Bei ihrem wohl letzten Besuch als Bundeskanzlerin in den Ländern des Westbalkans hat sich Angela Merkel enttäuscht über den stockenden EU-Beitrittsprozess von Albanien und Nordmazedonien gezeigt.
Merkel in Albanien
Merkel in Albanien - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bundeskanzlerin in Albanien: EU muss ihr Wort halten.

Die Beitrittsverhandlungen mit den beiden Ländern hätten noch unter deutscher EU-Präsidentschaft im vergangenen Jahr anlaufen sollen, sagte Merkel am Dienstag in Albaniens Hauptstadt Tirana. «Leider ist uns das nicht gelungen.»

Die EU und ihre Mitgliedstaaten rief Merkel auf, «Wort zu halten». Wenn die Bedingungen für weitere Schritte im Beitrittsprozess erfüllt seien, müssten diese auch vollzogen werden. Es könne nicht sein, dass die EU sich dann «aus innenpolitischen Gründen vielleicht in manchen Ländern» einfach neue Bedingungen ausdenke. «Sonst entsteht Enttäuschung und solche Enttäuschung gab es schon.»

Die 27 EU-Staaten hatten sich Anfang vergangenen Jahres nach langem Streit auf Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien verständigt. Die EU-Kommission hatte beiden Ländern bereits 2018 bescheinigt, die nötigen Reformen umgesetzt zu haben. Einige EU-Länder, allen voran Frankreich, bremsten jedoch, bis schliesslich das Verfahren für künftige Beitrittskandidaten verschärft wurde.

Beginnen konnten die Verhandlungen seither immer noch nicht. Das EU-Land Bulgarien blockiert seit Monaten den Abschluss eines dafür nötigen Rahmenabkommens. Die Regierung in Sofia fordert, dass Nordmazedonien zuerst bulgarische Wurzeln in seiner Sprache, Bevölkerung und Geschichte anerkennen müsse. Dem vorausgegangen war zuvor eine jahrelange Blockade Griechenlands wegen eines historischen Namensstreits mit dem früheren Mazedonien.

Der derzeitige slowenische EU-Vorsitz hat für den 6. Oktober ein Gipfeltreffen mit den Ländern des Westbalkans angesetzt. Bei dieser Gelegenheit erwarte sie allerdings nur «kleine, keine übergrossen» Fortschritte, sagte die Kanzlerin.

Für Merkel bedeuten die anhaltenden Verzögerungen einen Rückschlag. Sie setzt sich seit Jahren im von ihr initiierten «Berliner Prozess» für eine Annäherung des Westbalkans an die EU ein. In diesem Rahmen reiste sie nun auch ein letztes Mal nach Serbien und Albanien. In Tirana führte sie multi- und bilaterale Gespräche mit den Regierungschefs von Albanien, Nordmazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien und Kosovo.

Den Ländern versicherte sie, dass sich Deutschland ungeachtet des Ausgangs der Bundestagswahl weiter für sie einsetzen werde. «Jeder neue Bundeskanzler wird ein Herz für diese Region haben.»

Auch persönlich werde sie sich weiter engagieren, fügte Merkel hinzu. Sie beabsichtige nach Ende ihrer Amtszeit zwar keine aktive politische Rolle, «aber ich werde eine Freundin des Balkans bleiben und wenn man mich um Rat fragt auch sicher Rat geben».

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