Die Wahl des neuen Armeechefs Thomas Süssli überraschte einige. Einige Offiziere glauben gar zu wissen, wie der Quereinsteiger überzeugen konnte: Mit Charme.
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Armeechef Thomas Süssli und Verteidigungsministerin Viola Amherd an einer gemeinsamen Medienkonferenz in Bern. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • VBS-Chefin Viola Amherd ernannte Thomas Süssli zum neuen Chef der Armee.
  • Manche Offiziere hatten den Quereinsteiger nicht auf der Rechnung.
  • Sie vermuten: Süssli erhielt den Posten, weil einen unwiderstehlichen Charm habe.

2019, manche nennen es das Frauenjahr. Der Frauenstreik, MeToo und Gleichstellungsdebatten sind in aller Munde. Mit Karin Keller-Sutter und Viola Amherd werden zwei Frauen in den Bundesrat gewählt.

Letztere drückt in den letzten Monaten dem Verteidigungsdepartement immer deutlicher ihren Stempel auf. Mehr Frauen will sie in der Schweizer Armee. Bei der Kampfjet-Beschaffung fordert sie konsequent Transparenz. Und an die Spitze des Armee setzte sie einen ehemaligen Banker.

Thomas Süsslis Ernennung überraschte

Der Quereinsteiger Thomas Süssli ist erst seit vier Jahren Berufsmilitarist. Der zweifache Vater und Finanzanalyst war Banker und IT-Unternehmer. Von den gestandenen Offizieren hatten den 52-Jährigen nur wenige auf der Rechnung.

Im Gegenteil. Nachfolger von Philippe Rebord sollte Divisionär Claude Meier werden, das war für die Offiziere klar. Und wenn nicht, dann sicher Divisionär Hans-Peter Walser. Beide hatten sich im Militär verdient gemacht. Die Seilschaften der Offiziere waren sich einig: so muss es laufen.

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Viola Amherd und die Offiziersgesellschaft. - Keystone

In der offiziellen Mitteilung goutierte die Offiziersgesellschaft Süsslis Wahl. Konnte sich aber nicht verkneifen anzufügen: «obschon sie unerwartet ausfällt». Und: «Der heute vom Bundesrat zum künftigen CdA ernannte Divisionär Thomas Süssli dürfte viele der hochgesteckten Anforderungen erfüllen.»

Frauen erlagen Süsslis Charme

Was im Communiqué angedeutet ist, erhält jetzt neuen Boden. Gemäss «CH Media» glauben gewisse Offiziere zu wissen, warum sich Süssli bei Amherd durchsetzen konnte. Der Glatzkopf mit dem verschmitzten Lachen könne gut und schön reden – besonders bei Frauen komme er gut an.

Dank «seiner Wirkung auf das weibliche Geschlecht» habe «dieser Aussenseiter» die Konkurrenz ausgestochen. Den in der Findungskommission sassen unter den fünf Experten drei Frauen. Die ehemalige FDP-Nationalrätin Gabi Huber und die Grüne Staatsrätin Kanton Waadt Béatrice Métraux.

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Bundesrätin Viola Amherd, Chefin des Verteidigungsdepartements. - Keystone

Schliesslich habe Charmeur Süssli auch noch Bundesrätin Viola Amherd und deren Beraterin Brigitte Hauser-Süess um den Finger gewickelt. «Im VBS sind sie überzeugt, dass Süssli bei den Frauen seinen Charme spielen liess», zitiert «CH Media» einen anonymen Insider.

Das Frauenbild in einer Männerbastion

Bestätigen lassen sich diese Aussagen indes nicht. Das VBS will auf Anfrage nicht darauf eingehen. «Das VBS kommentiert keine Medienberichte, in welchen die angeblichen Quellen nicht mit Namen zitiert werden.» Süssli sei ganz einfach der beste Bewerber gewesen, Punkt.

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Einmarsch: VBS-Chefin Viola Amherd und der neue Chef der Armee Thomas Süssli am Mittwoch, 4. September 2019. - Keystone

Trotzdem: Das Frauenbild gewisser Offiziere scheint eigenartig zu sein. Offenbar verlieren Frauen auch 2019 den Verstand, wenn ein Charmeur ihnen schmeichelt. Offenbar sind sie dann nicht mehr fähig, die Wahrheit zu erkennen. Offenbar gelingt es ihnen dann nicht mehr, die richtigen Entscheide zu fällen.

«Ein typisches Denkmuster aus der Machowelt, die die Armee halt teilweise immer noch ist», ärgert sich Rosmarie Quadranti. «Dass Süssli Armeechef geworden sein soll, weil er den Frauen gefällt, ist ein Affront gegenüber allen Frauen», sagt die BDP-Nationalrätin gegenüber «CH Media».

Dass man das im 21. Jahrhundert noch hören müsse, sei deprimierend. «Ich war nie Feministin, aber ob solcher Vorgänge werde ich mehr und mehr zu einer.» Viola Amherd breche verkrustetes Denken und alte Strukturen auf, lobt Quadranti. «Auch die Offiziere sollen und werden merken, dass Bewegung gut tut, dass Nachdenken nötig ist, dass sich die Welt verändert.»

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