Die GPKs von National- und Ständerat starten eine Untersuchung der Corona-Leaks im Departement von Alain Berset. Ein Kommentar.
WEF Alain Berset Corona-Leaks
Bundespräsident Alain Berset spricht während einer Medienkonferenz im «House of Switzerland»am WEF in Davos, am 19. Januar 2023. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Corona-Leaks werden nun auch vom Parlament untersucht.
  • Unter gewissen Gesichtspunkten erscheint eine weitere Untersuchung sinnvoll.
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Die Fragen sind berechtigt, doch die Antworten darauf darf man sich nicht zu leicht machen. Soll Bundesrat Alain Berset zu den Corona-Leaks Stellung nehmen, volle Transparenz schaffen, Konsequenzen ziehen bis hin zum Rücktritt? Und soll auch das Parlament die Angelegenheit untersuchen, mit seinen für solche politischen Inspektionen zuständigen Geschäftsprüfungskommissionen?

Prisca Birrer-Heimo, Nationalrätin SP-LU, Präsidentin GPK-N, Mitte, spricht neben Matthias Michel, Ständerat FDP-ZG, Präsident GPK-S, rechts, kurz vor einer Sitzung der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) von National- und Ständerat, die sich unter anderem mit den Indiskretionen aus dem EDI von Bundesrat Alain Berset befasst, am 24. Januar 2023. - Keystone

Immerhin untersucht bereits ein ausserordentlicher Staatsanwalt die Corona-Leaks. Einen weiteren ausserordentlichen Staatsanwalt hat die Bundesanwaltschaft eingesetzt, um die Leaks betreffend ersterer Untersuchung zu untersuchen. Weil ersterer ausserordentlicher Staatsanwalt eigentlich für die Crypto-, nicht Corona-Leaks, zuständig wäre, untersucht ein dritter ausserordentlicher Staatsanwalt den ersten. Man wartet nur noch darauf, dass ein ausserordentlicher Staatsanwalt untersucht, warum die Bundesanwaltschaft so viele ausserordentliche Staatsanwälte einsetzt.

Brisante Vorwürfe an Bundesrat Alain Berset

So betrachtet scheint eine weitere Untersuchung ein Overkill. Doch einiges spricht dafür, dass nebst der Justiz auch die Politik aktiv wird. Da wären einerseits die Brisanz der Vorgänge im Departement EDI von Bundesrat Alain Berset. Systematisch und gezielt Vorab-Informationen an ein Medienunternehmen weiterzugeben, hat mehr als ein «Gschmäckle».

Alain Berset Peter Lauener
Peter Lauener (links), der ehemalige Kommunikationschef von Alain Berset (rechts), hat dem Ringier-Verlag während der Corona-Pandemie scheinbar systematisch vertrauliche Informationen zugespielt. (Archivbild) - keystone

Je nach dem hat Alain Berset nicht die (ganze) Wahrheit gesagt oder mit zu langer Leine seine Mitarbeiter geführt. Ihm schon vorab aus der Leine einen Strick zu drehen, wäre übereilt. Deplatziert sind Formulierungen wie «die Schlinge zieht sich zu», denn für eine Schlinge brauchte es einen Strick – und einen Fallensteller.

Glaubwürdigkeit steht im Zentrum

Womit wir beim Punkt wären, dass wir dies und vieles andere gar nicht sicher wissen. Wenn Ihr Nachbar der Steuerhinterziehung verdächtigt wird, genügt es Ihnen ja auch nicht, wenn die gemeinsame Reinigungskraft bestätigt, entsprechende Briefe gesehen zu haben. Erst wenn der Nachbar schräg vis-à-vis bestätigt, mit seinem Feldstecher gesehen zu haben, dass die Putzfrau die Post liest, hat die Sache Fleisch am Knochen.

Begrüssen Sie den Entscheid der GPK, die Rolle von Alain Berset bei den Corona-Leaks zu untersuchen?

Nur sollten Sie sich dann auch schleunigst ein neues Reinigungsinstitut suchen. Und mit einer Wärmebildkamera-Drohne überprüfen, in was für Richtungen Ihr schräger Nachbar sonst noch so feldstechert. Mit dem Risiko, dass Sie sich damit strafbar machen.

Untersucht die Untersucher!

Sind die von «CH Media» publizierten Email-Ausschnitte echt? Höchstwahrscheinlich schon, aber wir wissen es schlicht nicht. Sie könnten fingiert, oder in einem relevanten Punkt unvollständig sein. Was eventuell wiederum nur die leakende Quelle wirklich weiss.

gpk corona-leaks birrer-heimo michel
Matthias Michel, Ständerat FDP-ZG, Präsident GPK-S, rechts, spricht neben Prisca Birrer-Heimo, Nationalrätin SP-LU, Präsidentin GPK-N, links, an der Medienkonfenrez nach eine Sitzung der GPKs von National- und Ständerat zu den Indiskretionen aus dem Departement des Innern von Bundesrat Alain Berset. - Keystone

Insofern ist es zu begrüssen, dass die GPKs von National- und Ständerat nun der Sache auf den Grund gehen und Klarheit schaffen wollen. Aus Effizienzgründen sinnvoll ist es sicher auch sinnvoll, statt 38 Parlamentarier nur eine sechsköpfige Arbeitsgruppe darauf anzusetzen. Und aus Geheimhaltungsgründen, denn: Wird es bei der GPK-Untersuchung aber ganz sicher keine Leaks geben? Die Schalter der Wettbüros haben ab jetzt geöffnet.

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