«10vor10» gestrichen: So wenige Leute wollten EM-Halbfinal auf SRF 1
SRF strahlte die EM-Halbfinals im ersten Kanal aus und kippte dafür «10vor10» aus dem Programm. Man wolle «auch künftig einmal etwas ausprobieren», heisst es.

Das Wichtigste in Kürze
- SRF strahlte die EM-Halbfinals auf dem ersten statt dem zweiten Kanal aus.
- Über die Klinge springen musste darum «10vor10».
- Solches wolle man auch in Zukunft «ausprobieren», hiess es auf Anfrage.
Gemäss ihren Kritikern, aktuell vor allem den Initianten der Halbierungsinitiative, soll sich die SRG vor allem auf ihren Kernauftrag beschränken. Nun hat diese Woche SRF aber ausgerechnet die eine Kompetenz gegen die andere ausgespielt. Statt der beliebten News-Sendung «10vor10» wurden die beiden EM-Halbfinals auf SRF 1 gezeigt.

Bis dahin – auch bei vergangenen Turnieren – fanden die 90-Minuten-Spiele, allfällige Verlängerung und Penaltyschiessen immer auf SRF zwei statt. Auch der Final am Sonntag soll auf SRF 1 gezeigt werden. «Um den Spielen mehr Sichtbarkeit zu verschaffen», wie SRF auf Anfrage mitteilt. Dann muss allerdings kein «10vor10» geopfert werden.
«Bestehende Strukturen aufbrechen»
SRF begründet den Programmwechsel damit, dass SRF 1 im Schnitt reichweitenstärker sei. Dass das gewohnte Programm ausgetauscht werde, sei indes nicht neu. In der Vergangenheit habe man solches zum Beispiel mit dem Spionagedrama «DAVOS 1917» oder der Livesendung «Schweiz, wie geht’s?» schon gemacht.

SRF wolle bei der Programmierung der Sender künftig auch einmal etwas ausprobieren: «Bestehende Strukturen aufzubrechen und damit speziellen Ereignissen noch mehr Sichtbarkeit verschaffen.»
Die Flexibilität, punktuelle Anpassungen vorzunehmen, wolle man darum beibehalten. Erfahrungen bei ausländischen Sendern hätten gezeigt, dass der Wechsel auf den ersten Kanal durchaus positiv beim Publikum angekommen sei.
Keine rekordverdächtigen Zuschauerzahlen
Doch wie viele Personen des gebührenzahlenden Publikums konnten den so vor die Flimmerkiste gelockt werden? Seit heute liegen alle Zahlen vor und diese sind… okay. Den Halbfinal Spanien-Frankreich sahen 705'000, bei Holland-England waren es 820'000.
Das sind viele, im Vergleich mit den Top 100 seit 2013 aber nicht gerade berauschend. Denn Fussballspiele ziehen an: Die ersten 60 Plätze sind fast ausschliesslich von EM- oder WM-Spielen besetzt. In der Regel sind es Spiele mit Schweizer Beteiligung oder Halbfinals und Finals.

Der erste Halbfinal 2024 schafft es allerdings nicht unter die Top 100, der zweite wäre gerade noch auf Rang 90. Gut, die Schweiz war bereits ausgeschieden. Aber trotz prominenter Programmierung auf dem ersten Kanal: Der Achtelfinal Holland-Mexiko an der WM 2014 oder der Viertelfinal Frankreich-Island an der Euro 2016 schnitten besser ab. Diverse «Hüttengeschichten» und «SRF bi de Lüt» ebenfalls.
Konkurrenz-Programm interessierte kaum
Klar ist hingegen, dass es kaum jemanden geschmerzt hätte, wenn statt «10vor10» die Sendungen bei SRF zwei ausgefallen wären. «10vor10» wird jeweils von etwa 300'000 Interessierten eingeschaltet. Bei «Kuba – Karibisch genial», «Finnland entdecken» oder «Amazing Hotels» waren es einige Zehntausend. Am besten schnitt noch der Schweizer Spielfilm «Die Standesbeamtin» ab, mit 72'000.

Aber vielleicht ändert sich das ja alle mit dem Final am Sonntag. Nur: Liegt es dann an der Finalpaarung Spanien-England oder weil Tausende Anti-Sportler SRF 1 einschalten und dann beim Fussball hängenbleiben? Wir werden es nie wissen. Auch nicht, wie viele Fussballfans enttäuscht ausschalten, weil sie auf SRF zwei die Liveübertragung nicht finden.