EU

Bund zieht positive Bilanz zur Personenfreizügigkeit

Die Personenfreizügigkeit mit der EU bewährt sich aus Sicht des Staatssekretariats für Wirtschaft.

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Jérôme Cosandey vom Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) zieht eine positive Bilanz zur Zuwanderung via Personenfreizügigkeit. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Zuwanderung durch die Personenfreizügigkeit verlief 2024 parallel zur Wirtschaftslage.
  • Dies zeigt der von Bund und Sozialpartnern vorgestellte Bericht.
  • Demzufolge verdränge die EU-Zuwanderung nicht Einheimische, sondern ergänze diese.

Inländische Arbeitskräfte werden gemäss der Bilanz für 2024 nicht verdrängt, vielmehr wird das Angebot an Arbeitskräften ergänzt. Für die Sozialwerke ergibt sich demnach insgesamt keine Mehrbelastung.

Die Migration aus dem EU-Raum sei letztes Jahr zurückgegangen, erklärte Jérôme Cosandey, Leiter der Direktion für Arbeit im Seco. Er stellte zusammen mit Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern die Ergebnisse des jährlichen Berichts zum Freizügigkeitsabkommen vor. Insgesamt handelte es sich um den 21. derartigen Bericht.

Schweiz und EU
Vertreter des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und der Sozialpartner stellten die Ergebnisse des jährlichen Berichts zu den Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf Arbeitsmarkt und Sozialwerke vor. - keystone

EU-Bürger kämen in erster Linie in die Schweiz, um zu arbeiten, lautet dessen Fazit. Man müsse sich dies wie eine Lunge vorstellen, veranschaulicht es Jérôme Cosandey im Nau.ch-Interview: «Wenn die Wirtschaft einatmet, wird sie eher mehr Leute aus dem EU-Raum einsaugen. Wenn es langsamer geht, brauchen wir weniger Migration

Die Nettozuwanderung aus Europa in die ständige Schweizer Wohnbevölkerung betrug letztes Jahr 53'700 Personen, rund 10'000 weniger als 2023.

Die starke Zuwanderung in den Arbeitsmarkt in den letzten Jahren ging mit einer dauerhaft niedrigen Arbeitslosenquote und einer höheren Erwerbsquote einher.

Arbeitgeber-Präsident: Zuwanderung schafft Wohlstand

Cosandey legte dar, die Erwerbsquote von Frauen sei bei der einheimischen Bevölkerung seit 2010 stark gestiegen. Bei den Männern sei sie konstant hoch geblieben, und bei älteren Arbeitnehmenden habe es ebenfalls einen Anstieg gegeben.

Schweizer Unternehmen rekrutierten auch in der EU, um Arbeitskräfte im Gastgewerbe, im Baugewerbe und in der Industrie zu finden. In diesen Branchen reichten die einheimischen Arbeitskräfte nicht mehr aus. Die Schweizer Wirtschaft brauche diese Mitarbeitenden, hob Cosandey hervor.

«Die ausländischen Arbeitskräfte bringen genau das mit, was wirklich gebraucht wird», sagte Roland Müller, der Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands. Die Zuwanderung trage entscheidend dazu bei, dass der Alltag in der Schweiz funktioniere. Sie schaffe Wohlstand.

Massnahmen für Schutz von Schweizer Lohnniveau

Die Austritte aus dem Arbeitsmarkt seien aber zu zahlreich, um allein durch Migration kompensiert zu werden, so Müller. «Weniger Arbeitskräfte bedeuten weniger Produktion und damit weniger Wohlstand.» Langfristig werde man um eine Erhöhung des Rentenalters nicht herumkommen.

Generell erzielen Bürgerinnen und Bürger von Mitgliedstaaten der EU und der Efta gemäss dem Seco bei ähnlichen Merkmalen im Durchschnitt ähnliche Löhne wie Schweizerinnen und Schweizer. Ein höheres Risiko für tiefere Löhne bei Grenzgängern besteht allerdings im Tessin. Auch im Jurabogen sehe man teils markante Unterschiede, während in Genf, der Nordwestschweiz und in der Ostschweiz kaum eine Differenz erkennbar sei, führte Cosandey aus.

Das bestehende Abkommen über die Personenfreizügigkeit wird im Rahmen der Verhandlungen mit der EU angepasst. Der Bundesrat und die Sozialpartner haben sich auf Massnahmen geeinigt, um das Schweizer Lohnniveau zu schützen.

Unternehmen seien auf Planungssicherheit angewiesen, sagte dazu Müller. Die bilateralen Verträge mit der EU seien dabei zentral.

Das Niveau der Diskussion über die Personenfreizügigkeit sei bedenklich, kritisierte Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Es werde Kritik geübt, ohne dass eine Alternative aufgezeigt werde.

Personenfreizügigkeit hat unterschiedliche Auswirkungen

Die Personenfreizügigkeit mit wirksamem Lohnschutz bewähre sich besser als Kontingentsysteme, unterstrich Lampart. Er verwies darauf, dass Kontingente in der Vergangenheit zu unwürdigen Arbeitsbedingungen und Integrationsproblemen geführt hätten.

Die Gleichung «Personenfreizügigkeit gleich hohe Immigration» sei «kreuzfalsch», so Lampart. Er forderte, die konkreten Probleme der Menschen zu lösen, insbesondere bei der Lohnentwicklung und mit einer Stärkung der Berufslehre. Skeptisch zeigte sich der SGB-Chefökonom, ob die vom Bundesrat mit Brüssel ausgehandelte Schutzklausel etwas bringt.

Zugewanderte zahlen mehr in AHV ein

In Bezug auf die finanzielle Situation der Sozialwerke habe die Personenfreizügigkeit je nach Versicherung unterschiedliche Auswirkungen, schrieb das Seco.

Demnach zahlen Zugewanderte aus der EU und den Efta-Staaten anteilsmässig deutlich mehr an Beiträgen in die AHV ein, als sie an Leistungen beziehen.

Umgekehrt verhalte es sich bei der Arbeitslosenversicherung, hiess es. Grund ist laut dem Seco, dass viele Zugewanderte in Branchen arbeiteten, in denen die Beschäftigungsstabilität gering ist. Dies betrifft etwa Bereiche, in denen Saisonstellen üblich sind.

Kommentare

User #6158 (nicht angemeldet)

Bevölkerungszunahme seit dem Jahr 2000 Plus 25%! Wieviele Wohnungen sind das? Wieviele Autos mehr? Wieviele Züge, Trams, Busse usw.? Schulen, Kindergärten, Spitalbetten etc, etc.

User #1089 (nicht angemeldet)

Viele Menschen haben das Vertrauen in die politischen Akteure verloren, unabhängig davon, wie sehr diese Ereignisse relativieren, beschönigen oder ignorieren. Es scheint, als würden viele Bürgerinnen und Bürger in Europa, insbesondere in der Schweiz, den politischen Entscheidungen folgen, ohne sie kritisch zu hinterfragen. Die aktuellen Wahlergebnisse spiegeln den Willen der Bevölkerung wider. Die etablierten Parteien aller politischen Richtungen tragen Verantwortung für die Gestaltung unserer Gesellschaft, wobei bei vielen der Fokus stark auf wirtschaftlichen Interessen zu liegen scheint.

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