Zahlreiche Afghaninnen und Afghanen wollen vor den Taliban flüchten. Links will sie aufnehmen, rechts nicht. Was ist mit der Mitte und der FDP?
Keller-Sutter Cassis Afghanistan
Gleich zwei bürgerliche Bundesratsmitglieder haben das afghanische Dossier in der Hand: Aussenminister Ignazio Cassis und Karin Keller-Sutter, Justizministerin und verantwortlich für Migration. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • SP, Grüne und SVP streiten sich um die Aufnahme afghanischer Flüchtenden.
  • Mitte und FDP bleiben ruhig, obwohl gleich zwei bürgerliche Bundesräte zuständig sind.
  • Der Tenor lautet: Leute aufnehmen, aber nichts überstürzen.

Von rechts und links ertönen Forderungen, wie die Schweiz mit afghanischen Flüchtlingen umgehen sollte. Die SVP will niemanden ins Land holen und lieber vor Ort Hilfe leisten. SP und Grüne wollen sofort gefährdete Afghaninnen und Afghanen evakuieren. Erstere hat sogar eine Petition gestartet, die den Bundesrat dazu auffordert, 10'000 Flüchtlinge aufzunehmen.

SP Petition Afghanistan
Das Co-Präsidium der SP, Cédric Wermuth und Mattey Meyer, haben eine Petition für die Aufnahme afghanischer Flüchtenden gestartet. Stand Dienstag Nachmittag haben über 23'000 Menschen diese unterschrieben. - Keystone

In der Mitte des politischen Spektrums bleibt es leise. Auch die ansonsten kommunikativen Grünliberalen haben noch keine Lösung aus ihren Rängen kundgetan. Nur Nationalrat Beat Flach (AG) ist «klar» für die Aufnahme von Flüchtenden, wie er auf Twitter mitteilt.

EVP-Gugger will «gut überlegte» Hilfe

FDP und Mitte haben erfahrene Aussenpolitikerinnen und -politiker im Parlament. Einer davon ist EVP-Mann Nik Gugger, der eine besondere Verbindung zum Thema hat. Nationalrat Gugger und seine Familie sind nahe am Geschehen dran. Sie begleiten eine afghanische Familie, die in die Schweiz geflüchtet sind.

Nik Gugger
Nik Gugger ist Zürcher EVP-Nationalrat und Vize-Präsident der EVP Schweiz. - Keystone

Die Familie hat Verwandte in der Hauptstadt Kabul, erfährt dementsprechend aus erster Hand von den Entwicklungen. Gugger erzählt, die Taliban hätten der Familie seiner Bekannten den Strom abgestellt. Alle hätten Angst, in erster Linie sei es wichtig, ein offenes Ohr zu haben: «Es ist beelendend, wie innert kürzester Zeit 20 Jahre Investitionen dahin gegangen sind.»

Dass die Taliban nun nach aussen gemässigter aufträten, sieht Gugger skeptisch. Er glaubt nicht daran, dass sich die islamistische Miliz geändert habe: «Afghanistan hat ganz klar einen grossen Rückschritt gemacht.»

Taliban Afghanistan
Die Taliban haben nach 20 Jahren wieder die totale Kontrolle über Afghanistan. Nach aussen wollen sie reformiert und westlicher auftreten, zum Beispiel sollen auch Mädchen in die Schule dürfen. Ob das eingehalten wird, ist zweifelhaft. - Keystone

Wird er zum Thema Flüchtlinge gefragt, so antwortet Nik Gugger bedacht: «Es ist eine sehr schwierige und verzwickte Lage. Die Schweiz ist bekannt für ihre guten Dienste, ihre humanitäre Hilfe. Aber auch dafür, dass diese Hilfe gut überlegt sein muss. Wir müssen uns fragen – wen aufnehmen? »

Ignazio Cassis Afghanistan
Bundesrat Ignazio Cassis am Montagnachmittag, 16. August, vor den Medien. Besprochen wurde die Lage in Afghanistan. Das Eidgenössische Departement für äussere Angelegenheiten lässt Mitarbeitende des Bundes aus Afghanistan ausreisen. - Keystone

Er sei mit der Strategie von Bundesrat Ignazio Cassis einverstanden, so der EVPler. Cassis hatte gestern gesagt, das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) müsse eine «saubere Lagebeurteilung» machen.

FDP-Ständerat Michel zeigt Verständnis für Petition

Aus der Partei Cassis jedoch ertönen auch Rufe nach schneller Hilfe. Ständerat Matthias Michel, ebenfalls Aussenpolitiker, zeigt sich im Gespräch mit Nau.ch «sehr besorgt». Es seien insbesondere Frauen und Kinder gefährdet, sagt er, weswegen er die SP-Petition verstehe.

Michel Ständerat FDP
Der Zuger Ständerat Matthias Michel (FDP) im Bundeshaus. - Keystone

«Ich unterstütze die Petition in dem Sinne, als dass die Schweiz ihre bestehenden Möglichkeiten und Instrumente einsetzt», sagt Michel. Dazu gehöre die Aufnahme «besonders vulnerablen Flüchtlinge, dann aber auch längerfristige Aufbauhilfe».

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