Schweizerische Literatur: Neuerscheinungen im August 2022
Prosa, Spoken-Word, Essay oder Lyrik von Schweizer Autorinnen und Autoren sowie von Schreibenden, die in der Schweiz leben: Die Nachrichtenagentur Keystone-SDA hat neue Werke ausgewählt, die im August für Gesprächsstoff sorgen werden.

Das Wichtigste in Kürze
- Thomas Hürlimann: «Der Rote Diamant».
Roman. S. Fischer, 320 Seiten. (Erscheint am 10. August)
Der gebürtige Zuger Thomas Hürlimann hat in den Jahren von 1963 bis 1971 das Gymnasium im Kloster Einsiedeln besucht. In seinem neuen Roman ist es der elfjährige Arthur Goldau, der ins Klosterinternat in den Schweizer Bergen eintritt. Dieser «Zögling 230» kommt dort einem Geheimnis auf die Spur - dem roten Diamanten aus der Krone der Habsburger, der seit dem Zusammenbruch der K.u.K.-Monarchie hinter den Klostermauern versteckt sein soll. Es kommt nicht von Ungefähr, wenn Leserinnen und Leser nun an Umberto Eccos «Der Name der Rose» denken.
Katja Schönherr: «Alles ist noch zu wenig». Roman. Arche, 320 Seiten. (Erscheint am 17. August)
Mutter Inge ist gestürzt. Deswegen ziehen ihr Sohn Carsten und dessen 15-jährige Tochter für einige Wochen zu ihr in die ostdeutsche Provinz. In dieser Wohngemeinschaft kollidieren die unterschiedlichen Lebenserfahrungen. Es geht im zweiten Roman der gebürtigen Dresdnerin Katja Schönherr um Erwartungshaltungen und die Gräben zwischen Stadt und Land, Ost und West sowie Alt und Jung. Die Autorin, Journalistin und Kulturwissenschaftlerin Schönherr hat in Bern Literarisches Schreiben studiert und lebt in Zürich.
Alain Claude Sulzer: «Doppelleben». Roman. Galiani, 304 Seiten. (Erscheint am 18. August)
Der Prix Goncourt gilt in der französischsprachigen Literaturwelt als eine der höchsten Auszeichnungen. Benannt ist er nach den Zwillingsbrüdern Jules und Edmond de Goncourt. Mit spitzer Feder haben sie das gesellschaftliche Leben, die Literatur- und Kulturszene im Paris des 19. Jahrhunderts kommentiert. Ihnen beiden setzt Alain Claude Sulzer in seinem neuen Roman ein Denkmal. Aber nicht nur ihnen: ihre Haushälterin Rose erlebt die Tragik einer zerstörerischen Liebe und wird zur Trinkerin. Diese gegensätzlichen Lebenswelten setzt der Autor in Bezug zueinander.
Martina Clavadetscher: «Vor aller Augen». Unionsverlag, 192 Seiten. (Erscheint am 22. August)
Wer kennt sie nicht, die Dame mit dem Hermelin oder das Mädchen mit dem Perlenohrring, sowie all die anderen Frauen auf den weltberühmten Gemälden eines da Vinci, Vermeer, Rembrandt, Courbet, Schiele oder Munch? Martina Clavadetscher, Trägerin des Schweizer Buchpreises 2021, erzählt die Geschichten jenseits des Moments, in dem diese Frauen für unser aller Augen zum Kunstwerk gebannt wurden. Diesen Frauen, ohne die es «kein Staunen» gäbe, wie Clavadetscher sagt, gibt sie in ihrem Prosaband «Vor aller Augen» die Stimme zurück.
Friederike Kretzen: «Bild vom Bild vom grossen Mond. Roman einer Reise». Dörlemann, 288 Seiten. (Erscheint am 24. August)
Friederike Kretzen zeichnet sich aus durch ein feines Gespür für surreale Momente. In ihrem neuen Roman «Bild vom Bild vom grossen Mond» streift eine Ich-Erzählerin durch Teheran. Bereits als Kind ist sie im Küchenschrank ihrer Grossmutter zur See gefahren. Als Erwachsene, auf ihrer Reise nach Persien, lotet sie den Raum zwischen dem Eigenen und dem Fremden aus. Die gebürtige Deutsche Kretzen lebt seit vier Jahrzehnten in Basel; sie arbeitet als Autorin, Literaturkritikerin und Dozentin an der ETH sowie am Literaturinstitut Biel.
Charles Lewinsky: «Sein Sohn». Roman. Diogenes, 368 Seiten. (Erscheint am 24. August)
«Sein Sohn» ist eine Irrfahrt durch ein geschundenes Europa im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. Im Zentrum steht Louis Chabos, gezeugt vom Herzog von Orléans mit einer Köchin und kurz nach seiner Geburt 1794 im Waisenhaus in Mailand abgegeben. Das ist historischer Fakt, alles andere die Erfindung des Autors: Chabos lernt den Krieg auf Napoleons Russlandfeldzug kennen; auf der Suche nach seinen Eltern verschlägt es ihn nach Graubünden; er lebt in Armut - bis er erfährt, dass er ein unehelicher Sohn des Königs von Frankreich ist.
Usama Al Shahmani: «Der Vogel zweifelt nicht am Ort, zu dem er fliegt». Roman. Limmat Verlag, 160 Seiten. (Erscheint am 26. August)
Usama Al Shahmani musste vor zehn Jahren wegen eines Theaterstücks aus seiner Heimat, dem Irak, fliehen. Er lebt in der Schweiz, schreibt auf Deutsch und veröffentlicht bereits seinen dritten Roman. Daraus hat er im Übrigen erst vor wenigen Wochen beim Wettlesen um den Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt einen Ausschnitt vorgetragen. Es geht um Dafer Shiehan, der wegen eines Theaterstücks vor Saddams Schergen fliehen musste. Doch das Ankommen im Exil ist schwierig für den Akademiker, der zwar Deutsch gelernt hat, aber als Tellerwäscher arbeitet.
Weitere:
Bettina Scheiflinger: «Erbgut». Roman. Kremayr & Scheriau, 192 Seiten. (Erscheint am 15. August)
Urs Hardegger: «Für einen Pass und etwas Leben». Roman. Nagel & Kimche, 240 Seiten. (Erscheint am 22. August)
Blaise Cendrars: «Gold. die fabelhafte Geschichte des Amerikapioniers Johann August Suter». Mit einem Nachwort von Alex Capus. Atlantis Verlag, 176 Seiten. (Erscheint am 25. August)
Sandra Hughes: «Tessiner Verderben. Der dritte Fall für Tschopp & Bianchi». Kriminalroman. Kampa Verlag, 272 Seiten. (Erscheint am 25. August)
Leta Semadeni: «Ich bin doch auch ein Tier». Gedichte. Atlantis Verlag, 144 Seiten. (Erscheint am 25. August)
Ilma Rakusa: «Kein Tag ohne». Gedichte. Literaturverlag Droschl, 248 Seiten. (Erscheint am 26. August)