Unter Alain Berset hat das BAG den Ringier-Verlag scheinbar systematisch mit vertraulichen Informationen gefüttert. Nun werden erste Rücktrittsforderungen laut.
Alain Berset Corona-Leaks
Unter der Aufsicht von SP-Bundesrat Alain Berset hat das BAG vertrauliche Informationen an den Ringier-Verlag weitergeleitet. Jetzt werden erste Rücktrittsforderungen laut. (Archivbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Während der Pandemie bestand ein reger Austausch zwischen dem BAG und dem «Blick»-Verlag.
  • Die Parteispitzen halten sich zurück, dennoch werden erste Rücktrittsforderungen laut.
  • Mehrere SVP-Vertreter sprechen von «Korruption» und verlangen die Einberufung einer PUK.
Ad

Am Wochenende haben die Blätter von «CH Media» bestätigt, was viele schon lange geahnt hatten: Zwischen dem Innendepartement von SP-Bundesrat Alain Berset und dem Verlagshaus Ringier bestand während der Pandemie ein reger Informationsaustausch. Demnach sind mehr als 180 unterschiedliche Kommunikationsvorgänge zwischen dem CEO des «Blick»-Verlags und dem damaligen Kommunikationschef von Berset dokumentiert.

Im Raum steht der Verdacht, dass der Kommunikationschef des SP-Bundesrates ein wohlgesinntes Verlagshaus systematisch mit vertraulichen Informationen gefüttert hatte. Im Gegenzug konnte Alain Berset von einer untertänigen Berichterstattung vonseiten der Ringier-Publikationen profitieren.

Parteispitzen halten sich zurück

Bis anhin üben sich die Parteispitzen in Zurückhaltung: SVP-Parteipräsident Marco Chiesa beschränkt seine Forderungen auf eine «lückenlose Aufklärung» der Angelegenheit. Er ist überzeugt, dass dieser Vorfall die Glaubwürdigkeit der Medien und diejenige von Bundesrat Berset untergräbt. Ähnliche Töne stimmt die Parteileitung der FDP an.

Alain Berset Peter Lauener
Peter Lauener (links), der ehemalige Kommunikationschef von Alain Berset (rechts), hat dem Ringier-Verlag während der Corona-Pandemie scheinbar systematisch vertrauliche Informationen zugespielt. (Archivbild) - keystone

Gegenüber dem «Tagesanzeiger» spricht FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt lediglich von einem «ernsten Problem». Er betont, dass Bundesrat Berset sicherlich von den Indiskretionen gewusst habe – dennoch gelte es, die Resultate der GPK abzuwarten. Dem stimmt auch Grünen-Präsident Balthasar Glättli zu: Auch er erachtet die «systematische Amtsgeheimnisverletzung» als «falsch und inakzeptabel».

Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister hält sich gar noch bedeckter: Gegenüber dem «Tagesanzeiger» verzichtet er auf eine Stellungnahme. Erwartungsgemäss wählt auch die SP-Parteispitze das sprichwörtliche Gold des Schweigens. Bis anhin hat sich lediglich der Präsident der Jungsozialisten zu den Vorfällen geäussert: Alain Berset müsse sich den Vorwürfen stellen und mit der Justiz und den Aufsichtsbehörden kooperieren, meint Nicola Siegrist.

SP-Molina hinterfragt das Timing der Veröffentlichung

Dass die SP-Parteispitze sich bis anhin nicht zu dem Vorfall äussern will, spricht für die Einschätzung von Polit-Analyst Mark Balsiger: «Alain Berset wird versuchen, diese Affäre auszusitzen.» Diesen Eindruck verstärkt SP-Nationalrat Fabian Molina mit seinen Aussagen – gegenüber «SRF» lanciert der Zürcher bereits ein erstes Ablenkungsmanöver: «Es ist schon auffällig, dass Unterlagen aus einem laufenden Strafverfahren ausgerechnet jetzt an die Medien gelangen.»

Durch seinen Einsitz in der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats ist Molina bei den Sozialdemokraten für derlei Angelegenheiten zuständig. Forderungen, eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) einzuberufen und allfällige Rücktrittsforderungen verunglimpft der Zürcher erwartungskonform als «durchsichtige Manöver der politischen Gegner.»

Zahlreiche Rücktrittsforderungen an Alain Berset werden laut

Trotzdem sind längst nicht alle Schweizer Politiker und Politikerinnen so zurückhaltend: An vorderster Front skandiert die Junge SVP die «Untragbarkeit» von Alain Berset. Ähnliche Zeilen haut auch Nationalrat Andreas Glarner in seine Smartphone-Tasten – er hält die Dreistigkeit der «Sozialisten» für «unglaublich».

Alain Berset Köppel Tweet
SVP-Nationalrat Roger Köppel spricht vom «zuckersüssen Gift der Korruption».
Alain Berset Tweet Steinemann
SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann spricht von einem «Skandal».
Alain Berset Tweet Glarner
SVP-Nationalrat Andreas Glarner spricht von der «Dreistigkeit der Sozialisten».
Alain Berset Tweet Trachsel
JSVP-Präsident David Trachsel verlangt den Rücktritt von Alain Berset.
Alain Berset Tweet Fiechter
Nils Fiechter, der Co-Parteipräsident der JSVP des Kantons Bern, spricht von «fatalen Folgen».

SVP-Nationalrat Roger Köppel bringt in seinem Videoblog «Weltwoche Daily» ebenfalls die Einberufung einer PUK ins Spiel. Er bezeichnet die Causa «Corona-Leaks» als «zuckersüsses Gift der Korruption».

Sollte Bundesrat Berset zurücktreten?

In welchem Ausmass der Bundesrat involviert war, bleibt derzeit Gegenstand der Diskussion – für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Ohnehin drohen den Sozialdemokraten im Wahljahr nun zwei äusserst unangenehme Szenarien: Sie könnte mit einem stark angeschlagenen Bundesrat ins Rennen gehen – oder Alain Berset könnte zurücktreten.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Balthasar GlättliGerhard PfisterAndreas GlarnerFabian MolinaRoger KöppelNationalratBundesratWeltwocheJunge SVPRingierGrüneSVPFDPSRFSPAlain BersetKorruptionCoronavirus