Nach der massiven Gewalt bei den jüngsten «Gelbwesten»-Protesten in Paris steht Frankreichs Präsident Emmanuel Macron unter Druck.
Macron (l.) und Innenminister Castaner im Krisenstab
Macron (l.) und Innenminister Castaner im Krisenstab - POOL/AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Plünderungen und Brandstiftungen in Paris - Fast 60 Verletzte.
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Die Opposition warf Macron Nachlässigkeit im Umgang mit den Demonstranten vor. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo stellte in der Sonntagsausgabe der Zeitung «Le Parisien» die Frage, wie es soweit kommen konnte und was zur Verhinderung derartiger Ausschreitungen geplant sei. Für den Nachmittag war ein Krisentreffen der Regierung anberufen.

Hidalgo von der Sozialistischen Partei (PS) sagte der Zeitung, sie erwarte von der Regierung «Erklärungen» und Massnahmen, um «aus diesem Albtraum herauszukommen». Sie fügte hinzu: «Wir befinden uns inmitten einer schweren sozialen und politischen Krise. (...) So kann es nicht weitergehen.»

Die für den frühen Abend angesetzte Krisensitzung mit Premierminister Edouard Philippe sollte sich mit den von Macron am Samstagabend angekündigten «starken, zusätzlichen Entscheidungen» zur Verhinderung von Gewalt befassen. Macron hatte wegen der gewalttätigen Ausschreitungen am Samstag einen Kurz-Skiurlaub in den Pyrenäen abgebrochen und war nach Paris zurückgekehrt.

Randalierer hatten zuvor auf dem Prachtboulevard Champs-Elysées Geschäfte geplündert und in Brand gesetzt. Sie errichteten brennende Barrikaden und zündeten eine Bankfiliale an. Das Feuer breitete sich auf das gesamte Gebäude aus, elf Menschen wurden verletzt, eine Frau und ihr Baby mussten aus dem brennenden Haus gerettet werden.

Innenminister Christophe Castaner warf den Brandstiftern vor, weder Demonstranten noch Randalierer zu sein, sondern «Mörder». Einige Teilnehmer seien offensichtlich «nur angereist, um Sachen zu zerstören». Etwa 1500 «Ultragewalttätige» sickerten nach seinen Worten in die Reihen der «Gelbwesten» ein.

Die rechtsgerichtete Opposition erhob schwere Vorwürfe gegen den Präsidenten. «Paris in den Händen der Randalierer, und Emmanuel Macron fährt Ski (...) Was für eine Schande», schrieb die Europaabgeordnete und ehemalige Ministerin Nadine Morano von der konservativen Partei Les Républicains (LR) auf Twitter. Die Vorsitzende der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN), Marine Le Pen, twitterte: «In Paris haben die schwarz Vermummten die Gelbwesten ersetzt. Der Schwarze Block zerstört, brennt, übt Gewalt aus - in aller Straflosigkeit».

Der Chef der Sozialistischen Partei, Olivier Faure, sagte dem Sender CNews, die Regierung mache «offensichtlich nicht ihre Arbeit». Im Übrigen solle sie jetzt nicht die «Sicherheitsfrage» dazu nutzen, der sozialen Frage auszuweichen.

Inhaber von Geschäften auf den Champs-Elysées teilten am Sonntag mit, 80 Läden und Boutiquen seien von der Gewalt betroffen, davon etwa 20 von Plünderung oder Brandstiftung. Die Vereinigung der Geschäftsleute forderte ein Treffen mit Regierungschef Philippe.

Das Innenministerium bezifferte die Zahl der Kundgebungsteilnehmer in Paris auf 10.000. Landesweit nahmen nach Ministeriumsangaben gut 32.000 Menschen an den Protesten teil. Vertreter der «Gelbwesten» sprachen dagegen auf Facebook von fast 231.000 Teilnehmern.

5000 Polizisten und mehrere gepanzerte Polizeifahrzeuge waren allein in Paris mit Tränengas, Blendgranaten und Wasserwerfern im Einsatz. Der Polizei zufolge gab es 17 verletzte Polizisten und 42 Verletzte bei den Demonstranten. Wie die Staatsanwaltschaft am Sonntag mitteilte, kamen 200 Menschen in Gewahrsam, darunter 15 Minderjährige.

Auf den Champs-Elysées rissen Randalierer Pflastersteine aus der Strasse und zertrümmerten damit Fensterscheiben, unter anderem an einem Geschäft der Modekette Boss und am Promi-Restaurant Fouquet's. Auch mehrere Zeitungskioske brannten aus.

Macron hatte im Januar einen «Bürgerdialog» in den Gemeinden und im Internet gestartet, der am Freitag zuende ging. Die «Gelbwesten» sahen darin ein Ablenkungsmanöver des ehemaligen Investmentbankers und «Präsidenten der Reichen» von ihren Forderungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit, höheren Renten und Wiedereinführung der Vermögensteuer.

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