Nach einer Kochlehre wurde er Musiker. Mit Boney M. und Milli Vanilli produzierte er Hits und Schlagzeilen. Heute lebt Frank Farian in Miami. Zum runden Geburtstag nennt er seinen möglichen Nachfolger.
milli vanilli
Der echte Frank Farian. (Archivbild) - picture alliance / dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Seine Lieder sind Klassiker der Popmusik und der Soundtrack einer Generation.
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Ob «Daddy Cool» oder «Rasputin»: Wie am Fliessband hat der Musikproduzent Frank Farian jahrzehntelang tanzbare Welthits erschaffen.

Der Durchbruch erstaunte ihn selbst. «Der Erfolg war eine riesengrosse Überraschung. Ich hatte immer gedacht, ich schaffe es nicht. Es sah ja auch anfangs nicht danach aus», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Diesen Sonntag (18. Juli) wird Farian 80 Jahre alt. Gefeiert wird an seinem Wohnort Miami. «Vom Studio aus in die Sonne schauen: Das habe ich mir immer gewünscht.»

Als Franz Reuther wurde er in Kirn an der Nahe geboren, als Frank Farian steht sein Name für internationalen Erfolg im Musikgeschäft. Seit er Teenies Mitte der 1970er Jahre mit seinem traurigen Hit «Rocky» zum Weinen brachte, trat er selbst kaum noch auf. Das sei irgendwann vorbei gewesen, sagt er. Erst als Mann im Hintergrund, als Produzent, begann sein Mega-Erfolg. Etwa mit der Gruppe Boney M.

Den ersten Titel «Baby Do You Wanna Bump» (1975) sang Farian im Studio selbst. Weil er das vielstimmige Lied auf der Bühne nicht solo aufführen konnte, suchte er Gesichter, die den Song präsentieren sollten. Zwei Bandmitglieder sangen live, zwei weitere bewegten die Lippen. Höchst erfolgreich: Hits wie «Rivers of Babylon» oder «Ma Baker» sind Popgeschichte. Mit Milli Vanilli ging ein ähnliches Projekt schief. Als bekannt wurde, dass das Duo auf der Bühne nicht singt, hagelte es massive Proteste und Kritik vor allem in den USA.

30 Jahre später soll das damalige Märchen verfilmt werden, Farian will dafür bald nach Deutschland kommen. «Girl You Know It's True» von Regisseur Simon Verhoeven soll noch 2021 in Produktion gehen. «Daneben ist eine achtteilige TV-Serie über mich geplant - von der Geburt in Kirn über das bescheidene Leben im Saarland bis zum internationalen Erfolg», sagt der Künstler und lacht. «Ich lebe den amerikanischen Traum auf Deutsch.» Mittelfristig will Farian wieder mehr in Europa leben, angedacht ist eine Bleibe in Spanien. «Ich brauche die Sonne, sie ist mein Lebenselixier. Aber die Brücke zu den USA breche ich nicht ab.»

Der Erfolg wurde Farian nicht in die Wiege gelegt. «Meinen Vater habe ihn nie kennengelernt, er fiel vor meiner Geburt im Krieg. Die Menschen in Kirn haben einer jungen Mutter mit drei Kindern geholfen, dafür bin ich sehr dankbar.» Diese Mitmenschlichkeit - und natürlich seine Mutter - haben ihn geprägt. «Meine Mutter war meine persönliche Trümmerfrau. Sie hat alle Steine aus dem Weg geräumt und mir alles ermöglicht, obwohl wir kein Geld hatten.» Mit 14 zog der junge Franz zu Verwandten ins Saarland und lernte Koch - «weil ich ständig Hunger hatte und dachte, da habe ich immer etwas zu essen».

Die musikalischen Anfänge sind bescheiden. Auf einem Familienabend steckt ihm der Pfarrer einen Groschen zu, weil er «Der Mond ist aufgegangen» so schön gesungen hat - «meine erste Gage». Mit seiner Band Die Schatten nimmt Farian 1963 in einem ehemaligen Kuhstall im Saarland die erste Platte auf. «In der Mitte standen ein Mikrofon und ein Tonbandgerät.» Ein Doppelalbum mit der Musik von damals mischt er gerade ab. «Ich will diese Zeit aufarbeiten, bevor ich den Löffel abgebe. Ich möchte das so hinterlassen, wie ich es gedacht habe.»

Vom Saarland aus geht es nach Hessen, in ein Tonstudio in Rosbach bei Frankfurt, und später nach Miami - und zum Beispiel mit Boney M. zu Konzerten nach Moskau. Wenn Farian am Telefon darüber spricht, klingt seine Stimme eine Spur ernster. «Ich denke oft daran, wie wir auf dem Roten Platz getanzt haben. Mein Vater ist in Russland gefallen, und ich bin dort ein gefeierter Star. Das kann man sich nicht erträumen.»

Goldene Platten und Chart-Erfolge: Hat er das Geheimnis des Erfolgs entschlüsselt? «Kaum», sagt Farian. «Wenn ich heute einen Song mische, denke ich daran, dass ich früher als Koch ähnlich gearbeitet habe. Es geht immer um die Zutaten. Man kann zwar sagen, man wird Musiker, aber vieles ist dann Glück. Erfolg ist nicht planbar.»

Freude am Leben und an der Arbeit sind Farian wichtig. Andere Wünsche habe er nicht. «Es ist mir ja fast alles gelungen.» Und er hat Pläne. «Ich habe mein Leben lang gegen Ungerechtigkeiten gekämpft. Auch deswegen möchte ich eine Frank-Farian-Stiftung zur Förderung der Musik sowie gegen Rassismus und Hunger gründen.» Und wie geht es weiter mit seinem Imperium? Farian lacht. «Der Sohn meiner Tochter ist dreieinhalb und ein Musikfreak. Er kann schon fast die Maschinen hier im Studio bedienen. Ich bin sicher: Der wird mein Nachfolger.»

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