Macron schlägt Sylvie Goulard für die EU-Kommission vor
Sylvie Goulard soll in die EU-Kommission. Sie musste sich in der Vergangenheit allerdings mit einigen Affären herumschlagen.

Das Wichtigste in Kürze
- Der französische Präsident Macron schlägt Sylvie Goulard für die EU-Kommission vor.
- Sie hat schon langjährige Erfahrung in der europäischen Politik gesammelt.
- Goulard sorgte aber mit Scheinbeschäftigung- und Berater-Affären schon für einige Eklats.
Als erste Frau seit 20 Jahren will Frankreich die frühere Verteidigungsministerin Sylvie Goulard zur EU-Kommission nach Brüssel schicken.
Die amtierende Vize-Zentralbankchefin soll auf Vorschlag von Präsident Emmanuel Macron in die mächtige Brüsseler Behörde einrücken. Das teilte der Pariser Elysée-Palast am Mittwoch mitteilte. Macron beansprucht in Brüssel einen Schlüsselposten im Bereich Wirtschaft und Handel oder aber ein Umweltressort.
Die 54-jährige Ex-Ministerin Sylvie Goulard habe als langjährige Europa-Abgeordnete «anerkanntermassen europäische Erfahrung». Sie könne «eine wichtige Rolle in der Kommission spielen», erklärte der Elysée-Palast.
Sylvie Goulard und Ursula von der Leyen kennen sich bereits
Goulard spricht fliessend Deutsch, Englisch und Italienisch. Zudem kennt sie die künftige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch aus ihrer Zeit als Verteidigungsministerin. Mit der Personalie kommt Macron von der Leyen entgegen. Die künftige Kommissionschefin will ihr Kabinett erstmals zur Hälfte mit Frauen besetzen.
Die neue Kommission soll ihr Amt am 1. November antreten, das Europaparlament muss von der Leyens Kabinett zuvor als Ganzes billigen.

Goulard war nur einen Monat lang Verteidigungsministerin
Allerdings gibt es in der Laufbahn Goulards auch einen fragwürdigen Moment: Sie musste von ihrem Posten als Verteidigungsministerin im Juni 2017 nach nur rund einem Monat im Amt zurücktreten. Grund war eine Affäre um Scheinbeschäftigung. Ihrer liberalen Partei MoDem wurde vorgeworfen, zwischen 2009 und 2014 Mitarbeiter im Europaparlament für Parteizwecke eingesetzt zu haben.
Die französischen Grünen kritisierten Goulards Nominierung deshalb. Sie verwiesen darauf, dass die richterliche Voruntersuchung in der Affäre bisher nicht abgeschlossen ist. «Was jemanden daran hindert, in Frankreich Minister zu werden, ist auf europäischer Ebene vernachlässigbar.» So empörte sich der Europa-Abgeordnete Yannick Jadot auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter.
Grosse gêne ! Ce qui l’empêche d’être ministre en France est négligeable à l’échelle européenne ! https://t.co/pGYCUFBz6B
— Yannick Jadot (@yjadot) August 28, 2019
Vizechefin bei der Zentralbank
Kurze Zeit nach ihrem Rücktritt wurde die langjährige Europa-Abgeordnete Sylvie Goulard zur zweiten Vizechefin bei der französischen Zentralbank ernannt. Sie ist inzwischen aus der Partei MoDem ausgetreten.
Sylvie Goulard hat wie Präsident Macron und viele andere französische Politiker die Elitehochschule Ecole Nationale d'Administration (ENA) absolviert. Ihre Karriere begann sie 1989 im französischen Aussenministerium - in einem Team, das mit der deutschen Wiedervereinigung befasst war.
Als Tochter aus italienischer Familie hat Goulard langjährige Europa-Erfahrung: Zwischen 2001 und 2004 arbeitete sie als politische Beraterin des italienischen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi. Von 2009 und 2017 sass sie für die französischen Liberalen im Europaparlament.
Berater-Affäre als Europaabgeordnete
Umstritten ist nicht nur Goulards Rolle in der Scheinbeschäftigungsaffäre, in der sie bisher nicht persönlich von Ermittlern angehört wurde. Für Kritik sorgte auch ein hochdotierter Beraterposten für einen US-Think Tank in ihrer Zeit als Europaabgeordnete.
Sylvie Goulard gilt als Unterstützerin Macrons der ersten Stunde: Vor dessen Wahl zum Präsidenten im Mai 2017 unterstützte sie ihn im Wahlkampf. Sie trug auch dazu bei, dass er noch im Wahlkampf im März 2017 einen Termin bei Bundeskanzlerin Angela Merkel bekam.
Für die dreifache Mutter Goulard spricht aus Sicht der Regierung auch ihr gut gefülltes europäisches Adressbuch. Die am 6. Dezember 1964 unter dem Mädchennamen Grassi in Marseille geborene Frau kennt viele Entscheidungsträger, nicht nur in Brüssel.
Vor Goulard entsandte Frankreich erst zwei Mal Frauen in die EU-Kommission: Edith Cresson und Christiane Scrivener. Beide waren in den 1990er Jahren in Brüssel, als Frankreich noch zwei Posten in der EU-Kommission hatte. Den anderen Posten besetzte damals jeweils ein Mann.