Mehr als 50 Jahre lang stand Edita Gruberova auf der Opernbühne. Königin der Koloratur, Meisterin des Belcanto, Diva und Primadonna assoluta, so wurde sie genannt. Mit dem Abschied der 72-Jährigen von der Oper endet eine Ära.
Eine Ära geht zu Ende: Nach mehr als 50 Jahren hat Edita Gruberova ihre Opernkarriere beendet. Foto: EPA/APA/Schlager Roland/Archiv
Eine Ära geht zu Ende: Nach mehr als 50 Jahren hat Edita Gruberova ihre Opernkarriere beendet. Foto: EPA/APA/Schlager Roland/Archiv - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Um 21.42 Uhr am Mittwochabend senkt sich der Vorhang der Bayerischen Staatsoper in München.

Mit den letzten Tönen der lyrischen Tragödie «Roberto Devereux» von Gaetano Donizetti endet auch die Opernkarriere der Sopranistin Edita Gruberova, nach mehr als 50 Jahren.

Als sich der Vorhang zum Applaus wieder hebt, bricht ein Begeisterungssturm los. Rote Rosenblätter rieseln auf die 72-Jährige herab, die sich gerade mit ihrer Paraderolle der Königin Elisabetta verabschiedet hat. Blumensträusse fliegen auf die Bühne, das Publikum klatscht, stampft und jubelt, gut 50 Minuten lang. «Es war wunderbar und es war genug», kommentiert Gruberova ergriffen ihren Abschied. «Es ist so, als ob man eine ganz grosse Familie verlassen würde.»

«Edita Gruberova ist die Primadonna assoluta, die Einzigartige, die grosse Diva», schwärmte Staatsintendant Nikolaus Bachler. Zum Abschied schenkt er ihr die Königinnenkrone der Elisabetta, die sie kurz zuvor noch in der Inszenierung von Christof Loy getragen hat. Bayerns Kunstminister Bernd Sibler (CSU) nannte sie gar eine Legende.

Dass sie mal auf der Bühne umjubelt werden würde, wurde Gruberova nicht in die Wiege gelegt. Geboren am 23. Dezember 1946 in Bratislava, heute Slowakei, wuchs sie in einfachen Verhältnissen auf. Der Vater trank, zur Mutter entwickelte sie ein enges Verhältnis. Ihre Flucht aus der oft harten Realität: Das Singen, zuhause, im Schulchor und im Rundfunkkinderchor. «Ich habe mich immer in den Gesang gerettet, auch meine Mutter hat gerne gesungen, von ihr habe ich die Stimme bekommen», sagte sie 2015 in einem Interview im Bayerischen Rundfunk (BR). In einer Biografie fand sie poetische Worte: «Wir haben durch unser Singen unsere Seelen gelüftet.»

Von 1961 bis 1968 studierte sie am Konservatorium in Bratislava. Danach ging es steil nach oben. An der Wiener Staatsoper debütierte sie 1970 in Mozarts «Zauberflöte» als Königin der Nacht. 1974 sang sie in dieser Rolle erstmals an der Bayerischen Staatsoper. Ihr internationaler Durchbruch war 1976 die Rolle der Zerbinetta in «Ariadne auf Naxos» von Richard Strauss. Bald war sie sehr gefragt, sang in Mailand, New York, Madrid oder Paris. Eigens für sie hoben Regisseure selten gespielte Opern mit schwierigen Gesangsrollen ins Programm.

Beinamen hat die Bayerische und Österreichische Kammersängerin viele, etwa «Königin der Koloratur» oder «ewige Hohepriesterin des Belcanto», wie 2010 die «Wiener Zeitung» schrieb. Klar, dass sie bei all der Verehrung nicht einfach Edita Gruberova genannt wird, sondern «die Gruberova». So wie «die Callas» oder «die Caballé».

Mit dem Singen aufhören will die Sängerin, die im schweizerischen Zürich lebt, nicht. Sie werde Konzerte geben und Sänger als Mentorin begleiten, hiess es. Dabei kann sie ihre Leidenschaft weitergeben. Schauspielerei habe sie auch interessiert, sagte Gruberova mal. Aber in der Oper komme noch die Dimension der Musik hinzu. «Das ist das Allerhöchste, was uns der Himmel, was uns Gott geschenkt hat.»

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