Die Präsidentschaftswahl im Iran ist von einer geringen Beteiligung und der tiefen Wirtschaftskrise im Land überschattet worden.
Stimmabgabe in Teheran
Stimmabgabe in Teheran - AFP
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Ultrakonservativer Kandidat Raisi gilt als Favorit im Rennen um Präsidentenamt.

Wegen der geringen Wahlbeteiligung wurde die Öffnung der Wahllokale bis Samstag um 02.00 Uhr verlängert. Nach dem Ausschluss aller anderen aussichtsreichen Kandidaten galt die Wahl des ultrakonservativen Justizchefs Ebrahim Raisi als nahezu sicher.

Das geistliche Oberhaupt des Landes, Ayatollah Ali Chamenei, gab in der Hauptstadt Teheran als Erster seine Stimme ab - als Vorbild für die gut 59 Millionen Wahlberechtigten. «Je eher ihr diese Aufgabe und Pflicht erfüllt, desto besser», sagte der 81-Jährige. Die Abstimmung «dient dazu, die Zukunft» des iranischen Volkes aufzubauen.

Dennoch lag die Wahlbeteiligung nach zwölf Stunden laut Nachrichtenagentur Fars landesweit erst bei 37 Prozent. Die Öffnung der Wahllokale wurde daher am späten Abend um zwei Stunden bis 02.00 Uhr (Ortszeit, 23.30 Uhr MESZ) verlängert.

Die Wahlergebnisse wurden für Samstagmittag (etwa 09.30 Uhr MESZ) erwartet. Sollte kein klarer Gewinner aus der Abstimmung hervorgehen, findet am 25. Juni eine Stichwahl statt.

Nach dem Ausschluss aller anderen aussichtsreichen Kandidaten galt die Wahl des ultrakonservativen Justizchefs Ebrahim Raisi als nahezu sicher. Allerdings hatte es bei den iranischen Präsidentschaftswahlen in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Überraschungen gegeben.

Raisi war schon bei der Präsidentschaftswahl 2017 angetreten. Damals unterlag er dem moderaten Amtsinhaber Hassan Ruhani, der nun nach zwei Amtszeiten nicht erneut kandidieren durfte. Er soll das Präsidentenamt im August an seinen Nachfolger übergeben.

Der 60-jährige Geistliche Raisi sieht sich als Nachfahre des Propheten Mohammed, im schiitischen Klerus hat er den zweithöchsten Rang eines Hodschatoleslam inne. Als Politiker präsentiert sich der Ultrakonservative als «unerbittlicher» Kämpfer gegen Armut und Korruption.

Von den ursprünglich knapp 600 Bewerbern hatte der Wächterrat nur sieben Kandidaten zugelassen. So durfte der moderat-konservative Ex-Parlamentspräsident Ali Laridschani, Chefunterhändler des Atomabkommens, überraschenderweise nicht kandidieren. Drei weitere Anwärter warfen zwei Tage vor der Abstimmung das Handtuch.

Gegen Raisi traten damit nur drei Kandidaten an: der Abgeordnete Amirhossein Ghasisadeh-Haschemi, der frühere Chef der Revolutionsgarden, Mohsen Resai, und als einziger reformorientierter Kandidat Ex-Zentralbankchef Abdulnasser Hemmati.

Viele Wähler gaben an, ihre Stimme Raisi geben zu wollen. Die Krankenschwester Sahebiyan sagte, sie hoffe, dass er «das Land voranbringt und die Menschen vor wirtschaftlicher, kultureller und sozialer Entbehrung bewahrt».

Während im iranischen Staatsfernsehen Bilder von Flaggen schwenkenden Wählern dominierten, wurde abseits der Kameras vielfach Unmut laut. «Ob ich jetzt wähle oder nicht, es wurde schon jemand gewählt», sagte der Teheraner Ladenbetreiber Said Sareie mit Blick auf die Vorauswahl der Präsidentschaftskandidaten. «Sie organisieren die Wahlen für die Medien.»

Der Teheraner Automechaniker Nasrollah sagte: «Alle Familien stehen vor wirtschaftlichen Problemen. Wie können wir für diese Leute stimmen, die uns das angetan haben?»

Die iranische Exil-Opposition hatte zum Boykott der Wahl aufgerufen. Sie sieht in der Abstimmung in erster Linie den Versuch, den Einfluss der Ultrakonservativen im Land zu zementieren.

Angesichts der schweren wirtschaftlichen und sozialen Krise im Iran ist die Unzufriedenheit der Bürger gross. Die Wirtschaft des ölreichen Landes ist infolge der strikten US-Sanktionen am Boden, die Bevölkerung leidet unter der anhaltenden Inflation und Arbeitslosigkeit. Die Corona-Krise verschlimmerte die Lage zusätzlich.

Die politische Macht liegt im Iran seit der Revolution 1979 beim geistlichen Oberhaupt des Landes. Als höchster Vertreter des Staatsapparats übt der Präsident jedoch bedeutenden Einfluss etwa in der Industriepolitik und der Aussenpolitik aus.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

ArbeitslosigkeitHassan RuhaniAli ChameneiAbstimmungOppositionKorruptionInflationCoronavirusArmut