Angesichts der schweren Unruhen im französischen Überseegebiet Neukaledonien will Frankreichs Präsident Macron eine umstrittene Reform zunächst zurückhalten.
Neukaledonien-Krise
Während seines Besuchs würden Entscheidungen getroffen und Ankündigungen gemacht, versprach Macron. - Ludovic Marin/AFP Pool via AP/dpa

Die von Paris geplante Verfassungsänderung sollte Tausenden französischstämmigen Bewohnern der Inselgruppe im Südpazifik das Wahlrecht einräumen und hatte Proteste ausgelöst. «Ich habe mich dazu verpflichtet, dass diese Reform derzeit im aktuellen Kontext nicht in Kraft tritt», sagte Macron nach langen Gesprächen mit politischen Verantwortlichen in der Inselhauptstadt Nouméa am Donnerstag. Man wolle sich einige Wochen Zeit geben, damit die Situation sich beruhige und politische Gespräche wieder aufgenommen werden könnten. Die Reform sei politisch aber legitim.

Macron forderte von den politischen Kräften vor Ort, in den kommenden Stunden und Tagen zu einem Ende der Blockaden aufzurufen. «Der Weg in die Zukunft ist von der Glut blockiert.» Anschliessend solle der aktuell geltende Ausnahmezustand aufgehoben werden und der politische Dialog wieder beginnen. In einem Monat wolle er dann erneut auf die Situation schauen und Entscheidungen treffen.

Im Kern dreht sich der Konflikt um das Verhältnis des etwa 1500 Kilometer östlich von Australien gelegenen Archipels zu Frankreich. Die Inselgruppe geniesst weitgehende Autonomie. Bei drei Volksabstimmungen 2018, 2020 und 2021 stimmten die Bewohner der ehemaligen französischen Kolonie für einen Verbleib bei Frankreich. Seit dem letzten, von den Separatisten boykottierten Votum, stocken jedoch die Gespräche über einen neuen Status. Eigentlich sollte dieser bereits bis zum vergangenen Juni gefunden sein. Für Frankreich ist Neukaledonien vor allem militärisch und geopolitisch sowie wegen grosser Nickelvorkommen von Bedeutung.

Umfassende Einigung über die Wählerschaft

Macron betonte nun, sein Ziel sei es, dass eine umfassende Einigung über die Wählerschaft, die Staatsbürgerschaft, einen neuen Sozialvertrag, die Kräfteverteilung und die wirtschaftliche Zukunft gefunden werden solle. Es müsse nun Vertrauen zwischen den Dialogpartnern wiedergefunden werden. Derzeit gebe es keine gemeinsame Zukunftsvision zwischen Loyalisten und Unabhängigkeitsbefürwortern auf der Inselgruppe. Der Staatschef mahnte: «Unsere kollektive Verantwortung ist immens.»

Bei den Krawallen, die vor mehr als einer Woche begannen, wurden zahlreiche Geschäfte zerstört und geplündert. Der Flughafen von Nouméa ist weiterhin für alle kommerziellen Flüge geschlossen. Frankreich entsandte zusätzliche Sicherheitskräfte auf die Inselgruppe. Diese würden so lange wie nötig in Neukaledonien bleiben, sagte Macron. Inzwischen hat sich die Lage etwas beruhigt. Der Sender 1ère Nouvelle-Calédonie zitierte aber einen Lokalpolitiker mit den Worten, dass sich die Situation auch jederzeit wieder verschlimmern könne. «Es herrscht ein unbeschreibliches Chaos», sagte er.

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