Von den einstigen Grössen aus der Zeit des Booms der lateinamerikanischen Literatur ist er der letzte Überlebende. Seinen ersten Roman veröffentlichte Mario Vargas Llosa vor fast 60 Jahren.
Mario Vargas Llosa schreibt noch immer. Foto: Manuel H De Leon/EFE/epa/dpa
Mario Vargas Llosa schreibt noch immer. Foto: Manuel H De Leon/EFE/epa/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Aufhören kommt für Mario Vargas Llosa nicht in Frage.

Dass er auch im hohen Alter noch gute Bücher schreiben kann, bewies der aus Peru stammende Nobelpreisträger erst voriges Jahr mit dem Roman «Harte Jahre», in dem er meisterhaft reale zentralamerikanische Geschichte mit fiktionalem Geschehen verwebt.

Nun steht beim Grandseigneur der lateinamerikanischen Literatur wieder ein runder Geburtstag an: Am Sonntag (28. März) wird Vargas Llosa 85 Jahre alt.

Fast 60 Jahre ist es her, dass der in Arequipa im Süden Perus geborene Autor 1962 mit dem Roman «Die Stadt und die Hunde» (dt. 1966) gross herauskam. Er leitete damit den sogenannten Boom ein, den Siegeszug lateinamerikanischer Literatur in der Welt. All die anderen Autoren dieser Generation wie Gabriel García Márquez (Kolumbien), Carlos Fuentes (Mexiko) und Julio Cortázar (Argentinien) sind lange tot. Vargas Llosa als einst Jüngster unter ihnen schreibt weiter. Seit vielen Jahren lebt er in Madrid, und er besitzt auch die spanische Staatsbürgerschaft.

Schon in seinen frühen Schaffensjahren lebte der Literat viel in Europa. Der Weg hinaus in die Welt hatte mit einem bizarren Familienkrach begonnen: 1955 heiratete Vargas Llosa im Alter von nur 19 Jahren seine zehn Jahre ältere angeheiratete Tante Julia Urquidi (1926-2010). Vor der wutschnaubenden Verwandtschaft suchten die zwei das Weite und zogen erst nach Madrid und dann nach Paris, wo die Ehe 1964 zerbrach. Mario heiratete ein Jahr später seine Cousine Patricia Llosa, Nichte seiner ersten Frau. Mit ihr hat er drei Kinder.

Der ersten Liebe widmete er ein eigenes Buch, den Roman «Tante Julia und der Kunstschreiber» (dt. 1979), in dem er die Beziehung verarbeitete. Julia fand das gar nicht witzig und schrieb in dem Gegenbuch «Lo que Varguitas no dijo» («Was der kleine Vargas nicht sagte») ihre eigene Sicht der Dinge nieder.

Das Werk des Grossschriftstellers erfasste im Laufe der Jahre ein immer breiteres Spektrum, auch wenn die meisten Kritiker finden, dass seine frühen Romane wie «Die Stadt und die Hunde», «Das grüne Haus» (dt. 1968) oder «Gespräch in der Kathedrale» (dt. 1976) seine besten waren. Ein grosser Erfolg der späteren Jahre wurde «Das Fest des Ziegenbocks» (2000, dt. 2001), der Roman über Leben und Tod des dominikanischen Diktators Rafael Leónidas Trujillo.

Sein jüngster Roman «Harte Jahre» über die Machenschaften der United Fruit Company in Guatemala knüpft in einigen Punkten an diesen an. Nach diversen eher mittelmässigen Romanen der vergangenen zwei Jahrzehnte gelang Vargas Llosa damit noch einmal ein kleines Meisterwerk.

Im Herbst 2010 zeichnete die Schwedische Akademie Vargas Llosa mit dem Literaturnobelpreis aus. 20 Jahre zuvor hatte sich der Autor, der sich selbst als politischen Schriftsteller versteht, einmal als Politiker versucht. 1990 wollte er in Peru Präsident werden. Er zog in den Wahlkampf, hielt wunderbare Reden und lag nach dem ersten Wahlgang vorne. Doch die Stichwahl gewann der Aussenseiter Alberto Fujimori. Vargas Llosa sagte der aktiven Politik daraufhin Lebewohl.

Seine politischen Ansichten verbreitet er meist eher in Kolumnen und Essays. Mit seinen radikal liberalen Positionen wurde er in der linkslastigen lateinamerikanischen Intellektuellenzunft zum Aussenseiter. In Spanien bezog er Partei gegen die katalanischen Separatisten und trat bei einer Kundgebung in seiner früheren Wahlheimat Barcelona 2017 als Redner auf. 2019 legte er mit der Essaysammlung «Der Ruf der Horde» ein Plädoyer für den Liberalismus vor, eine «intellektuelle Autobiografie», wie er es nannte.

Menschen, die ihn kennen, preisen den ergrauten Weltbürger als höflich, angenehm im Umgang und auch als «Kavalier der alten Schule». Kurz vor seinem 80. Geburtstag machte er mit seinem Privatleben Schlagzeilen und hatte die Madrider Boulevardpresse am Hals: Nach 50 Ehejahren trennte er sich von Patricia und zog mit Isabel Preysler (geb. 1951) zusammen, einer schillernden Society-Königin, Ex-Frau des Sängers Julio Iglesias und Mutter von Enrique Iglesias.

Eine besondere Liebe verbindet den Nobelpreisträger mit Berlin, das er immer wieder gern besuchte und dessen «kosmopolitische Atmosphäre» er einmal pries. Im vorigen September nahm er an der Eröffnung des Internationalen Literaturfestivals teil und diskutierte mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Zuletzt arbeitete er dem Vernehmen nach an einem Essay über den spanischen Schriftsteller Benito Pérez Galdós (1843-1920). Rente mit 85 ist für den Meister kein Thema. «Möge der Tod mich erwischen, während ich mein bestes Buch schreibe. Das ist mein grosser Traum», sagte er einmal in einem Interview der spanischen Zeitung «El País».

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