Mickey Rourke war ein Superstar der 80er, zerstörte dann im Boxring sein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit und legte anschliessend ein kurzlebiges Comeback hin.
Mickey Rourke in «Der Pate von Greenwich Village» aus dem Jahr 1984 (l.) und im Jahr 2010 in Los Angeles, Kalifornien.
Mickey Rourke in «Der Pate von Greenwich Village» aus dem Jahr 1984 (l.) und im Jahr 2010 in Los Angeles, Kalifornien. - imago images/EntertainmentPictures/Featureflash Photo Agency/Shutterstock.com

Der US-Schauspieler Mickey Rourke (70) sorgte erst vor wenigen Monaten für Aufsehen, als er in der Talkshow «Piers Morgan Uncensored» zu Gast war. Dort zog er über seinen Kollegen, Hollywoodstar Tom Cruise (60), her. In seiner Welt, so Rourke, sei Cruise «bedeutungslos», da er «seit 35 Jahren die gleiche verdammte Rolle» spiele. Er respektiere stattdessen die Arbeit von Darstellern wie Christopher Walken (79), dem frühen Robert De Niro (79) oder Marlon Brando (1924-2004). «Das ist die Art von Schauspieler, die ich sein will», so Rourke.

Immer die gleiche Rolle gespielt zu haben, muss sich Mickey Rourke wahrlich nicht vorwerfen lassen. Vielmehr weist seine fünf Jahrzehnte überspannende Filmografie etliche Höhepunkte, Brüche, mit den 1990er Jahren ein geradezu verlorenes Jahrzehnt und später ein grosses Comeback mit dem Drama «The Wrestler» auf.

Der Bad Boy war eine Ikone der 1980er Jahre

Die eingangs erwähnten Schauspieler und Vorbilder wie Marlon Brando und Robert De Niro sind vermutlich nicht zufällig gewählt. Denn wie Rourke erlernten sie ihr Handwerk im berühmten Actors Studio in New York, der Wiege des sogenannten Method Actings. Nachdem Rourke dort die prägende Schauspielmethode der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts studiert hatte, zog es ihn als Mittzwanziger nach Hollywood.

Die Erfolge stellten sich dort schnell ein. Seine Nebenrolle im Neo-Noir-Thriller «Body Heat» (deutscher Titel: «Heissblütig - Kaltblütig», 1981) sorgte bereits für Aufsehen. Danach war er in Francis Ford Coppolas (83) «Rumble Fish» zu sehen, und galt fortan als eines der grössten Talente seiner Generation. Der Regisseur Barry Levinson (80) attestierte Rourke damals eine beeindruckende Mischung aus «Härte und Verletzlichkeit».

Die Mitte der 1980er Jahre gehörte dann ganz dem Mimen. Es entstanden der harte Cop-Thriller «Im Jahr des Drachen» (1985) von Michael Cimino (1939-2016) und der Erotikfilm-Klassiker «9 1/2 Wochen» (1986) mit Kim Basinger (68), die übrigens einmal über Kussszenen mit ihren Filmpartner gesagt haben soll, dass sein Mund wie ein Aschenbecher geschmeckt habe. Besonders der Okkult-Thriller «Angel Heart» (1987) überzeugt auch heute noch mit seiner flirrenden, düsteren Südstaaten-Atmosphäre, einem atemberaubenden Endtwist und einem Mickey Rourke auf dem Höhepunkt seines Schaffens.

Mickey Rourke zerstört sein Gesicht - und seine Karriere

Wie so vielen Hollywoodstars vor ihm, stieg auch Mickey Rourke der grosse Ruhm zu Kopf. «Ich war ausser Kontrolle und dachte nicht, dass die Party aufhören würde», blickte er einmal auf diese Zeit zurück. Gegen Ende der 1980er Jahre habe er «alles verloren: mein Haus, meine Karriere, meine Ehefrau. Mein Leben war ein Katastrophengebiet».

Dustin Hoffman (85) rief ihn damals wegen einer Rolle in seinem Film «Rain Man» an, doch Rourke habe nicht einmal zurückgerufen. Auch Regielegende Quentin Tarantino (59) meldete sich und bot ihm die später von Bruce Willis (67) gespielte Rolle in «Pulp Fiction» (1994) an. Das Drehbuch zum Kultfilm der frühen 1990er Jahre habe er dann überhaupt nicht durchgelesen.

Neben Partys und schlechten Rollenentscheidungen war seiner Schauspielkarriere nicht zuträglich, dass Rourke in acht Profiboxkämpfen sein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit zerstörte. Nach eigener Aussage brach er sich im Ring zweimal die Nase und einen Wangenknochen. Das entstandene «Chaos» versuchte er mit insgesamt sechs Schönheitsoperationen «notdürftig zu reparieren», geriet dabei aber an einen schlechten Chirurgen.

Sein weltbekanntes Gesicht, das wichtigste Kapital eines Schauspielers, war für immer verloren.

«Sin City» und «The Wrestler»: Mickey Rourke kämpft sich zurück

Nach den selbstzerstörerischen 1990er Jahren fiel Rourke das erste Mal so richtig wieder in der schrägen Comic-Adaption «Sin City» (2005) von Frank Miller (65) und Robert Rodriguez (54) auf, bevor ihm Filmemacher Darren Aronofsky (53) mit dem abgehalftertem Wrestler Randy «The Ram» Robinson im Drama «The Wrestler» (2009) die bedeutendste Rolle der zweiten Hälfte seiner Karriere gab. Immer wieder weisen Filmjournalisten und Kritiker auf Parallelen zwischen Rourkes Biografie und der seiner Figur hin, die ebenfalls in den 1980er Jahren ihren Höhepunkt erlebt hatte. Auch die ganz realen Verletzungen, die Rourke im Boxring davontrug, scheinen sich in der Figur Randy «The Ram» zu spiegeln.

Für den Oscar nominiert, erhielt er für «The Wrestler» einen Golden Globe als «Bester Hauptdarsteller» - und war plötzlich wieder angesagt in Hollywood. Engagements in Sylvester Stallones (76) Altherren-Spass «The Expendables» (2010) und dem Marvel-Blockbuster «Iron Man 2» (2010) folgten. Doch die Marvel Studios beschuldigte Rourke, die Nuancen seiner Darstellung aus dem Film herausgeschnitten zu haben. Marvel habe sich ausschliesslich einen «eindimensionalen Bösewicht» gewünscht.

Sein beeindruckendes Comeback blieb im Anschluss von kurzer Dauer. In den vergangenen Jahren ist Rourke in einer gefühlt endlosen Reihe von B-, C- und D-Actionfilmen aufgetreten, die fast nicht mehr wahrgenommen werden. Mittlerweile spricht er offen über den Missbrauch, den er als Jugendlicher durch seinen Stiefvater, einen Polizisten, erlitten hat. Dies habe ihn hart werden lassen - und zu lebenslangen Problemen mit Autoritätsfiguren geführt, wozu auch Filmregisseure zählten.

Demnächst werden Zuschauer Rourke wieder in einer etwas grösseren Rolle erleben können. Im Ensemble-Film «The Palace» von Roman Polanski (89) tritt er an der Seite von Fanny Ardant (73), John Cleese (82) und dem deutschen Schauspieler Oliver Masucci (53) auf. Der Film soll zum Jahreswechsel in den Kinos erscheinen.

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