Das neue Stillzimmer im Bundeshaus hat unter Politikerinnen für eine Kontroverse gesorgt. Nau hat mit einer stillenden Mutter das Angebot getestet.
Stillzimmer Bundeshaus
Edel oder zu edel? Das Stillzimmer im Bundeshaus wurde mit Designer-Möbeln ausgestattet. Es liegt am Ende eines Ganges und ist mit einer Glasfront samt Vorhang abgetrennt. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Im Bundeshaus gibt es seit ein paar Wochen auch ein Stillzimmer.
  • Im Parlament sorgte das für Begeisterung und Kritik.
  • Es ist auch für Besucherinnen zugänglich – mit einer solchen hat es Nau.ch getestet.

Zuerst war da nur ein Wickeltisch, der etwas verloren im Bundeshaus rumstand und für Fragezeichen sorgte. Seit der Wintersession ist dieses und andere Möbel Teil eines eigens eingerichteten Stillzimmers. Parlamentarierinnen mit Kindern finden das eine gute Idee oder sind gar ausdrücklich begeistert. Doch die Kritik liess ebenfalls nicht lange auf sich warten.

Erster Kritikpunkt war der Preis von 90'000 Franken, wobei vor allem die Bauarbeiten im denkmalgeschützten Gebäude ins Gewicht fielen. Aber auch der Umstand, dass die Parlamentsdienste als «saisonalen Farbtupfer» einen Weihnachtsstern ins Stillzimmer stellen liess. Dessen Säfte sind leicht giftig.

«Super gibt es das!»

Nau hat eine stillende Mutter ins Bundeshaus geschleust und das Angebot, das auch Besucherinnen und wickelnden Vätern offen steht, testen lassen. Petra K*. hat ein dreimonatiges Baby und ist auf den ersten Blick voll des Lobs: «Ich finde es super, dass es sowas hat!»

Stillzimmer Bundeshaus
Blick aus der Gegenrichtung ins Stillzimmer. Unter dem Fenster der mittlerweile entfernte Weihnachtsstern, über dem Wickeltisch das ausgefallene Mobile. - Keystone

Gemütlich sei es, es hätte gar Platz genug für zwei Mamis, super sei auch der Vorhang vor der Glaswand/-Türe: «Die Intimsphäre ist gewahrt.» Zwischen den Zeilen tönt aber auch leise Kritik an: «Es sieht nicht nach einem typischen Stillzimmer aus. Sehr edel, bei Ikea oder in den Apotheken sieht das anders aus.»

Günstig ist auch gut

Nicht, dass sich Petra beklagen wollte, aber bei diesen Kosten…: «Etwas billiger wäre auch noch mehr als okay gewesen.»

Dass ins Bundeshaus keine Ikea-Möbel gehören, ist ihr auch klar (es sind vorwiegend Schweizer Produkte). Aber so kommt die frischgebackene Mutter noch in geistige Zwangslage: «Es wäre schade, wenn ein Baby auf dieses Sofa erbrechen würde!»

Bundeshaus Stillzimmer
Test-Mutter mit Test-Baby im Bundeshaus-Stillzimmer, rechts daneben der Platz, wo anfangs noch ein Weihnachtsstern stand. - Nau

Grundsätzlich aber sei alles sehr zweckmässig, findet Petra: «Es hat alles was es braucht. Super mit dem Mini-Kühlschrank, das Mobile ist sehr schön.»

Wobei gerade das Mobile wieder etwas zu extravagant ausgefallen sei. «Für einen Erwachsenen ist das schön anzuschauen. Aber ein Baby hat Freude an knalligen Farben, nicht an Pastelltönen.»

Baby happy, alle happy

Freude hin oder her, Stillen und Wickeln klappen bestens. Das Baby macht nicht mehr und nicht weniger Geschrei als Zuhause auch; mehr will Petra auch gar nicht. Die von SVP-Nationalrätin und Profi-Kinderbetreuerin Nadja Pieren vorgebrachte Kritik, das Lavabo sei zu weit vom Wickeltisch weg, teilt sie nicht. «Das ist ja daheim auch so.»

Im Bundehaus gibt es nun ein richtiges Stillzimmer. - Nau

Nur kurz kommt Verunsicherung auf: «Für so viel Geld hätten sie also schon auch einen Windeleimer hinstellen können – ah, da ist er ja.» Und den «saisonalen Fabtupfer» vermisst sie nicht? Schallendes Gelächter: «Nein – und ich hätte auch nicht gewusst, dass er giftig ist!»

Meckern könnte Petra höchstens auf hohem Niveau: Das Türschild «Bitte nicht stören» sei doch eher überflüssig. «Wenn du als Mutter davorstehst mit einem schreienden Kind, gehst du auch rein, wenn das Schild dort hängt.» Ganz abgesehen davon, dass wohl laufend vergessen werde, das Schild anschliessend zu wenden. Aber sonst: Alles super.

*Name der Redaktion bekannt

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