An den Namen musste man sich erst mal gewöhnen. Aber dann wurde Kiri Te Kanawa zum grossen Star der Opernwelt. Nun wird die Neuseeländerin 75. Eines ihrer bekanntesten Lieder will sie nie wieder hören.
Kiri Te Kanawa, Opernsängerin aus Neuseeland, wird 75. Foto: Kirsty O'connor/PA/AP
Kiri Te Kanawa, Opernsängerin aus Neuseeland, wird 75. Foto: Kirsty O'connor/PA/AP - dpa-infocom GmbH
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Man kann die Leute in Neuseeland für die verschiedensten Dinge bewundern.

Dafür, wie sie auf der anderen Seite der Welt mit ihrem Inseldasein zurechtkommen.

Für ihr gesundes Selbstbewusstsein gegenüber dem grossen australischen Nachbarn.

Für ihr legendäres Rugby-Team, die All Blacks.

Inzwischen sogar dafür, wie Maori, ehemals die Ureinwohner, und spätere Ankömmlinge miteinander zusammen leben.

Neuseelands Beitrag zur Welt der Oper war hingegen lange Zeit eher bescheiden. Bis Kiri Te Kanawa kam. Die Frau mit dem grossartigen Sopran wurde zum ersten neuseeländischen Weltstar der klassischen Musik. Die grosse Dame aus europäischen Opern gab sie ebenso gut wie die Maria, die junge Einwanderin aus Puerto Rico in der «West Side Story». Am Mittwoch (6. März) wird sie 75 Jahre alt.

Den Auftritt ihres Lebens hatte sie im Sommer 1981 bei der Hochzeit von Prinz Charles und Diana. Die grosse Bühne war sie damals längst gewohnt. Aber mutmasslich mehr als eine halbe Milliarde an den Fernsehern, das hatte sie noch nie und später nie wieder.

Sieht man den Auftritt heute, weiss man nicht, worüber man mehr staunen soll: über die Sicherheit, mit der die Diva die Arie «Let The Bright Seraphim» aus der Händel-Oper «Samson» bewältigte - oder über die Selbstverständlichkeit, mit der sie ihr Kleid zur Schau trug. Dessen Farben changierten zwischen Neon-Gelb und Neon-Pink, was auch damals gewagt gewesen sein muss. Dazu hatte sie ein Hütchen in Neon-Blau auf dem Kopf.

Für so viel Selbstbewusstsein gab es allen Grund. Te Kanawas weicher, cremiger Sopran galt als eine der schönsten Stimmen überhaupt. Manche hielten ihr sogar vor, zu schön zu singen und nicht dramatisch genug. Weltstar wurde sie auch so. Der erste übrigens mit Maori-Wurzeln: Ihr Vater gehörte zu Neuseelands Ureinwohnern, die Familie ihrer Mutter war irisch. Sie selbst machte nie grosses Gewese darum.

Vielleicht auch, weil sie die Eltern bald nach der Geburt zur Adoption freigaben. Sie sah sie nie wieder. Kiri - eigentlicher Name: Claire - wuchs bei den Te Kanawas auf. Der Adoptivvater war ebenfalls Maori. Nach den ersten Erfolgen im klassischen Fach ging sie zum Studium nach London. Mit 25 gab sie ihr Debüt am Royal Opera House. Mit 29 sang sie das erste Mal in New York an der Met. Es folgten alle anderen bekannten Opernhäuser der Welt.

Ihre Paraderolle war die der grossen Dame, ob bei Mozart, Verdi, Puccini oder Strauss. Anfangs arbeitete sie noch mit dem alten Herbert von Karajan zusammen. Georg Solti, einer der anderen ganz grossen Dirigenten, schenkte ihr als Zeichen der Bewunderung einen weissen Nerz. Für Leonard Bernstein sang sie die Maria in dessen eigener Interpretation der «West Side Story». Davon gibt es einen grossartigen Dokumentarfilm.

Immer mal wieder wechselte Te Kanawa auch das Fach. Zu Beginn verdiente sie sich Geld in Country-Clubs. Später machte sie Pop und trat mit Maori-Liedern auf. Einmal sang sie - ganz grosse Ehre für eine Neuseeländerin - die Hymne zur Rugby-WM. Als Paul McCartney ein «Liverpool-Oratorium» schrieb, war sie wie selbstverständlich in der Uraufführung dabei. Im weltweiten TV-Erfolg «Downton Abbey» hatte sie eine Gastrolle als Sopranistin.

Was das Privatleben angeht: Te Kanawa heiratete 1967 einen Briten, der später ihr Manager wurde. Die beiden adoptierten zwei Kinder. Nach 20 Jahren liessen sie sich scheiden. Mit 65 verkündete sie 2009 das baldige Ende ihrer Karriere. Ein paar Auftritte gab es seither doch noch. Seit 2016 scheint nun aber tatsächlich Schluss zu sein.

Heute bringt sie Jüngeren das Singen bei. «Meine Stimme ist Vergangenheit», sagte sie kürzlich in einem Interview mit der neuseeländischen Frauenzeitschrift «Women's Weekly». «Wenn ich diese jungen, frischen Stimmen höre, will ich meine eigene nicht daneben haben.» Kurz vor Weihnachten, als sie aus der Hand von Prinz Charles - immer noch erst Thronfolger - einen Orden des britischen Königshauses entgegennahm, vergoss sie auch einige Tränen.

Ob die beiden bei der Gelegenheit noch einmal über die Traumhochzeit von einst sprachen, ist nicht bekannt. Den Titel einer «Dame» - das weibliche Pendant zum «Sir» des britischen Ritterstands - bekam Te Kanawa schon 1982, gleich im Jahr danach. Die Arie von damals, «Let The Bright Seraphim», hat sie nach eigenen Worten seit dem Unfalltod der Prinzessin von Wales übrigens nie wieder gesungen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

WeihnachtenPaul McCartneySeraphimKing CharlesHochzeit