Gerade einmal zwei Monate nach dem Tod von Königin Elizabeth II. startet am Mittwoch die fünfte Staffel der Königshaus-Serie «The Crown» auf Netflix. Nach Kritik an allzu phantasievollen Erzählsträngen stellt der Streaming-Dienst nun einen Hinweis zum fiktionalen Charakter der Serie voran.
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«The Crown» zeigt auch das Familienleben von Prinzessin Diana, dem damaligen Prinzen Charles und ihren Kindern Prinz William und Prinz Harry. - 2021 Netflix, Inc./Keith Bernstein

Die Handlung rückt in die 90er Jahre und damit in die Turbulenzen rund um die Scheidung von Prinz Charles und Diana. Dianas legendäres Fernseh-Interview wird in den neuen Folgen ebenso vorkommen wie Charles' aussereheliche Affäre mit Camilla Parker Bowles und Spannungen zwischen der Queen und ihrem Thronfolger.

Unklar ist bisher, wie die Serie mit Dianas Tod bei einem Autounfall in Paris im Jahr 1997 umgeht. Und auch, ob Netflix jeder Folge den Hinweis voraus stellen wird, dass es sich nicht um eine Dokumentation handelt.

Nach Kritik unter anderem von der Oscar-gekrönten Schauspielerin Judi Dench und von Ex-Premierminister John Major beschreibt Netflix die Serie auf seiner Website nun als «inspiriert von wahren Ereignissen». Dench warf Netflix «plumpe Sensationsmache» vor, nachdem bekannt geworden war, dass die neue Staffel Szenen enthält, in denen Charles intrigiert, um seine Mutter zur Abdankung zu zwingen. «Niemand ist ein grösserer Anhänger von künstlerischer Freiheit als ich, aber das kann nicht so stehenbleiben», schrieb Dench, die für ihre Rolle als Elizabeth I. in «Shakespeare in Love» mit dem Oscar ausgezeichnet wurde.

Die Welle der Kritik war so gross, dass Netflix sich zur Selbstverteidigung gedrängt sah. In «The Crown» gehe es nicht um Fakten sondern darum, «was sich hinter verschlossenen Türen abgespielt haben könnte».

Auch mehrere Schauspieler der jüngsten Staffel verteidigten die Serie. Diana-Darstellerin Elizabeth Debicki betonte, es gebe keinen Grund zur Aufregung, «jetzt, wo es den Disclaimer (zum fiktionalen Charakter) gibt». Die Serie lasse viel Raum für Interpretationen, «das ist für mich ein gutes Drama». Jonathan Pryce, der den Queen-Ehemann Prinz Philip spielt, zeigte sich «sehr enttäuscht von meinen Schauspiel-Kolleginnen» für ihre Kritik an der Serie. «Die grosse Mehrheit der Leute weiss, dass es sich um Schauspiel handelt. Sie haben die Serie schon vier Staffeln lang verfolgt», betonte er.

Kritiker werfen Drehbuchautor Peter Morgan dennoch heimlichen Anti-Monarchismus vor. Fernseh-Kritiker Christopher Stevens sagte nach einer achteinhalbstündigen Preview, die «schiere Boshaftigkeit» der neuesten Handlungsstränge sei unübersehbar. Die Serie habe nichts mehr mit der ersten Staffel von 2016 zu tun, schrieb er in der «Daily Mail». Stattdessen sei «The Crown» nun eine «unverhohlen republikanische Polemik», in der «Peinlichkeit als wichtigste Waffe gegen die Monarchie» eingesetzt werde.

Der Autor William Shawcross sieht die Serien-Handlung als absichtlich verletzend, um der Monarchie Schaden zuzufügen. Viele Zuschauer hielten die aufwendig produzierte Serie für authentisch, glaubt Shawcross: «Die meisten Leute haben keinen anderen Beurteilungsmassstab», ist er überzeugt. Netflix nutze die besondere Position aus, in der sich die königliche Familie befinde: «Fast jede andere Familie der Welt könnte Beschwerde oder Klage einlegen oder einen Stopp erwirken. Die Königsfamilie hat nicht das Recht oder die Möglichkeit, das zu tun», betont Shawcross.

Historiker Philip Murphy von der University of London hält das Problem der Royals dagegen für hausgemacht. Der Palast habe viel dafür getan, Historikern den Zugang zu den Unterlagen über die 70-jährige Regentschaft der Queen zu verwehren, schrieb er in der «Times». «Wenn Wissenschaftler keine akkurate Geschichte der Monarchie schreiben können, wird das Feld den Bühnendichtern überlassen.»

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