Mehr als 3500 Festnahmen bei Anti-Putin-Protesten in Russland
Die Verhaftung des Oppositionellen Alexej Nawalny hat in Russland eine Welle der Proteste ausgelöst. Die Polizei greift hart durch.

Das Wichtigste in Kürze
- Am Samstag kam es in Russland landesweit zu Protesten gegen die Putin-Regierung.
- Nach Angaben von Bürgerrechtlern wurden dabei mehr als 3500 Menschen verhaftet.
- Der verhaftete Oppositionelle Alexej Nawalny hatte zuvor einen Bericht veröffentlicht.
- Demnach habe sich Putin mit Bestechungsgeldern einen Luxuspalast gebaut.
Die Inhaftierung des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny hat in Russland landesweite Proteste ausgelöst. Nach Angaben von Bürgerrechtlern sind am Samstag mehr als 3500 Menschen festgenommen worden. Allein in Moskau habe es etwa 1360 Festnahmen gegeben, teilte die Organisation OWD Info am Sonntag mit. Mehrere Demonstranten wurden schwer verletzt.
Die EU und die USA verurteilten das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Protest-Teilnehmer.
Zehntausende folgen Aufruf Nawalnys
Zehntausende Menschen waren dem Aufruf Nawalnys gefolgt, gegen Staatschef Wladimir Putin auf die Strasse zu gehen. Allein in Moskau waren es nach einer Schätzung der Nachrichtenagentur AFP 20'000 Menschen, in St. Petersburg etwa 10'000.

Insgesamt gab es Proteste in mehr als hundert russischen Städten von St. Petersburg im Westen bis Wladiwostok im Osten. Die Menschen skandierten unter anderem «Freiheit für Nawalny». Sie hielten Protestplakate mit Aufschriften wie «Putin ist ein Dieb» in die Höhe.
Auch Nawalnys Ehefrau vorübergehend verhaftet
Die Polizei ging landesweit hart gegen die Demonstranten vor. Die meisten der insgesamt 3521 Festnahmen gab es laut OWD Info in Moskau. Dort wurde auch Nawalnys Ehefrau Julia Nawalnaja vorübergehend in Gewahrsam genommen. Nach Behördenangaben wurden die meisten Festgenommenen wieder freigelassen.

Mehrere Ermittlungsverfahren gegen Demonstranten aus Moskau wegen Sachbeschädigung, Randale und Gewalt gegen Polizisten wurden eingeleitet. Dies erklärte das russische Investigativ-Komitee.
Die Staatsanwaltschaft von St. Petersburg teilte derweil mit, sie gehe Hinweisen auf mögliche Polizeigewalt bei den Protesten nach. Örtliche Medien hatten zuvor ein Video veröffentlicht, auf dem eine Demonstrantin mittleren Alters zu sehen ist. Die Frau stürzte zu Boden fällt, nachdem ein Polizist ihr in den Bauch getreten hatte.
Neue US-Regierung verurteilt Vorgehen
Der Westen verurteilte das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten scharf. Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell kritisierte bei Twitter die massenhaften Festnahmen und "den unangemessenen Einsatz von Gewalt. Er kündigte zudem Beratungen der EU-Aussenminister über die "weiteren Schritte" am Montag an. Frankreichs Aussenminister Jean-Yves Le Drian bezeichnete die Massenfestnahmen als «unerträglichen» Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit.
Die US-Regierung kritisierte das «harsche Vorgehen» der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten und Journalisten. Sie rief die russischen Behörden auf, «all diejenigen freizulassen, die ihre universellen Rechte ausgeübt haben».

Moskau warf seinerseits den USA Einmischung in interne Staatsangelegenheiten vor: Die US-Botschaft in Moskau hatte eine Sicherheitswarnung im Zusammenhang mit den Protesten ausgegeben. Dies sei «unangemessen», sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Sonntag.
Indirekt habe Washington überdies die «ungenehmigten Proteste» und somit Verstösse gegen das russische Gesetz unterstützt. Zuvor hatte eine russische Aussenamtssprecherin kritisiert, dass die US-Botschaft Marschrouten der Demonstranten veröffentlicht habe.
Putins Luxuspalast sorgt für Aufregung
Das Team Nawalnys hatte in der vergangenen Woche eine Recherche über einen Luxus-Palast am Schwarzen Meer veröffentlicht. Dieser soll angeblich dem russischen Präsidenten gehören und durch Bestechungsgelder finanziert worden sein.

Nawalny hatte zu den Protesten gegen Putin aufgerufen, nachdem er vor einer Woche verhaftet worden war. Der Oppositionelle wurde nach der Rückkehr aus Deutschland noch bei der Ankunft am Flughafen festgesetzt. In Berlin war der 44-Jährige nach einem Giftanschlag im August behandelt worden, für den er den Kreml verantwortlich macht.
Die Demonstrationen am Samstag galten als wichtiger Test für die Mobilisierungsfähigkeiten der russischen Opposition. In Russland finden Ende des Jahres Duma-Wahlen statt. Der Nawalny-Verbündete Leonid Wolkow sagte, er sei «stolz, sehr beeindruckt und inspiriert» angesichts der hohen Beteiligung an den Demonstrationen.
Die landesweite Teilnehmerzahl an den Protesten bezifferte er auf 250.000 bis 300.000. Für das kommende Wochenende will Nawalnys Team erneut zu Kundgebungen aufrufen.