszuschliessen sei. Die Entscheidung ist aber noch nicht endgültig. Sarrazin hatte bereits im Vorfeld angekündigt, im Falle einer Niederlage vor die Bundesschiedskommission zu ziehen.

Klingbeil begrüsste die Entscheidung der Landesschiedskommission. «Ich bin froh über diese Entscheidung», sagte er am Freitag in Berlin. Die Schiedskommission sei der Argumentation des Bundesvorstands gefolgt, wonach Sarrazin der Partei «schweren Schaden» zugefügt habe.

Auslöser des mittlerweile dritten Parteiordnungsverfahrens gegen Sarrazin war sein 2018 erschienenes Buch «Feindliche Übernahme: Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht». Klingbeil verwies am Freitag ausserdem auf «Wahlkampfhilfe» Sarrazins für die rechtspopulistische österreichische Partei FPÖ sowie verschiedene öffentliche Auftritte des Ex-Politikers.

Sarrazin habe sich "antimuslimisch" und rassistisch" geäussert, sagte Klingbeil. Wer spalte und gegen Minderheiten hetze, habe keinen Platz in der SPD. In einem solchen Fall müsse die Partei gerade in den der heutigen "polarisierten" Zeit "klare Haltung" zeigen. "Die SPD steht für Zusammenhalt."

Es handelt sich bereits um das dritte Ausschlussverfahren, das der SPD-Bundesvorstand gegen Sarrazin führt. Das erste war erfolglos geblieben. Im zweiten Fall endete das Verfahren im Frühjahr 2011 mit einer Art Vergleich: Sarrazin versicherte, sich künftig an die Grundsätze der SPD zu halten, die Anträge auf Parteiausschluss wurden zurückgenommen.

Klingbeil sagte, die Landesschiedskommission sei bei der aktuellen Entscheidung fast genauso zusammengesetzt gewesen wie beim ersten Ausschlussverfahren vor zehn Jahren. Damals hatte das Gremium den Ausschlussantrag abgewiesen. Jetzt hätten «fast die selben Personen» anders entschieden, betonte Klingbeil.

Sarrazin sieht sich in der ganzen Angelegenheit unfair behandelt. «Offenbar stand das Urteil schon vorher fest», sagte er dem ARD-Hauptstadtstudio. Auf seine Argumente sei im Verfahren vor der Landesschiedskommission nicht eingegangen worden. Zu seinem Buch «Feindliche Übernahme» sagte er, es handele sich um «ein wissenschaftliches Sachbuch, das niemanden beschimpft, das im Ton völlig neutral ist, welches aber unliebsame Fakten präsentiert».

Ihm gehe es auch darum, seine Partei vor Schaden zu bewahren, beteuerte Sarrazin. «Denn wenn sich diese Linie, 'Gesinnung kommt vor Wahrheit', durchsetzt, ist es um die SPD langfristig wirklich geschehen.»

Klingbeil räumte in seiner Stellungnahme vor Journalisten ein, dass das Parteiordnungsverfahren Sarrazin in gewisser Weise auch nütze. Für den Ex-Politiker sei es ein «geeignetes Argument», um Aufmerksamkeit zu erregen und «Bücher zu verkaufen». Dennoch sei es richtig, das Ausschlussverfahren zu betreiben, da es hier um «grundsätzliche Fragen» gehe.

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