Die Wiege des deutschen Films, das Studio Babelsberg, will weiter Kinofilme produzieren, aber den Fokus stärker auf Serien legen. Doch das geht nicht wie erhofft - Studiochef Woebcken sagt, warum.
Carl L. Woebcken, Vorstandsvorsitzender der Studio Babelsberg AG, beim Interview mit der dpa. Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa
Carl L. Woebcken, Vorstandsvorsitzender der Studio Babelsberg AG, beim Interview mit der dpa. Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das Studio Babelsberg will neben Kinofilmen stärker auf Serien setzen.

Vorstandschef Carl Woebcken warnt jedoch vor einer Abwanderung von Serien-Anbietern ins Ausland und fordert mehr Hilfe vom Bund.

«Wir würden gern den Anteil der Serienproduktion erhöhen. Wir haben aber Anfragen ohne Ende und Absagen ohne Ende», sagte Woebcken der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. Der Markt habe sich wegen des grossen Bedarfs der Streamingdienste hin zu seriellen Formaten gedreht - auch wegen der Corona-Pandemie, die das Kinosterben beschleunigt habe. Doch: «Weltweit boomt es und Deutschland partizipiert nicht daran», sagte Woebcken.

Der Vorstandschef hält die staatliche Förderung in Deutschland nicht mehr für zeitgemäss: «Die Förderung in Deutschland ist auf Kino ausgerichtet. Ohne den Filmförderfonds II hätten wir die Produktion von «Matrix» oder «Uncharted» nicht nach Deutschland geholt, aber er ist in die Jahre gekommen», sagte Woebcken, der auch Vorstandsmitglied des Verbands Technischer Betriebe für Film & Fernsehen (VTFF) ist. «Für das Kino ist eine sechsmonatige Auswertungssperre erforderlich, damit man Zugriff auf diese Mittel hat - mit der Möglichkeit einer Verkürzung auf drei Monate.» Er betonte: «Das machen aber die meisten Produzenten weltweit nicht mit, weil das Tür und Tor für die Piraterie öffnet.» Woebcken erhofft sich von der neuen Kulturstaatsministerin Claudia Roth Unterstützung.

Nach der Übernahme der Mehrheit durch die US-Investmentfirma TPG Real Estate Partners rechnet der Vorstandschef mit einer Stärkung der Position der Studio Babelsberg AG. «TPG plant, dass unter dem Label Cinespace eine Verbundstruktur von Studiobetreibern entstehen soll, die über die Marktmacht bessere Chancen hat, das Geschäft auszubauen», sagte Woebcken. Durch Investitionen in Infrastruktur und neue Technologien kann der gesamte Medienstandort Babelsberg aus seiner Sicht von der Kooperation profitieren. Dazu komme, dass die Talentagentur CAA, die ebenfalls zu TPG gehört, aktiv beim Packaging sei - einer Finanzierungshilfe von Independent-Filmen. «Das ist eine Synergie, die wir uns aus dem Gesamtverbund erwarten.»

Nach einem Rekordjahr blickt Studio Babelsberg vorsichtig in die Zukunft: «Wir werden im ersten Halbjahr durch ein kleines Loch gehen müssen», sagte der Vorstandschef. «Wenn von vier geplanten Kino-Grossprojekten zwei kommen, hätten wir eine sehr gute Auslastung, wenn keines kommt, wäre es eine Katastrophe.» Er nennt als Ziel, die zweite Staffel der Serie «1899» zu machen. «Im nächsten Jahr wird sicherlich wieder «Babylon Berlin» kommen, aber sie haben bei uns nur die Aussenkulisse in Anspruch genommen.»

Das Studio lebt nach den Worten seines Chefs «von der Hand in den Mund». «Wir haben nur eine Sichtweite von sechs Monaten, was die Auftragslage angeht», sagte Woebcken. Trotz der guten Jahre 2020 und 2021 habe die Auslastung im Durchschnitt nur bei 50 Prozent gelegen. «Wir kommen nicht an die grösseren seriellen Produktionen heran, die man braucht, um eine einigermassen regelmässige Auslastung zu haben.»

Studio Babelsberg wurde 1912 gegründet und ist nach eigenen Angaben das älteste Grossatelier-Filmstudio der Welt. Dort entstanden zum Beispiel so erfolgreiche Spielfilme wie «Die Feuerzangenbowle», «Bridge of Spies», «Inglourious Basterds» und «Matrix Resurrections», aber auch die Serien «Babylon Berlin», «Homeland» und «Dark». Seit 2005 ist Studio Babelsberg eine AG.

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