«Erstberatungsstellen» sollen den Anstieg der Gesundheitskosten drosseln. Diesen Plan hat Gesundheitsminister Berset gestern dem Bundesrat vorgelegt.
Bundesrat Alain Berset informiert über seine Pläne im Gesundheitswesen.
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Das Wichtigste in Kürze

  • Gesundheitsminister Alain Berset will die freie Arztwahl eingrenzen.
  • Der Bundesrat informiert über sein Vorhaben zur Dämpfung der Gesundheistkosten.

Die Schweiz befindet sich in einer ihrer grössten medizinischen Krise überhaupt. Ärzte, Pflegende und Spitäler schuften für ihr Leben, viele Menschen fürchten um ihre Gesundheit. Und ausgerechnet jetzt strebt Gesundheitsminister Alain Berset eine tiefgreifende Revision an. «Es gibt im Gesundheitswesen nicht nur das Coronavirus», ruft Berset zu Beginn der Medienkonferenz in Erinnerung.

Alain Berset
Gesundheitsminister Alain Berset. - Keystone

Um die Gesundheitskosten zu drosseln, fordert der 48-Jährige die Einführung einer ärztlichen Erstberatungsstelle für alle Versicherten. Bedeutet: Kranke Personen sollen künftig wählen, bei wem sie sich zuerst melden. Dies kann ein Hausarzt, eine HMO-Praxis oder ein telemedizinisches Zentrum sein.

Vereinheitlichtes Modell ist «keine Einschränkung»

Diese Stelle entscheidet dann, ob eine weitere Untersuchung oder Behandlung notwendig ist. Ziel ist es, unnötige Behandlungen zu vermeiden und damit die Qualität der Versorgung zu erhöhen.

Heute können Patienten eigentlich selbst entscheiden, ob sie zu ihrem Hausarzt wollen, direkt zum Spezialisten oder eben erst zu einer Beratungsstelle. Letzteres ist vor allem für jene lukrativ, die eine tiefe Prämie wollen. Nun will Berset für alle Schweizerinnen und Schweizer dasselbe Modell.

Krankenkassenprämien Symbol
Die Krankenkassenprämien in der Schweiz stiegen fast jährlich. - Keystone

Von einer Einschränkung der Arztwahl will Berset hingegen nicht sprechen. «Es ist keine Einschränkung, indem Sie immer einen Zugang haben zu guten Spezialisten. Was nicht möglich wäre, ist, einfach sämtliche Spezialisten aufzusuchen.»

Sparpotenzial von einer Milliarde Franken

Das vom Bundesrat heute beschlossene Massnahmenpaket soll die medizinische Versorgung weiter verbessern und das Kostenwachstum im Gesundheitswesen bremsen. Gleichzeitig dient es als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)» der CVP.

Das Sparpotenzial betrage rund eine Milliarde Franken, hat der Bundesrat berechnet. Zentrale Massnahme ist eine Zielvorgabe für die Grundversicherung. Dabei legen Bund und Kantone jährlich fest, wie stark die Kosten wachsen dürfen.

Hausarzt Ärztehaus Patientin
Ein Hausarzt im Ärztehaus Seebach in Zürich im Gespräch mit einer Patientin, aufgenommen am 19. August 2019. - Keystone

Die Akteure bestimmen in erster Linie, welche Massnahmen zu ergreifen sind, wenn die Vorgaben überschritten werden. Die Patienten hätten jedoch stets Zugang zu allen Leistungen der Grundversicherung, so der Bundesrat.

Ärzte-Netzwerke und kostengünstige Medikamente

Eine weitere Massnahme sind Netzwerke von Fachleuten aus unterschiedlichen Gesundheitsberufen. Davon können insbesondere Patientinnen und Patienten mit mehreren chronischen Krankheiten profitieren. Der Bundesrat will die Voraussetzungen für die Kostenübernahme solcher Patientensteuerungsprogramme regeln.

Ebenfalls im Paket enthalten ist ein rascher und möglichst kostengünstiger Zugang zu innovativen, teuren Arzneimitteln. Dies soll mit der bereits bestehenden Praxis von Vereinbarungen mit Pharmaunternehmen, sogenannte Preismodellen, erreicht werden. Dabei müssen Pharmaunternehmen einen Teil der Kosten an die Versicherer zurückerstatten.

Ibrance Pfizer
Das Krebsmedikament Ibrance der Firma Pfizer kostet mehrere Tausend Franken pro Packung, sein Nutzen wird aber angezweifelt. - compendium.ch
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