Plant Rösti jetzt Autobahn-Ausbau mit Pannenstreifenumnutzung?

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Gegen Stau hilft Pannenstreifenumnutzung. Autobahn-Gegner sehen Hinweise, dass Bundesrat Rösti damit mehr Kapazität durch die Hintertür schaffen wolle.

Albert Rösti Gubrist-Strassentunnel Astra
Bundesrat Albert Rösti (Mitte) und Astra-Direktor Jürg Röthlisberger (rechts/verdeckt), anlässlich der Eröffnung der 3. Röhre des Gubrist-Strassentunnels der Autobahn A1 Nordumfahrung Zürich. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Stimmvolk hat den Autobahnausbau letzten Herbst abgelehnt.
  • Das Uvek sucht nun nach alternativen Lösungen wie Pannenstreifenumnutzung.
  • Gegner sind beunruhigt: Es sei wenig transparent, wo solche Projekte geplant seien.

Letzten November sprach sich eine knappe Mehrheit des Stimmvolks für Naturschutz und gegen mehr Autoverkehr aus: Mit 52,7 Prozent wurde dem Ausbau der Autobahnen ein Riegel geschoben. Sechs im ganzen Land verteilte Projekte wurden so abrupt gestoppt.

Autobahn-Ausbau Abstimmung
Das Nein-Komitee feiert seinen Sieg bei der Abstimmung vom 24. November 2024 gegen den Autobahn-Ausbau. - keystone

Noch am Tag der Niederlage versprach Verkehrsminister Albert Rösti, man müsse nun «neue, innovative Lösungen» suchen. Und er brachte im Nau.ch-Interview sogleich auch Pannenstreifenumnutzungen (PUN) ins Spiel. Die damaligen Ausbau-Gegner sehen nun Anzeichen, dass damit der Volksentscheid unterlaufen werden soll.

Pannenstreifenumnutzung hat sich bewährt

Die PUN sind an sich nichts Neues: Ein Pilotprojekt hatte das Bundesamt für Strassen (Astra) schon 2010 auf der A1 zwischen Morges und Ecublens in Betrieb. Die Resultate betreffend Stau, Unfallrate, Lärm und Luftbelastung waren vielversprechend. So sind aktuell neben der Pilotstrecke PUNs auf sieben weiteren Autobahnabschnitten in Betrieb.

Pannenstreifenumnutzung Pilotprojekt
Zwischen Morges und Ecublens wurde 2010 ein Pilotprojekt mit einer Pannenstreifenumnutzung in Betrieb genommen. - astra

Auf 13 Strecken wird gemäss Astra-Website eine PUN geplant und auf vier weiteren ist eine solche in Prüfung. Oder doch nicht? Denn diesbezüglich stiftete Verkehrsminister Rösti gleich selbst Verwirrung.

Überall PUN – oder doch nicht?

Keine Freude an der Umnutzung von Pannenstreifen hat der Verein Spurwechsel. Für ihn ist eine PUN de facto eine Verbreiterung der Autobahn: Es passen mehr Autos auf die Strasse. Genau zu solchen Kapazitätserweiterungen habe das Stimmvolk Ende 2024 doch aber Nein gesagt.

Umso erstaunter war Geschäftsleiter Raphael Wyss über eine Aussage von Bundesrat Albert Rösti im August am Berner Verkehrstag: Eine PUN werde auf dem A1-Abschnitt Schönbühl-Kirchberg geprüft. Denn einerseits hatte das Stimmvolk genau auf diesem Abschnitt in der Volksabstimmung den Ausbau abgelehnt. Andererseits hatte noch niemand von einem solchen Projekt gehört.

PUN Pannenstreifenumnutzung Projekte
Status der PUN-Projekte: Auf der A1 bei Schönbühl, nördlich von Bern, und bei Nyon VD am Genfersee ist allerdings keines eingezeichnet. - astra

In der Fragestunde des Nationalrats nahm Rösti dazu Stellung: Nein, es gebe keine konkreten Pläne zur Umsetzung von PUN auf diesen Abschnitten.

Der Verkehrsminister hatte allerdings bereits in der Frühlingssession sich scheinbar selbst widersprochen. Nationalrat Vincent Maitre (M/GE) wollte wissen, ob der Bundesrat eine PUN auf der Strecke zwischen Coppet/Nyon und Le Vengeron in Betracht ziehe.

Dazu könne man noch nichts sagen, hiess es aus dem Uvek. Man warte derzeit auf die Gesamtschau, die man bei ETH-Professor Ulrich Weidmann in Auftrag gegeben hatte.

Ulirich Weidmann
Professor Ulirich Weidmann ist Mobilitätsexperte an der ETH Zürich und priorisiert im Auftrag des Uvek die Verkehrsprojekte. - Screenshot ethz.ch

Eine Woche später wollte Nationalrat David Zuberbühler (SVP/AR) wissen, wann es endlich vorangehe mit den PUN auf der A1. Nun führte Bundesrat Rösti aus, es würden drei A1-Abschnitte geprüft, unter anderem zwischen Le Vengeron und Coppet/Nyon. Doch gemäss Astra-Website werden offiziell nur zwei A1-Abschnitte geprüft – derjenige zwischen Le Vengeron und Coppet/Nyon ist nicht auf der Liste.

Astra: Alles korrekt

Wer hat nun recht: Rösti, Rösti, oder das Astra aus dem Departement Rösti? Auf Anfrage heisst es: Beide Aussagen von Bundesrat Rösti seien korrekt.

«Das Astra prüft aktuell, ob eine PUN zwischen Le Vengeron und Coppet technisch umsetzbar wäre. Es handelt sich dabei um eine technische Abklärung und nicht um ein konkretes Projekt.»

PUN Buchrain Luzern A14
Autos stauen sich auf der Autobahn A14 auf der Höhe von Buchrain in Richtung Luzern am 21. November 2024. An diesem Streckenabschnitt ist eine PUN in Planung. - keystone

Die Episode zeigt, wie tief ins Detail die Dossier-Kenntnis von Bundesrat Rösti ist: Er ist sogar informiert über die Prüfung einer technischen Umsetzbarkeit, die – als technische Abklärung – keine Prüfung ist. Weshalb ein Eintrag in der offiziellen Projektliste auch nicht nötig war. Nachdem er solche Details aber öffentlich ausplauderte, wird die Dossier-Kenntnis zur Retourkutsche.

Grüne kritisieren Heimlichtuerei

«Warum informieren sie nicht anständig?», fragt nun Grünen Nationalrätin Aline Trede. Sie finde es stossend, dass dies so verdeckt gemacht werde – und das schürt bei ihr einen Verdacht: «Die Bevölkerung hat Nein gesagt zum Autobahnausbau. Und jetzt macht man in so kleinen Scheibchen doch eine Ausweitung.»

Bis Mitte Oktober soll Professor Weidmann seine Priorisierung aller Verkehrsprojekte dem Uvek abliefern. Mindestens bis dann bleibt es also spannend, ob danach Pannenstreifenumnutzungen als Lösung vorgeschlagen werden.

Kommentare

User #4790 (nicht angemeldet)

Der Löchlibär löscht wieder einmal nicht genehme Kommentare.

User #1286 (nicht angemeldet)

Wer das nicht weiss, in der Schweiz gibt es mehr Autos und auch Mobilphones als wohnende und lebende Menschen.

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