Richard Wagner hinterliess der Nachwelt Grenzen sprengende Opern und erschreckende antisemitische Gedanken, ausserdem fast 10.000 Briefe. Viele sind schon historisch-kritisch erfasst, doch es fehlen wichtige.
Eine Richard-Wagner-Büste im Museum in Bayreuth.
Eine Richard-Wagner-Büste im Museum in Bayreuth. - Daniel Vogl/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die weitere historisch-kritische Herausgabe der Briefe des Komponisten Richard Wagner (1813-1883) ist gefährdet.

Die Finanzierung der Arbeitsstelle am Institut für Musikforschung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) sei abgelaufen, weil die Förderungshöchstdauer erreicht sei. Die Ausgabe stehe jetzt vor dem Aus, teilte Sven Friedrich, Direktor des Bayreuther Richard-Wagner-Museums, mit.

Er hat deshalb eine Online-Petition initiiert, um den Abschluss der Edition doch noch zu finanzieren. Die Einstellung der Edition zum jetzigen Zeitpunkt wäre «eine kulturelle Bankrotterklärung», begründete Friedrich die Aktion.

Wagner hinterliess knapp 10.000 Briefe. Die Briefausgabe liefere nicht nur zentrale Dokumente für Leben und Werk des Komponisten, sondern sei auch kulturgeschichtlich eine hochbedeutsame Quelle, betonte Friedrich.

Die Briefe seien «unentbehrliche Quellen für die Kenntnis von Wagners Biografie und sein Schaffen und Wirken, das – so der Tenor in den entsprechenden Diskursen der Wagnerforschung – über die eigentliche Musik- und Kompositionsgeschichte weit hinausgeht», sagte Andreas Haug, Inhaber des Lehrstuhls für Musikwissenschaft an der Uni Würzburg. «Editionen wie die Wagner-Briefausgabe sind die Grundlagenforschung in den Geisteswissenschaften, die überhaupt erst die Basis für weitergehende Forschungsansätze schaffen.»

Wie geht es weiter nach Band 27?

Die historisch-kritische Edition wurde 1967 begonnen. Jüngster Band ist Nummer 27 mit Briefen aus dem Jahr 1875. Stoppe man die Edition nun, würde das Kapitel Bayreuth fast vollständig fehlen, sagte Friedrich. Und hier organisierte Wagner schliesslich die Festspiele, wurden «Der Ring des Nibelungen» sowie «Parsifal» uraufgeführt. Ausserdem ermöglichen die Briefe Friedrichs Worten zufolge Einblicke in den Alltag in Wagners Haus Wahnfried und in Italien. Die Briefe umfassten auch die Entstehung seiner späten sogenannten Regenerationsschriften, «die seinen folgenreichen Rassenantisemitismus in Verbindung mit seiner Ästhetik von Kunstreligion und Kulturtheorie bringen», heisst es in der Petition.

Die Kommentierung der noch ausstehenden Briefe sei bereits vorbereitet. Für die Restfinanzierung seien rund eine Million Euro, verteilt auf fünf Jahre, nötig.

Nach Angaben der Uni Würzburg hat die DFG die Ausgabe von 2006 bis Ende 2022 als Langzeitprojekt mit drei Mitarbeiterstellen gefördert. Weitere Fördermittel seien von der Oberfrankenstiftung in Form von Druckkostenzuschüssen für die Editionsbände zur Verfügung gestellt worden. Dadurch sei es möglich gewesen, die Bände zu einem für wissenschaftliche Ausgaben vergleichsweise günstigen Preis auch breiteren Kreisen zugänglich zu machen.

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