Gil Glaze sucht nach weltweiter Karriere den Erfolg in der Heimat

In einem ganz normalen Ausgang - zumindest für die Kollegen, mit denen er unterwegs war. «Meine Freunde haben im Club getrunken, getanzt, Party gemacht» erzählt der 27-Jährige im Interview mit Keystone-SDA. «Und ich starrte bis morgens um vier wie ein Nerd auf das Musikpult und prägte mir alles ein, was der DJ tat.» In dem Moment sei ihm klargeworden, dass er auch einmal da stehen wolle.

«Promoting» nennt Gil Glaze, dessen Muttersprache Englisch ist, seine Anfänge in der Partyszene. Als Sohn südafrikanischer und australischer Eltern besuchte er in Zürich eine internationale Schule, von wo aus er am Wochenende viele Leute in die Clubs brachte. Die Betreiber hätten ihre Freude daran gehabt und irgendwann fragte Glaze, ob er auch mal als DJ für Stimmung sorgen dürfe. Von 4 Uhr bis 4.20 Uhr morgens beispielsweise - als Einsteiger, sagt er rückblickend, freue man sich über jedes noch so kurze Zeitfenster.

Was Gil Glaze erzählt, will so gar nicht zu seiner Erscheinung passen. Auf Bildern wirkt der Hobby-Tennisspieler schüchtern, im Gespräch zumindest bodenständig und bescheiden. «Meine Lehrer aus der High School würden bestätigen, dass ich schweigsam war und am liebsten in der hintersten Reihe sass», so Glaze. «Was so ziemlich das Gegenteil von auf der Bühne stehen und 40'000 Menschen 'what's up Serbia' zuzurufen ist.»

Inzwischen hat Gil Glaze an der Davis School of Recorded Music in New York studiert. Er hatte sich dort in der Funktion als DJ und Veranstalter beworben, lernte letztlich aber alles vom Songschreiben bis hin zum Produzieren. Daneben nahmen seine Engagements stetig zu. Er wurde in Clubs in New York, Miami, Las Vegas und gar in Asien gebucht. Hauptsache gross und international, das war von Anfang an der Fokus von Gil Glaze.

Als es darum ging, in den USA einen Plattenvertrag bei einem grossen Label zu ergattern, stiess der DJ dann aber auf taube Ohren. Die Konkurrenz in dem Land war schlicht zu gross und sein Sound nicht gefragt genug. Freunde aus dem Musikgeschäft hätten ihm damals geraten: «Wenn du wirklich erfolgreich sein willst, dann musst du es erst in deiner Heimat schaffen.»

So kehrte der DJ mit Diplom und Equipment nach Zürich zurück, wo er 2019 denn auch prompt von Sony unter Vertrag genommen wurde. «Nun ist es mein Ziel, in den Schweizer Radios gespielt zu werden und an grossen Veranstaltungen teilzunehmen», sagt Glaze. Denn nur so werde er sich hier einen Namen machen können. Und das ist sein nächstes Ziel.

Der Künstler, der als Jugendlicher Saxofon gespielt und im Chor gesungen hat, meint, dieser Schritt setze auch eine musikalische Neuausrichtung voraus. «Ich will nicht mehr nur DJ sein, sondern auch Live-Elemente auf die Bühne bringen: Piano, Schlagzeug oder Gitarre.» Angefangen habe er mit House, fortan möchte er als Pop-Act wahrgenommen werden, so Glaze.

So ähnlich wie etwa die britische Band Coldplay, die von «22 bis 23 Uhr spielen und um Mitternacht im Bett sein kann». Überhaupt halte er die Strapazen dieses Geschäfts ja nur aus, weil er «stark genug» sei, keinen Alkohol trinke und auch keine Drogen nehme, sagt der DJ.

Ein Schritt in die Live-Richtung war die Tournee durch Australien, auf die er The Chainsmokers vor ein paar Jahren begleiten konnte. «Lange Geschichte», sagt Gil Glaze auf die Frage, wie es zu dieser Zusammenarbeit gekommen ist.

Die Kurzfassung: Die Bekanntschaft begann mit einem Remix, den der Zürcher für das US-amerikanische DJ-Duo produzierte. Dieses lehnte ihn ab, meldete sich aber sofort wieder, nachdem der Song von den US-Radios aus dem Netz gefischt und rauf und runter gespielt worden war. Mit seinem zweiten Chainsmokers-Remix - sie gaben ihm noch einmal eine Chance - erreichte Glaze dann innert kürzester Zeit drei Millionen Streams. Damit war die Berufsfreundschaft besiegelt.

Auch für den niederländischen DJ und Grammypreisträger Tiësto hat Gil Glaze einen Remix produziert, der viel auslöste. Morgen (Freitag) veröffentlicht er über Tiëstos Label Musical Freedom Records seine neue Single «Did Me Wrong». Und dann freut sich der Musiker auf die Rückkehr auf die Bühne, ins Nachtleben, in die weite Welt. «Ich bin gerne wach.»