Bauriese Implenia mit heftigen Vorwürfen konfrontiert
Laut einer RTS-Recherche setzt Bauriese Implenia seine Lieferanten mit fragwürdigen Praktiken unter Druck.
Das Wichtigste in Kürze
- Lieferanten werfen Implenia vor, Rechnungen monatelang nicht zu bezahlen.
- Der Baukonzern rechtfertigt die Verzögerungen mit projektbedingten Schwankungen.
- Interne Quellen berichten weiter von systematischem Druck auf Geschäftspartner.
Seit Jahren beschweren sich Lieferanten und Subunternehmen des Schweizer Bauriesen Implenia über massive Zahlungsverzögerungen. Das zeigt eine Recherche des Westschweizer Radio und Fernsehens (RTS).
Die Rede ist von unerklärlich langen Wartezeiten, bis Rechnungen beglichen werden – in manchen Fällen bis zu acht Monate. Ein Lieferant, der aus Angst vor Konsequenzen anonym bleiben will, wird wie folgt zitiert: «Die Verzögerungen können bis zu acht Monate betragen, ohne Grund.»
Für einige kleinere Unternehmen hatten die unbezahlten Rechnungen existenzielle Folgen. Laut einem ehemaligen Lieferanten, der ebenfalls anonym spricht, wurden sie von Implenia dazu ermutigt, sich ganz auf das Unternehmen zu konzentrieren.
«Wir wurden abhängig, es war unser Hauptkunde mit 60 oder 70 Prozent. Sie können sich also vorstellen, was passiert, wenn der Hauptkunde nicht mehr zahlt», sagt er. Einige dieser Firmen mussten schliesslich Konkurs anmelden.
«Implenia zahlt innerhalb der vereinbarten Fristen»
Ein Blick in den Jahresbericht 2024 bestätigt die Dimension des Problems: Ende Jahr hatte Implenia gegenüber Lieferanten Verbindlichkeiten in Höhe von fast einer Milliarde Franken offen. Bei einem gesamten Rechnungsvolumen von über zwei Milliarden Franken.
«RTS» wollte diese Zahlen vom damaligen CEO André Wyss erklärt haben. Ein geplantes Interview sagte er jedoch ab und antwortete stattdessen schriftlich: «Grundsätzlich bezahlen wir unsere Lieferanten innerhalb der vereinbarten Fristen. Es gibt zum Bilanzstichtag immer Schwankungen, abhängig vom Portfolio der laufenden Projekte.»
In einer Stellungnahme vom 11. Juni 2025 schreibt Implenia, dass man bedaure, nicht mit den Einzelfällen konfrontiert worden zu sein, um fundierte Angaben machen zu können. Weiter heisst es: «Generell zahlt Implenia ihre Lieferanten und Subunternehmer innerhalb der vereinbarten Fristen. Die Qualität der Leistungen, die Einhaltung von Fristen sowie die Modalitäten der Rechnungsstellung können die Zahlung verzögern.»
«RTS» verzichtete nach eigenen Angaben bewusst darauf, Einzelfälle offenzulegen. Aus Rücksicht auf die betroffenen Unternehmen, die ihre Geschäftsbeziehung zu Implenia nicht gefährden wollen.
Organisierter Druck auf Lieferanten
Für Unruhe sorgten auch sogenannte «Supplier Summits» (Lieferantengipfel), die Implenia 2019 durchführte. Ziel der Treffen war es offenbar, die Gewinnmargen des Unternehmens zu steigern.
Laut dem Bericht von «RTS» wurden dabei Lieferanten einzeln einbestellt und dazu aufgefordert, freiwillig Geld an Implenia zu überweisen. Die erhofften Einnahmen blieben jedoch aus, und die Praxis wurde nach einigen Monaten eingestellt.
Intern stossen solche Methoden auf Kritik. Ehemalige Mitarbeitende berichten von grossem Unbehagen. Einer von ihnen erzählt: «Bei Implenia habe ich mich zum ersten Mal in meinem Leben für das geschämt, was man mich zu tun zwang.» Er beschreibt ein Klima des Drucks: «Man hat uns wie Rennpferde gedrillt.»
