Der ehemalige Profi-Sportler Boris Becker steht in London vor Gericht. Dort läuft ein Strafprozess wegen Verschleierung von Vermögen gegen den Deutschen.
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Boris Becker und seine Partnerin treffen beim Gericht in London ein. Er plädiert auf unschuldig. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Strafprozess gegen Boris Becker geht in London weiter.
  • Er muss sich wegen Verschleierung von Vermögen während der Insolvenz verantworten.
  • Dem Ex-Tennisstar drohen bis zu sieben Jahre Haft.

Endspiel für Boris Becker: In London hat am Montag der Strafprozess gegen den früheren deutschen Tennisstar begonnen. Er muss sich dort wegen Verschleierung von Vermögen während seiner Insolvenz verantworten.

Die Konzentration war Boris Becker anzumerken, als am ersten Prozesstag im Southwark Crown Court die Anklageschrift gegen ihn verlesen wurde. Aufrecht stand der 54-jährige Leimener in seinem Glaskasten inmitten des Gerichtssaals. So, als gelte es, einen Aufschlag des Gegners auf dem Tennisplatz zu parieren.

In der Scheibe vor seinen Augen spiegelte sich sein eigenes Gesicht. Dahinter sassen jene, von denen Beckers Zukunft nun entscheidend abhängt: die Richterin und die Anwälte mit ihren gepuderten Perücken, an der Seite die Geschworenen. Hinter dem früheren Tennisstar hatte sich gut ein Dutzend Journalisten auf den Zuschauerrängen versammelt.

Boris Becker drohen bis zu sieben Jahre Gefängnis

«The Queen v Boris Franz Becker» (Die Queen gegen Boris Franz Becker): So steht es über der Zusammenfassung der Anklageschrift, die an die anwesenden Reporter verteilt wurde. Als Staatsoberhaupt steht die Queen hier stellvertretend für den britischen Staat. In dem siebenseitigen Dokument sind 24 Punkte aufgelistet, die für Becker den Unterschied zwischen Freiheit und Gefängnis ausmachen könnten. Theoretisch könnten ihm bei einer Verurteilung bis zu sieben Jahre Haft drohen.

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Boris Becker bei einem Gerichtstermin in London im Jahr 2020. Der Prozess zu seiner Insolvenz zieht sich in die Länge. - Keystone

«Herr Becker hat sich hinsichtlich einer Reihe von Vermögensbestandteilen unaufrichtig verhalten», sagte die Staatsanwältin am Montag. Es geht um Gelder in Millionenhöhe, die auf andere Konten überwiesen wurden. Und um nicht angegebene Immobilien, Aktien und Trophäen, die der Anklage zufolge dem Zugriff des Insolvenzverwalters entzogen wurden. Beispielsweise den Siegespokal des Australian Open 1996 – Boris Becker streitet die Vorwürfe ab, plädierte in allen Punkten auf unschuldig.

Keine Extra-Behandlung für den Ex-Tennisprofi

Zum Prozessauftakt am Morgen war der Wahl-Londoner mit seiner Partnerin erschienen. Die letzten Meter bevor es ins Gerichtsgebäude ging, hielt sie seine Hand. Einen Promi-Bonus gab es für den dreimaligen Wimbledon-Sieger in dem schlichten Backsteingebäude aber nicht. Wie alle anderen Besucher, Zeugen und Journalisten musste er sich in eine lange Schlange einreihen und einer aufwendigen Sicherheitskontrolle unterziehen.

Gerichtsmitarbeiter pflückten den Inhalt seines grauen Trolleys auseinander, liessen ihn aus einer mitgebrachten Flasche trinken. Und sie tasteten seinen Körper auf verdächtige Gegenstände ab, wie eine dpa-Reporterin beobachtete. Becker liess die minutenlange Prozedur im dunkelblauen Anzug und schwarzen Turnschuhen über sich ergehen.

«Lassen Sie sie nicht von der Prominenz des Angeklagten ablenken», wies die Richterin die Geschworenen an. In seiner Wahlheimat England ist Becker bekannt und beliebt, seit Jahren als Wimbledon-Kommentator ein häufig gesehenes Gesicht im BBC-Fernsehen.

Becker hofft auf Gerechtigkeit

«Ich hoffe, dass die Richterin und die zwölf Geschworenen ein gerechtes Urteil fällen.» Das hatte Boris Becker noch im vergangenen Monat der «Bild am Sonntag» gesagt und sich zuversichtlich gezeigt. Er glaube «grundsätzlich immer an das Gute und an die englische Gerichtsbarkeit», so der Ex-Tennisstar damals.

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Boris Becker blickt seinem Strafprozess vor einem Gericht in London zuversichtlich entgegen. (Archivbild). Foto: Dave Hunt/AAP/dpa - dpa-infocom GmbH

Bis es zu einer Entscheidung kommt, wird Becker aber eine Zeit der Ungewissheit ertragen müssen. Für den Prozess sind bis zu drei Wochen angesetzt.

Hauptzeuge am Coronavirus erkrankt

Unklar war zunächst, ob der Prozess wie geplant ablaufen kann. Hintergrund ist, dass der wichtigste Zeuge der Anklage, Insolvenzverwalter Mark Ford, an Covid-19 erkrankt ist. Der Zeuge leide unter Kopfschmerzen, fühle sich benommen und müde, so die Staatsanwaltschaft.

Die Verteidigung plädierte hingegen dafür, den Zeitplan beizubehalten. Dies, da nicht klar sei, wie lange es dauern werde, bis Ford vor Gericht auftreten könne. Das Gericht hatte sich deswegen bereits kurz nach Prozessbeginn zur Beratung zurückgezogen, aber zunächst keine Entscheidung verkündet. Das Verfahren wurde am Montag zunächst mit Ausführungen der Staatsanwaltschaft fortgesetzt.

Boris Becker war 2017 von einem Gericht in London für zahlungsunfähig erklärt worden. Obwohl eine Privatinsolvenz in England in der Regel innerhalb von zwölf Monaten abgeschlossen werden kann, dauert das Verfahren seitdem an. Verschiedene Auflagen gegen Becker wurden sogar auf eine Dauer von zwölf Jahren verlängert.

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