Wie der Kameramann von «Sew Torn» Action in die Ostschweiz brachte

Keystone-SDA
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Sarganserland,

Der schweizerisch-amerikanische Actionfilm «Sew Torn – Fäden des Verbrechens» von Jung-Regisseur Freddy Macdonald ist ein rasantes Spiel mit Möglichkeiten.

Kamera Film
«Sew Torn» wurde im Taminatal bei Vättis und in Bad Ragaz gedreht. (Symbolbild) - pixabay

Ein Gespräch mit dem Filmer und Produzenten Sebastian Klinger, der am Drehort in der Ostschweiz viele Fäden gezogen hat.

Es ist eine Mischung aus «Tschugger» und «MacGyver», ein Thriller, in dem allerlei explodiert – vor dem Hintergrund einer heilen Bergwelt: In «Sew Torn – Fäden des Verbrechens» kämpft Barbara Duggen (Eve Connolly), eine mobile Näherin in den Bergen, um den Fortbestand ihres Stoffladens.

Nach einem Missgeschick muss sie für eine Kundin und deren Brautkleid einen Knopf besorgen – und stösst dabei auf einen geplatzten Drogendeal: Biker, die mehr tot als lebendig auf der Strasse liegen, in Blutlachen.

Angesichts der Waffen und des ominösen Koffers am Tatort ist sie hin- und hergerissen, was sie tun soll. Sie hat drei Möglichkeiten: zu ihren eigenen Gunsten die Beute einsacken, die Polizei rufen oder wegfahren. Verflixt und zugenäht, möchte man denken, aber dazu kommt man gar nicht: Die Handlung des Films ist rasant.

Atemlos verfolgt man die Handlungsstränge, die in drei Farben gehalten sind. Sie harmonieren mit den Fäden in Barbaras Laden. Die Farbdramaturgie ist clever eingesetzt: Blau schimmern die Szenen zu Beginn, dann in Gelb, und schliesslich in Rot. Es ist der – blutige – Höhepunkt.

Eine Anlehnung an Splatterfilme. Gut, ist jetzt der Film zu Ende und man kann nach Luft schnappen. «Sew Torn» ist aber auch düstere Komödie, gespickt mit Horrorelementen, ein schwarzes Drama, ein Actionfilm über Kleinkriminelle – von allem ein bisschen.

Mittendrin in diesem Klamauk, als Chefkameramann: der 31-jährige Sebastian Klinger, mehrfach preisgekrönt, etwa an den Cannes Corporate Media & TV Awards.

«Sew Torn» wurde im Taminatal bei Vättis und in Bad Ragaz gedreht

Den Regisseur Freddy Macdonald hatte er kennengelernt, als dieser 2019 einen Kameramann für den Vorgänger von «Sew Torn» suchte, einen sechsminütigen Kurzfilm, der sogar «Fargo»-Grossmeister Joel Coen gefallen haben soll. Macdonald war damals mit seiner Familie aus Los Angeles nach Zürich gezogen, so hatten sich die beiden kennengelernt.

Nach den ermutigenden Rückmeldungen zum Kurzfilm beschloss Macdonald, das Drehbuch auszuweiten und sammelte Geld. «Sew Torn» (2024) ist das Langfilmdebüt des heute 24-jährigen Regisseurs, der als jüngster Regie-Absolvent aller Zeiten 2019 am American Film Institute aufgenommen wurde.

Kameramann Sebastian Klinger hatte schon als Kind kurze Filmsequenzen mit seiner Familie gedreht, mit seiner Mutter ein Drehbuch geschrieben und Lichtschwerter aus «Star Wars» nachgebastelt oder war in diverse Filmrollen geschlüpft.

Später, nach einem Studium an der Fachhochschule Graubünden, wurde er immer öfter als Kameramann gebucht. Das gefällt ihm noch heute. Die Leidenschaft für visuelle Effekte ist geblieben. «Das brachte mich nahe an meine Film-Vorbilder, zum Beispiel 'Indiana Jones'», sagt er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

«Sew Torn» wurde im Taminatal bei Vättis und in Bad Ragaz gedreht. Sebastian Klinger, der St.Galler, spannte ein feines Netz aus Beziehungen vom Vättner Dorfpräsidenten und über den amerikanischen Cast, die Schweizer Produktionsfirma bis zum Postautochauffeur. Der konnte seine Runden drehen wie gewohnt. «Einmal hatten wir fünf Minuten, um etwas zu sprengen, weitere fünf Minuten, um zu putzen, bis das Postauto die Stelle passierte.» Ein anderes Mal habe der Fahrer kurz gestoppt, den Fahrgästen zuliebe, die beim Filmen zuschauen wollten.

Tatsächlich sei ganz Vättis in die Produktion eingebunden gewesen, sagt Sebastian Klinger. Er schwärmt von der Offenheit der Einheimischen. Übernachtet hat die Crew im ehemaligen Internat, die Polizeiszene, ein Verhör, spielt in einem der Schulzimmer.

«Es war wohl ein Vorteil, dass wir eine eher kleinere Produktion waren», sagt Klinger, und spricht auf die gute Zusammenarbeit mit dem Dorf an, in dem nicht mal 500 Menschen leben.

Nach einem Monat war der Spuk vorbei, die Crew allerdings hinterliess einen bleibenden Eindruck. Im Frühling darauf, an der Fasnacht, verkleideten sich viele aus dem Dorf in «Sew Torn»-Manier und bauten das Filmauto, einen türkisfarbenen Fiat, nach.

Die Experimentierlust der jungen Filmer ist spürbar: Für viele in der Crew war es der erste grosse Spielfilm. So was lässt viel Raum zum Ausprobieren. Sebastian Klinger erinnert sich deshalb auch gerne an folgende Szene während der Dreharbeiten: Den Take gedreht, alles gut, aber Klinger will noch mal und bittet den Regisseur um Aufschub. Denn jetzt geht die Sonne über dem Calanda auf. Der Kameramann wartet – und filmt die perfekte Szene. Und dann kommt das Postauto.*

*Dieser Text von Nina Kobelt, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.

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