Der Abstimmungskampf um die SVP-Begrenzungsinitiative ist erwartungsgemäss heftig. Pro & Contra überbieten sich mit immer extremeren Stilmitteln.
Begrenzungsinitiative Plakat
Ein Abstimmungsplakat zur Begrenzungsinitiative hängt bei einer Wiese, am Donnerstag, 27. August 2020, in Rubigen BE. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Abstimmungskampf zur Begrenzungsinitiative ist heftig.
  • Im Bemühen, Stimmen zu gewinnen, schlagen beide Seiten über die Stränge.
  • Die SVP bedient sich dabei ihres gewohnten Repertoires, die Gegner suchen neue Wege.

Ein Abstimmungskampf soll ein Wettstreit von Argumenten sein. Ist die eine Lösung besser, weil langfristiger angedacht? Ist die andere besser, weil sie sofort wirkt – bevor es zu spät ist? Ist es jemals zu spät oder ist alles gar kein Problem? Ansichtssache – doch wer sich die Kampagnen zur Begrenzungsinitiative ansieht, kommt aus dem Staunen nicht heraus.

SVP-Meitli-Video wirft Fragen auf

Die SVP tut das, was sie seit Jahrzehnten schon immer macht: Provozieren, Andeuten, Regeln ritzen und knapp vor der Fremdenfeindlichkeit Halt machen. Dass das SVP-Video mit dem kleinen Mädchen nie in der TV-Werbung hätte laufen dürfen, ist die eine Sache. Dass die 12-Jährige jeden Tag Räuber am Fernsehen sieht, ist natürlich auch nicht gut. Ist das aber ein Argument für oder gegen irgendetwas?

SVP Video Mädchen
Das Mädchen aus dem in der TV-Werbung ausgestrahlten SVP-Video zur Begrenzungsinitiative. - Youtube/Thomas Matter

Das gestellte Video wirft doch ganz andere Fragen auf: Wo sind die Eltern dieses Kindes, das allein durch Zürich, die Alpen und Freiburg schlendert? Ist ihm langweilig, fehlt es an ausserfamiliärer Kinderbetreuung, bleibt es bis in alle Nacht auf, wenn am TV nur noch CSI, ledige Bauern und die Rosenheim-Cops laufen? Kein Wunder sieht es da nur noch Räuber.

Kollegialität geritzt und absurde Vergleiche

Im Extrablatt de SVP wird der Anschein erweckt, dass Bundesrat Ueli Maurer Kampagne mache für die Begrenzungsinitiative. Analog mit sämtlichen SVP-Regierungsräten, obwohl diverse Kantonsregierungen die Nein-Parole beschlossen haben und das Kollegialitätsprinzip gilt.

Den Vogel schiesst aber SVP-Nationalrat Andreas Glarner ab, der auf Facebook tatsächlich die Schweizer mit den Indianern vergleicht. Diese konnten die Zuwanderung nicht stoppen, andererseits kommen EU-Bürger auch nicht mit Kavallerie, Seuchen, Zwangsarbeit und Kopfprämien ins Land.

Kampagnen-Video von «Sicherheit für alle» mit Schnellsprecher und SVP-Nationalrat Andreas Glarner. - sifa.ch

Gegner der BGI schweben in höheren Sphären

Glarner darf auch Präsentator spielen im Video von «Sicherheit für alle». Dass während dem Lockdown die Einbrüche in Schaffhausen zurückgingen, führt er auf die geschlossenen Grenzen zurück.

Nicht auf den Lockdown mit Hinz und Kunz im Home-Office und Home-Cinema. Eine Pflichtübung für Glarner – aus unbekannten Gründen hat er ein Sprechtempo wie jeweils beim Hinweis «Fragen Sie Arzt oder Apotheker».

Kampagnen-Video der Operation Libero mit Kämpferin Freia.

Die Gegner stehen der SVP aber teilweise in Nichts nach. Kann die Begrenzungsinitiative ihre Gesundheit gefährden? Irgendwie, irgendwo, irgendwann offenbar schon, will uns vermutlich die Operation Libero sagen. Die Erzfeinde aller SVP-Volksinitiativen wollen mit ihrem postapokalyptischen Video die Basis mobilisieren.

Dazu schreitet eine Heldin namens Freia, wie die nordische Göttin der Fruchtbarkeit, durch eine Hayao-Miyazaki-Installation. Das ist schön, aber was war nochmal die Frage?

Begrenzungsinitiative Gewerkschaftsbund
Ausschnitt aus dem Video «Herrliberg first – Büezer second» des Gewerkschaftsbunds. - Youtube/Schweizerischer Gewerkschaftsbund

Das ging in die Hose

Mit Kunst und Können, Gags und Gaggi, Blocher-Imitator und Blocher in Badehose versucht der Gewerkschaftsbund, die Botschaft unters Volk zu bringen. «Herrliberg first – Büezer second» heisst das Video, das vor allem den Neid auf Milliardär Christoph Blocher als Nein-Argument ins Feld führt.

Gerhard Pfister Begrenzungsinitiative Aeschi
CVP-Präsident Gerhard Pfister Kann die Argumente der SVP für die Begrenzungsinitiative nicht nachvollziehen – eher im Gegenteil. - Screenshot Twitter

Rentner durch den Kakao zu ziehen ist unfein. Genau so unfein wie die Auns, die versucht, mit dem Kapern der BAG-Corona-Kampagne Stimmen zu holen. Ob sich durch solche Aktionen tatsächlich jemand umentscheidet und auch noch in die richtige Richtung? Das zweifelt offenbar auch CVP-Präsident Gerhard Pfister an, der die Tweets von SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi als beste Nein-Propaganda bezeichnet.

Man kann den Spiess genau so gut umkehren: Die andere Seite ist auch nicht besser. Oder man kann einfach festhalten: Es braucht eine Begrenzungsinitiative. Eine, die dem grenzwertigen Treiben in Abstimmungskämpfen ein Ende setzt. Ja, Spass muss sein. Ernst auch.

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