SPD, Grüne und FDP wollen einen «Aufbruch» auch bei der Mobilitätspolitik. Vor radikalen Reformen für mehr Klimaschutz scheut die Ampel aber zurück.
Freie Demokratische Partei
Christian Lindner, Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Robert Habeck stellen den gemeinsamen Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vor. - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Ampel-Koalition will das Tempo bei der Verkehrswende erhöhen.
  • Generalsekretär Volker Wissing der FDP soll ausserdem das Verkehrsministerium übernehmen.

Mehr Geld für die Schiene und den Nahverkehr! Die Ampel will bei der Verkehrswende das Tempo erhöhen, damit Klimaziele erreichbar werden. Radikale Massnahmen wie eine Abschaffung etwa der Pendlerpauschale, wie sie manche Klimaschützer fordern, sind allerdings nicht geplant.

Auch ein von Grünen-Politikern geforderter Stopp des Baus neuer Autobahnen kommt nicht, mit der FDP war das nicht zu machen. Die Liberalen sollen künftig den Verkehrsminister stellen - erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik.

FDP-Politiker im Verkehrsministerium

Jahrelang war das Verkehrsministerium, das Ressort mit dem grössten Investitionsetat, in den Händen der CSU. Nun zieht nach dem Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und die Freie demokratische Partei überraschend ein FDP-Politiker ein. Generalsekretär Volker Wissing soll den Job übernehmen. Bisher war man im politischen Berlin davon ausgegangen, dass die Grünen das Ressort bekommen.

Volker Wissing
Volker Wissing, Generalsekretär der FDP (Freie demokratische Partei). - dpa-infocom GmbH

Auch an anderen Stellen konnte sich die FDP durchsetzen. Lange wurde dem Vernehmen nach darum gestritten, ob es in Städten künftig innerorts Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit geben soll. Im Koalitionsvertrag steht davon jedoch nichts. Und vor allem die Liberalen setzten dem Vernehmen nach das begleitete Fahren mit 16 durch.

Wichtige Signale

Beim Bundesverkehrswegeplan gibt es im Koalitionsvertrag weiche Formulierungen. Dieser ist bei der Verteilung der Milliarden aus Sicht von Kritikern viel zu sehr auf die Strasse ausgerichtet. Dort heisst es: «Wir streben einen neuen Infrastrukturkonsens bei den Bundesverkehrswegen an.» Zusammen mit Verbänden solle ein «Dialogprozess» über die Prioritäten bei der Umsetzung des Plans gestartet werden.

Allianz pro Schiene
Der Geschäftsführer von Allianz pro Schiene freut sich über den Grundsatz «Schiene vor Strasse». - AFP

Dennoch sendet die Ampel ein wichtiges Signal: Bei der Erhöhung der Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur soll «erheblich» mehr in die Schiene als in die Strasse investiert werden. Jahrzehntelang war es anders. «Erstmals bekennt sich eine Koalition bei den Verkehrsinvestitionen zum Grundsatz: Schiene vor Strasse», sagte der Geschäftsführer des Bündnisses Allianz pro Schiene, Dirk Flege.

Positiv sei auch die geplante Ausweitung der Lkw-Maut, die zudem stärker an der CO2-Last ausgerichtet werden soll. Die Milliardeneinnahmen aus der Lkw-Maut sollen künftig auch in die Schiene fliessen - im Koalitionsvertrag heisst es dazu: «Wir werden die Mehreinnahmen für Mobilität einsetzen.» Deutlich mehr Geld geben könnte es auch für den Nahverkehr. Denn der Schlüssel, Menschen zum Umsteigen vom Auto auf ÖV zu bewegen, ist es, die Alternativen attraktiver zu machen.

«Wahnwitzige und schädliche Idee»

Bei der bundeseigenen Deutschen Bahn bleibt eine radikale Strukturreform aus. Vor allem die FDP wollte für mehr Wettbewerb auf der Schiene eine Aufspaltung in Infrastruktur und Bahnbetrieb.

Martin Burkert
Martin Burkert, Stellvertretender Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), spricht bei einem Protest. - keystone

Dagegen legte aber die SPD ihr Veto ein. Deswegen bleibt die Deutsche Bahn AG nun als «integrierter Konzern» erhalten. Martin Burkert, Vizechef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, begrüsste es: Er ist froh, dass die «wahnwitzige und schädliche Idee» einer «Zerschlagung» der Bahn vom Tisch sei.

Abbau klimaschädlicher Subventionen

Eine Neuerung bei der Bahn aber soll es geben. Die Infrastruktureinheiten unter anderem mit der DB Netz sollen innerhalb des Konzerns zu einer neuen, «gemeinwohlorientierten» Sparte zusammengelegt werden. Gewinne sollen künftig in dieser neuen Sparte verbleiben, damit mehr investiert werden kann.

Finanzielle Spielräume für einen «Aufbruch in der Mobilitätspolitik» sollen geschaffen werden auch durch den Abbau klimaschädlicher Subventionen. Dabei bleibt aber manches vage im Koalitionsvertrag und es ist von Prüfaufträgen die Rede. Staatliche Fördermittel soll es aber künftig nur noch für E-Autos geben, die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben. 2030 sollen mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw zugelassen sein - das ist noch ein weiter Weg.

Freie Fahrt für FDP?

Ob die Ampel-Pläne reichen für mehr Klimaschutz im Verkehrsbereich? Deutschland müsse massiv nachsteuern, um beim Verkehr die Ziele bis 2030 zu erreichen. Dies hatte der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner, vor kurzem gesagt.

Er schlug zahlreiche einschneidende Massnahmen vor- darunter steigende Spritpreise durch einen höheren CO2-Preis mit einem sozialen Ausgleich. Daneben etwa die Abschaffung der Pendlerpauschale und ein generelles Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen.

Einem Tempolimit aber hatte die Ampel schon eine Absage erteilt - mit der FDP war das nicht zu machen. Heisst es nun: Freie Fahrt im Verkehrsministerium für Freie Demokraten?

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