Zwischen Paris und Berlin gab es jüngst Irritationen, was die Unterstützung der Ukraine angeht. Eine Kluft zwischen den Ländern sieht Paris aber nicht.
Stéphane Séjourné
Frankreichs Aussenminister Stéphane Séjourné. - keystone

Trotz unterschiedlicher Positionen bei der Unterstützung der Ukraine sieht der französische Aussenminister Stéphane Séjourné keine Kluft zwischen Frankreich und Deutschland. «Es gibt keinen deutsch-französischen Konflikt, wir sind uns bei 80 Prozent der Themen einig», sagte Séjourné am Samstag im Interview der französischen Zeitung «Le Monde». Er habe mit seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock (Grüne) gesprochen, die er am Dienstag in Paris treffe. «Es besteht der Wille, miteinander zu sprechen.»

Während Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffskriegs weiterhin kategorisch ausschliesst, hat Frankreich vergleichbare SCALP-Raketen Kiew bereits zur Verfügung gestellt und die Lieferung weiterer Exemplare angekündigt.

Auf die Ankündigung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am vergangenen Montag bei einem Treffen zahlreicher Staats- und Regierungschefs, dass er den Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine nicht ausschliesse, kam prompt eine Absage aus Berlin. Einen Einsatz von Bodentruppen werde es aus deutscher Sicht nicht geben, sagte Scholz.

«Ich sage es ganz ehrlich: Alles, was wir zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeschlossen haben, haben wir aufgrund der Situation sechs Monate später getan», sagte Séjourné. Deutschland und Frankreich unterstützten die Ukraine unterschiedlich intensiv, zum Beispiel bei den Raketen. «Das ist kein Drama, denn wir haben das gleiche Ziel, die Ukraine zu unterstützen.»

Mehr Kohärenz beim europäischen Vorgehen nötig

Nötig sei aber mehr Kohärenz beim europäischen Vorgehen. «Wenn man zwei Wochen vor dem Treffen den deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius sagen hört, dass wir uns in den nächsten fünf Jahren wahrscheinlich im Krieg mit Russland befinden werden, dann muss man unserer Meinung nach die Konsequenzen daraus ziehen.» Die Debatte müsse nun in Europa geführt werden.

Macron habe die Teilnehmer der Ukraine-Hilfskonferenz in Paris nicht überrumpelt, sagte der Aussenminister. «Sie wussten sehr wohl, was auf der Tagesordnung stand und dass es nicht darum ging, kämpfende Bodentruppen zu entsenden.» Es gehe darum, das Kräfteverhältnis mit Moskau umzukehren. «Es ist notwendig, diese Debatte unter uns zu führen, auch wenn es noch keinen Konsens gibt.» Im Wesentlichen hätten alle die gleiche Analyse der Situation und die gleichen Ziele, Russland scheitern zu lassen.

Für Irritationen hatte Bundeskanzler Scholz mit der Andeutung gemacht, Grossbritannien oder Frankreich hätten Soldaten in der Ukraine zur Programmierung ihrer gelieferten Marschflugkörper, was Deutschland so nicht machen könne. Zur Frage einer Präsenz französischer Soldaten in der Ukraine sagte der Aussenminister nun: «Im Moment gibt es keine militärische Präsenz, sondern nur Unterstützung in Form von Material und Waffen.»

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