Ärztemangel: Bund braucht bis 9 Monate für Arbeitsbewilligungen
Die Zulassungsbehörde ist überlastet: Trotz Fachkräftemangels warten Ärzte und Spitäler monatelang auf Entscheide.

Das Wichtigste in Kürze
- Jeder 2. Schweizer Spitalarzt kommt aus dem Ausland, im Kanton Zürich gar zwei Drittel.
- Der Fachkräftemangel ist enorm.
- Doch die Behörden sind überlastet: Bewilligungen verzögern sich um mehrere Monate.
Auch bei Ärzten herrscht in der Schweiz Fachkräftemangel. Doch die Bewilligungen für ausländische Mediziner verzögern sich um Monate, zeigt die «NZZ» am Beispiel eines Chefarztes.
Das Spital von Bülach ZH braucht dringend einen neuen Chefarzt für die Orthopädie. Ein Mediziner aus Bayern ist bereit und hat bereits im Juni einen Vertrag unterschrieben. Doch vorläufig darf er nicht arbeiten, weil sein ausländisches Arztdiplom noch nicht bestätigt wurde. Er hat nach mehr als zwei Monaten noch nicht einmal eine Eingangsbestätigung für sein Gesuch erhalten.

Dafür zuständig ist die Medizinalberufekommission des Bundes. Sie beklagt einen massiven Rückstau.
Ein schwacher Trost für den Orthopäden: Er ist kein Einzelfall. Gemäss Website dauert es aktuell drei Monate, bis nur schon die Bestätigung verschickt wird.
Weitere sechs Monate kann es dauern, bis das Gesuch endgültig beurteilt wird. Hartnäckiges Nachfragen bringt nichts – der telefonische Support wurde über den Sommer eingestellt.
Arzt will zügeln – aber wann?
So könnte es bis im März dauern, bis das Spital Bülach seinen neuen Chefarzt Orthopädie definitiv anstellen kann. «Wir haben keine Ahnung, wann er bei uns zu operieren anfangen und Patienten betreuen kann», sagt Manuel Portmann, Leiter der Personalabteilung des Spitals verärgert. «Die haben das Gesuch ja noch nicht einmal in die Hand genommen.»

Der betroffene Arzt befindet sich in einer schwierigen Lage. Er hat bereits bei seinem alten Arbeitgeber gekündigt und muss nun ohne Einkommen auskommen. Zudem plant er, mit seiner Familie in die Schweiz umzuziehen, weiss aber nicht, wann.
Forderungen nach Notstandsbewilligungen
Angesichts solcher Fälle fordert der Verband der Schweizer Spitäler vom Bundesamt für Gesundheit sofortige Massnahmen. In Zeiten des Fachkräftemangels sind die Spitäler auf ausländisches Personal angewiesen. Und wenn Vakanzen nicht besetzt werden können, sei die Versorgungssicherheit der Patienten gefährdet.
Der Verband verlangt daher, dass Kantone oder die kantonale Gesundheitsdirektorenkonferenz Notstandsbewilligungen erteilen dürfen – eine temporäre Umgehung der überlasteten Bundesbehörden. Alle anderen Fälle sollten innerhalb von maximal drei Monaten abgeschlossen sein, vorausgesetzt, dass alle eingereichten Unterlagen vollständig sind.
Bürokratie und Personalmangel als Ursachen
Aber auch bei der Zulassung des medizinischen Nachwuchses gibt es Probleme: Ärzte, die einen Facharzttitel erwerben wollen, müssen viel Geduld mitbringen – das zuständige Institut benötigt dafür mindestens sechs Monate.

Dieser Missstand wurde kürzlich vom Genfer FDP-Nationalrat Cyril Aellen hervorgehoben, der vom Bundesrat Gegenmassnahmen fordert: Vollständige Dossiers sollten innerhalb eines Monats bearbeitet sein. Bettina Balmer, Oberärztin am Zürcher Kinderspital und Mitglied der gleichen Fraktion wie Aellen, unterstützt diese Forderung.

«Jede Handreichung, die man bei der Arbeit gemacht hat, wird bis ins letzte Detail überprüft», sagt Balmer. «Das ist also eine Scheingenauigkeit.» Sie plädiert für eine Vereinfachung des Verfahrens und die Einstellung von mehr Personal.
Die Suche nach inländischen Ärzten bleibt erfolglos
In Schweizer Spitälern kommen laut dem Bundesamt für Statistik fast die Hälfte aller Ärzte aus dem Ausland – im Kanton Zürich sind es sogar zwei Drittel. Trotzdem betont Manuel Portmann vom Spital Bülach, dass sie nicht ohne Not auf einen deutschen Chefarzt zurückgegriffen haben.
Laut Portmann hat das Spital ein halbes Jahr lang versucht, einen inländischen Ersatz zu finden – jedoch ohne Erfolg. Daher wurde Anfang 2025 eine Agentur beauftragt, aktiv im Ausland nach möglichen Kandidaten zu suchen.
Trotz aller Schwierigkeiten bleibt die Versorgung der Patienten in Bülach gewährleistet: Der bisherige Chefarzt hat seine Pensionierung verschoben und steht weiterhin zur Verfügung.