Politiker legt offen: Er zahlt 57'000 Franken für Kita
Ein Drittel des Einkommens für Betreuungskosten: Damit müsse man rechnen, heisst es bei SP und SVP. Mit Betreuungszulagen vom Bund soll sich dies nun ändern.
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Das Wichtigste in Kürze
- Ein Berner GLP-Politiker legt seine Kita-Kosten offen: 57'000 Franken im Jahr.
- Mit solchen Beträgen müsse man rechnen, bestätigen Nationalrätinnen der SP und SVP.
- Heute hat der Nationalrat mehr Unterstützung bei den Betreuungskosten beschlossen.
Künftig soll eine Betreuungszulage Eltern von den Kosten für Kita-Plätze entlasten. Nach dem Ständerat hat am Dienstag auch der Nationalrat einem neuen Finanzierungsmodell zugestimmt. Der Nationalrat will den Bund aber stärker in die Pflicht nehmen.
Ziel der entsprechenden Vorlage ist es, dass mehr Eltern eine Erwerbsarbeit aufnehmen. Bisher hat der Bund die Schaffung von Kita-Betreuungsplätzen mit 451 Millionen Franken unterstützt. Das 2003 in Kraft getretene Programm wurde mehrmals verlängert; es läuft noch bis Ende 2026.
Normal: 57'000 Franken Kita-Kosten pro Jahr
Derweil macht der Berner GLP-Stadtparlamentarier Maurice Lindgren Schlagzeilen mit der Offenlegung der Kinderbetreuungskosten seiner Familie gegenüber «Tamedia». Seine beiden Buben sind vier Tage pro Woche in der Kita. 2023 bezahlten er und seine Frau insgesamt 57’238 Franken und 85 Rappen.

«Im Kanton Bern zahlt man einkommensabhängige Tarife», erklärt Nationalrätin Nadja Umbricht Pieren (SVP/BE), die selbst eine Kita betreibt.
«Diejenigen mit sehr hohem Einkommen zahlen den kostendeckenden Beitrag – für zwei Kinder ist das etwa in dieser Grössenordnung.» Bei niedrigeren oder gar sehr tiefen Einkommen zahlt je nachdem der Kanton oder sogar die Sozialhilfe.
So ergäben sich Beträge «zwischen null Franken und ein paar Tausend Franken – es ist also fair geregelt», betont Umbricht.
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Die Einkommensabhängigkeit betont auch die Zürcher SP-Nationalrätin Min Li Marti. Doch auch in der Stadt Zürich komme man für Voll-Zahler wohl auf einen vergleichbaren Betrag. «Aber das betrifft Personen, die keinen Anspruch haben auf Subventionen.»
Tatsächlich erzielen die Lindgrens über 160'000 Franken Haushaltseinkommen – zu viel, um noch Anspruch auf Kita-Gutscheine zu haben.
Niedrigere Kita-Kosten – weniger Fachkräftemangel
Wer mehr verdient, zahlt mehr – das scheint doch nichts als gerecht zu sein. Schon, sagt auch SPlerin Marti, aber die Frage sei, wie viel man bezahle. «Das ist ja rund ein Drittel ihres Einkommens, das hat dann negative Auswirkungen. Das sind genau die Leute, von denen man sagt, die braucht es auch auf dem Arbeitsmarkt.»

Hier setzt nun das Parlament an, denn im Grundsatz ist man sich einig: Es braucht eine dauerhafte Lösung für die finanzielle Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung.
Der Nationalrat beschloss in Übereinstimmung mit dem Ständerat, die Vorlage als indirekten Gegenvorschlag zur Kita-Initiative zu präsentieren. Diese verlangt, dass Eltern höchstens zehn Prozent des Einkommens für die Kita-Plätze ihrer Kinder ausgeben müssen.
200 Millionen Franken an Bundesgeldern
Inhaltlich besteht der Gegenvorschlag aus einer Betreuungszulage für bis achtjährige Kinder. Diese beträgt monatlich mindestens hundert Franken, wenn Kinder an einem Tag pro Woche in einer Institution betreut werden. Pro zusätzlichen halben Betreuungstag erhöht sich die Zulage um fünfzig Franken.

Noch nicht einig sind sich die Räte bei den sogenannten Programmvereinbarungen. Mit diesen werden für die Kantone Anreize geschaffen: Um weiter in die frühe Förderung zu investieren, Angebotslücken zu schliessen und institutionelle Betreuungsplätze für Kinder mit Behinderungen zu schaffen. Dafür soll der Bund für die ersten vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes maximal 200 Millionen Franken zur Verfügung stellen.
Günstigere Kita – und auch gerechter?
Damit würden Kita-Rechnungen günstiger, auch die 57'000 Franken der Lindgrens würden reduziert: «Die Idee ist, dass die Tarife um etwa 20 Prozent gesenkt werden», erklärt Marti. Also im Vergleich zur Kita-Initiative nicht gerade viel, aber aus SP-Sicht immerhin etwas.
Genau sagen lasse sich dies nicht, weil die Tarife je nach Kanton und je nach Einkommen unterschiedlich seien, so Marti.
Immerhin etwas, aber für SVP-Nationalrätin Umbricht dennoch zu viel: «Der Kanton Bern hat mit den Betreuungsgutscheinen bereits ein attraktives und gutes Modell eingeführt.»

Dieses unterstütze sie auch, denn es sei Sache der Kantone, so vorzugehen, wie sie es für richtig hielten. «Es ist falsch, wenn man auf Bundesebene mit der Giesskanne Gelder ausschüttet. Und zwar nur für eine Betreuungsform – alle andere gehen leer aus.»
Wer sich selbst organisiere, mit Nanny, Grosseltern oder Eigenbetreuung, erhalte nichts. Umbricht selbst hat aus organisatorischen Gründen eine Nanny angestellt, und diese kostet sogar mehr als 57'000 pro Jahr. «Aber das sind mir meine Kinder auch wert. Mein Mann und ich haben ein gutes Einkommen, also muss der Staat uns auch nicht die Kinderbetreuung finanzieren.»